Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
mit einem frischen Kaffee gefeiert werden.
Ich hatte gerade erst den Wasserkocher gefüllt, als jemand an die Haustür hämmerte.
»Ja, ja, ich komm ja schon.«
Poch, poch.
Ich riss die Tür auf.
Der Winter hatte Scalloway fest im Griff. Die Dächer waren mit einer dicken weißen Kruste überzogen, die Gärten fast ganz versunken. Vor der Tür stand Arnold Burges. Er trug abgewetzte gelbe Gummistiefel, die bis zu den Knöcheln im Schnee steckten, dazu einen zerschlissenen orangefarbenen Overall mit einer Steppjacke darüber und eine Wollmütze. Die dunklen Augen zu Schlitzen verengt, der Bart struppig.
Ich stellte mich in die Tür. »Arnold.«
Er biss sich auf die Oberlippe, ballte die Hände zu Fäusten. »Sie war lebendig.« Sein Atem waberte in der kalten Luft um seinen Kopf herum. Er stank nach Alkohol.
»Sind Sie hierhergefahren? Weil –«
»Sie war unser kleines Mädchen, und wir haben sie geliebt.«
»Mr Burges, ich weiß, dass es –«
»Aber die Leute werden Lauren nie als Mensch sehen, als Individuum, nicht wahr? Sie wird immer ›Lauren Burges, das dritte Opfer des Gratulators‹ sein. Als ob wir ihre ganze Kindheit hindurch, all die Jahre, die wir zusammen hatten, nur darauf gewartet hätten, dass dieses Schwein sie entführt.« Burges griff in seine gefütterte Jacke und zog eine Boulevardzeitschrift heraus.
Laurens Foto prangte auf der Titelseite – unter einem Partyhut, der auf ihrer pinkfarbenen Stachelfrisur saß, grinste sie in die Kamera. Darunter die Schlagzeile: » LEICHE VON GRATULATOR-OPFER IN OLDCASTLE EXHUMIERT .«
Typisch Oldcastle CID – die Jungs konnten einfach nicht die Klappe halten, und wenn man sie mit dem Kopf in eine Jauchegrube tunkte.
»Es tut mir leid, ehrlich.«
Burges blinzelte und wandte den Blick ab. Dann griff er wieder in seine Jacke und zog eine dicke Aktenmappe hervor, die er mir hinhielt. Dicke Schneeflocken landeten auf dem blauen Deckel. Ich nahm ihm die Mappe ab und klemmte sie mir unter den Arm.
»Lesen Sie das.« Er straffte die Schultern und reckte das Kinn. »Lesen Sie das, dann wissen Sie, dass unsere Lauren ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Sie war nicht bloß irgendein Opfer.«
»Sie müssen die Polizei ihr Arbeit machen lassen, Mr Burges. Wir werden ihn finden, und wir werden ihm das Handwerk legen. Er wird für das bezahlen, was er Lauren und … und den anderen angetan hat.« Und ganz egal, was noch passierte – er würde lange genug leben, um vor Gericht gestellt zu werden. Sie würden dem Dreckschwein vor aller Augen den Prozess machen, und er würde lebenslang hinter Gitter wandern. Und dann würde es höchstens sechs Monate dauern, bis jemand ihm in der Gefängniswäscherei die Augen ausstach und die Eier abschnitt. Und dann würden wir alle eine Riesenparty feiern.
Burges starrte mich an, dann trat er einen Schritt zurück und nickte. »Gestern haben sie jemanden zu uns nach Hause geschickt, während ich in der Arbeit war. Sie haben Danielle eine Kamera ins Gesicht gehalten und wollten wissen, was das für ein Gefühl ist, wenn du erfährst, dass sie die Leiche deiner Tochter ausgebuddelt haben …«
Und das, bevor irgendjemand von den Behörden Burges und seiner Frau mitgeteilt hatte, dass wir Laurens Leiche gefunden hatten. »Es tut mir leid.«
»Das sollte es auch.« Burges machte kehrt und schlurfte mit seinen Gummistiefeln durch den Schnee zurück zum Gartentor. Am Bordstein parkte ein zerkratzter Berlingo-Kastenwagen mit der Aufschrift » CALDERS LEA AQUACULTURE LTD. « Benny winkte mir vom Fahrersitz zu.
Ich wartete, bis Burges das Tor erreicht hatte. »Was ich gestern gesagt habe, war ernst gemeint: Henry Forrester hat alles getan, was er konnte. Es ist nicht seine Schuld.«
Der dicke Mann hielt einen Moment inne, dann kletterte er wortlos in den Transporter.
Der Wagen fuhr schlitternd an und verschwand im Schneegestöber.
Ich rückte meinen Hocker näher an die offene Herdtür heran. Nicht gerade die umweltfreundlichste Methode, einen Raum zu heizen, aber immerhin war es jetzt so warm in der Küche, dass man dort sitzen konnte, ohne sich Erfrierungen zu holen.
Sheba rappelte sich mit knackenden Gelenken von ihrem Bett in der Ecke auf und ließ sich neben meinem Hocker auf den Boden fallen, um sich den Bauch am Herd zu wärmen.
»Du liebe Zeit, wann hat Henry dich denn zuletzt gebadet ?«
Sie seufzte.
Ich öffnete die Mappe, die Burges mir gegeben hatte. Sie war vollgestopft mit Berichten von Privatdetektiven,
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