Das Dunkel der Lagune
und hustend sanken sie auf die Planken. Nach einer Weile richtete Hagen sich auf und untersuchte das Atemgerät und den Schlauch.
»Was hast du vor?«, keuchte Mason.
Hagen gelang es nur mit Mühe aufzustehen. »Den letzten Barren holen. Ich glaub, das schaff ich gerade noch.«
»Du bist verrückt!«, schrie O'Hara. »Das blöde Gold hat dich wohl um den Verstand gebracht!«
»Ich lass doch nicht zweieinhalb Mille da unten liegen, nur weil's ein paar Minuten dauert und zwei Leichen da unten rumschwimmen«, rief er, bevor er sich ins Wasser fallen ließ.
Als er langsam in die Tiefe driftete, fühlte er sich todmüde und ein wenig benommen. Wenn schon, denn schon, ging es ihm durch den Sinn. Als sich seine Hände um den letzten Barren schlossen, wurde ihm plötzlich der Unterschied zwischen sich und seinen beiden Begleitern auf dieser Fahrt bewusst. Es gab eine Grenze bei dem, was sie tun würden – und nicht einmal Geld würde sie dazu bringen, sie zu überschreiten. Bei dir ist das ganz anders, stellte er für sich fest, als er wieder nach oben schwamm, weg von der Leiche am Grund der Lagune, weg von dem in einer Wolke aus Blut nach unten treibenden Soldaten mit dem Messer im Rücken. Mason streckte die Hand aus und nahm ihm den Barren ab. Seinen Gesichtsausdruck, seinen seltsamen Blick wusste Hagen nicht zu deuten. »Du bist ein gottverdammter Idiot, Hagen«, zischte er, als er ihm an Deck half. »Aber eines muss ich dir bestätigen: Du hast mehr Schneid als irgendjemand sonst.«
»Spar dir die Komplimente«, keuchte Hagen, der schwankend am Ruderhaus lehnte. »Helft mir lieber, das Zeug hier runterzukriegen. Wir müssen was unternehmen.«
Nachdem Mason und O'Hara ihm das Tauchgerät abgeschnallt hatten, ging er nach unten und zog sich um. Er hatte heftige Kopfschmerzen. Mit zittrigen Händen zündete er sich eine Zigarette an, die er gleich darauf angewidert auf den Boden warf und austrat. Mason kam herein und ließ sich auf seine Koje fallen; O'Hara blieb in der Tür stehen. »Was wollen wir machen, mein Junge?«
Hagen nahm einen Karabiner aus der Kiste und lud ihn. »Wir suchen nach ihr«, entschied er, doch während er diesen Satz aussprach, flüsterte eine andere Stimme ihm zu: »Sei kein Dummkopf. Sieh zu, dass du dich mit dem Gold aus dem Staub machst, bevor es zu spät ist.«
Mason lachte nur. »Du machst mir vielleicht Spaß. Wir wissen ja nicht einmal, wo das Dorf liegt.« Er richtete sich auf und fuhr sich mit der Hand durchs nasse Haar. »Wir können nur eines tun: hier bleiben und abwarten.«
»Aber sie müssen da sein!«, brüllte Hagen los. »Kossoff und die ganze Bande. Chang hat sich getäuscht. Irgendwie haben sie uns aufs Kreuz gelegt.«
Mason hob beschwichtigend die Hand. »Kossoff hat uns reingelegt, Chang und seine Leute haben sich einmal geirrt. Zugegeben! Aber Rose ist bei diesem Fischer besser aufgehoben als hier bei uns, wetten? Kossoff und seine Leute werden Chang nicht finden können, es sei denn, er will es selbst so.« Hagen wollte etwas erwidern, doch Mason beharrte auf seinem Standpunkt. »Wir müssen hier bleiben und abwarten.«
Mit Hagens wilder Entschlossenheit war es urplötzlich vorbei. Er fühlte sich leer und ausgebrannt, legte das Gewehr auf den Tisch und warf sich auf seine Koje, das Gesicht zur Wand gedreht. Als er sich seiner Ohnmacht immer deutlicher bewusst wurde und das Hämmern in seinem Kopf sich noch verstärkte, vergrub er sein Gesicht im Kissen.
So viel war auf ihn eingestürmt, dass sein Verstand es nicht mehr verarbeiten konnte und streikte. Hagen verfiel in eine Art Bewusstlosigkeit, einen Schwebezustand zwischen Wachsein und Schlaf, in dem er alles um sich herum nicht mehr wahrnahm und zu keinem einzigen Gedanken mehr fähig war.
Irgendwann hatte er das Gefühl, aus einem tiefen, erholsamen Schlaf aufzuwachen. Er fühlte sich nun wieder als Herr seiner selbst, und sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Aus der anderen Koje war Masons tiefes, gleichmäßiges Atmen zu hören. O'Hara war nirgends zu entdecken. Eine schwüle, bedrückende Stille lag über allem, doch Hagen war sich sicher, dass ein Geräusch ihn geweckt hatte. Er verließ seine Koje, legte Mason die Hand auf den Mund und weckte ihn leise. Dann nahm er den Karabiner vom Tisch und schlich an Deck, Mason hinter ihm her. O'Hara lag vor dem Ruderhaus und schnarchte leise. Mason weckte ihn vorsichtig und bedeutete ihm mit einem Finger
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