Das dritte Ohr
Verkehr des Kennedy Airport, eines Londoner oder Pariser Flughafens, einen provinziellen Eindruck.
Die Tür schwang auf, drei Polizisten kamen schweigend herein. Der inzwischen mit Handschellen versehene Gefangene wurde die Gangway hinuntergeführt, an deren Fuß ihn Polizeibeamte in Zivil umringten, dann verschwanden alle in einem der VW-Polizeibusse. Das Spiel war aus.
„Sie können jetzt aussteigen“, sagte die Stewardess durch das Bordmikrofon. „Wir danken Ihnen, daß Sie mit uns geflogen sind; wir hoffen, daß Sie einen angenehmen Flug hatten und daß wir Sie bald wieder an Bord einer unserer Maschinen begrüßen dürfen. Auf Wiedersehn.“ Sie hatte die Routineformel aus dem Handbuch nicht abgeändert, das, wie ich annahm, keine Anweisungen für den Fall einer Flugzeugentführung enthielt.
Ich wartete, bis die meisten Passagiere im Gänsemarsch an mir vorbeigegangen waren, die letzte Erinnerung an einen unangenehmen Zwischenfall. Ein eisiger Windstoß durch die offene Tür fegte den abgestandenen Geruch von Menschen und Hitze weg. Ich verließ als Letzter das Flugzeug.
Eine der Stewardessen, ein rothaariges Mädchen, stand fröstelnd am Fuße der Gangway. Der Himmel war von drohenden Regenwolken bedeckt, die Luft roch nach Salzwasser, Feuchtigkeit trieb von der Nordsee heran. Ein eisiger Wind drang durch meine Kleidung, während ich zum Hauptgebäude ging, um mein Einreiseformular und meinen Paß den Zollbeamten vorzulegen und die lästige Routine der Zollabfertigung hinter mich zu bringen.
Ich war auf einem anderen Kontinent; Tausende von Meilen trennten mich nun von Mißtrauen und Befürchtungen, die mich bedrückt und bei meiner Arbeit behindert hatten.
Aber ich konnte einen Namen nicht aus meinem Gedächtnis verdrängen, einen Namen, der sich, beharrlich wie eine Melodie, ständig wiederholte: Kubatschew … Kubatschew … Er plätscherte wie kleine Wellen gegen mein Hirn, und ich konnte mich ihm nicht entziehen.
Kubatschew war einer der Austauschprofessoren an der Universität gewesen. Zugleich mein Assistent an der Klinik für kriminelle Geistesgestörte; ich hatte dort die Verhaltensmuster der Patienten studiert und hatte versucht, ihre Abnormität auf biochemische Veränderungen in ihrem Blut, Urin, Atem und Rückenmarksflüssigkeit zurückzuführen.
Als Hollings, ein Kollege von mir, nach Bukarest gegangen war, tauchte Kubatschew aus Rumänien auf. Er sprach wenig, und dann nur, um Fragen zu stellen. Seine Erkundigungen waren überaus präzise, so als hätte er sie bei Laboratoriumsexperimenten ausgearbeitet. Es überraschte mich, daß ich ihm seinen Scharfsinn übelnahm, ja hatte ihn vielleicht im Verdacht, daß er mich wie einen Patienten beobachtete.
Im allgemeinen schätze ich bei meinen Mitarbeitern schnelles Auffassungsvermögen und hohe Intelligenz, und ich verlange umfassende Grundkenntnisse, obwohl ich ungern lehre und es für eine Zeitverschwendung halte.
Kubatschew beobachtete oft stundenlang jede meiner Bewegungen und machte sich Notizen, die er mit slawischer Geheimnistuerei für sich behielt. Sein maskenhaftes, asiatisches Gesicht trug ein starres Dauerlächeln zur Schau. Er bot mir nie Hilfe an, und ich bat ihn nicht darum, aber ich wurde in seiner Gegenwart immer nervöser, vor allem, nachdem ich festgestellt hatte, daß er meinen Papierkorb nach weggeworfenen Notizen durchwühlte. Ich fing an, diese Zettel zu verbrennen. Eines Tages, als ich ihn dabei ertappte, wie er in einer offenen Schublade meines Schreibtischs herumkramte, stellte ich ihn zur Rede und beschuldigte ihn, die Gastfreundschaft der Universität zu mißbrauchen. Er blieb merkwürdig ruhig und unberührt von meinem Ausbruch. Ja, er ging sogar so weit, mir zu erklären, daß er glaube, mein Laboratorium werde abgehört und meine Post geöffnet, ehe ich sie bekäme. Er sei überzeugt davon, daß ich bespitzelt werde – nicht durch ihn, sondern durch irgendeine anonyme Geheimbehörde der Regierung. Da er den größten Teil seines Lebens hinter dem Eisernen Vorhang gearbeitet habe, sagte er, sei ihm eine solche Überwachung vertraut; er habe immer unter mißlichen Umständen arbeiten müssen, aber es erstaune ihn, das gleiche Klima in Amerika vorzufinden.
Nach unserer Auseinandersetzung verschwand er ohne Kündigung. Er erschien einfach nicht mehr zur Arbeit, und ich ersetzte ihn durch einen friedlichen jungen Assistenten. Einige Monate nach Kubatschews Abreise bekam ich die Einladung, einen Vortrag auf einem
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