Das Dunkel der Lagune
eine Zigarette an. »Irre ich mich, oder bin ich gerade im ungünstigsten Augenblick gekommen? Hast du ihr reinen Wein eingeschenkt?«
»Ich wollte es gerade.«
»Und willst du es immer noch tun?«, fragte Mason nachdenklich.
Hagen wollte die Frage schon bejahen, als ihm bewusst wurde, dass der passende Moment dazu vorüber war. Er seufzte und fluchte leise. »Nein, nicht jetzt. Damit muss ich noch ein bisschen warten.«
Mason lachte mitfühlend. »Du tust mir wirklich Leid, Hagen. In ihren Augen wirst du vom strahlenden Helden zum größten Kotzbrocken heruntersinken, der ihr je begegnet ist.« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Sehen wir zu, dass wir das Frühstück hinter uns bringen und mit dem Tauchen beginnen können.«
Hagen verweilte noch einen Augenblick. Er hörte, wie Mason mit Rose scherzte und sie fröhlich lachte, und fluchte leise vor sich hin, weil er wusste, wie Recht Mason mit seiner Einschätzung hatte. Doch im Augenblick konnte er nichts daran ändern.
Um halb zehn begann Hagen mit dem Tauchmanöver. Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel, die Sicht unter Wasser konnte nicht besser sein. Er sah hinunter auf die Barkasse und lachte in sich hinein, als er sich an die Ängste erinnerte, die ihn am gestrigen Abend befallen hatten. Bunte Fische tummelten sich im und um das Wrack. Hagen schwamm durch den von der Explosion erweiterten Kajüteneingang.
Das Sonnenlicht drang durch die Bullaugen ins Innere und erleuchtete es so stark, dass das Gold gut zu sehen war. Die Goldbarren lagen wild durcheinander. Allem Anschein nach waren die Kisten, als sich die Barkasse auf die Seite neigte, an den Schotts zerbrochen. Hagen hob einen Barren auf. Er kam ihm relativ leicht vor, bremste aber dennoch seinen Aufstieg nicht unerheblich, sodass er kräftiger mit den Flossen schlagen musste. Als er auftauchte, beugte sich Mason über die Reling und nahm ihm den Barren ab.
»Er sieht eigentlich nach nichts aus«, meinte Rose ein wenig enttäuscht.
Hagen lachte, zog sein großes Messer aus dem Gürtel und kratzte damit an der matten Oberfläche des Barrens. Darunter kam das satte Gelb zum Vorschein und blinkte in der Sonne. O'Hara pfiff durch die Zähne. Eine Weile betrachteten sie schweigend den Barren. Mason fand als Erster seine Sprache wieder. »Wie viel ist es wohl wert?«
Hagen hielt den Barren prüfend in der Hand. »Schwer zu sagen. Ich schätz ihn so auf vier Pfund. Sollte so um die 2.500 Dollar wert sein.«
»Das heißt, dass wir eine ziemliche Anzahl von Barren hochholen müssen.«
»Hab mich schon gewundert, wie lange du brauchst, um auf den Trichter zu kommen«, spöttelte Hagen. »So um die hundert, würde ich sagen.«
Rose hatte schweigend zugehört, meldete sich nun jedoch ebenfalls zu Wort. »Ich glaube, ursprünglich waren es fünf Kisten, Mark.«
Er nickte. »Ich werd probieren, das Gold wieder in die Kisten zu packen und sie mit Stricken so zusammenzubinden, dass sie wenigstens so lange halten, bis wir sie nach oben gezogen haben.«
»Das wird aber ganz schön lang dauern«, gab O'Hara zu bedenken.
»Aber es würde noch viel länger dauern, wenn wir die Dinger einzeln heraufholen«, entgegnete Hagen.
Die notwendigen Vorbereitungen wurden rasch getroffen. O'Hara und Mason schwenkten die Spiere mit dem Flaschenzug aus und ließen den Haken am Seil ins Wasser. Als Hagen das zweite Mal tauchte, nahm er Stricke mit. Er folgte dem Seil des Flaschenzugs hinunter in die Tiefe, packte dort den Haken und zog ihn hinter sich her, als er in die Kajüte schwamm.
Sein Vorhaben gestaltete sich einfacher als erwartet. Drei Kisten schienen in recht gutem Zustand zu sein; nur die Deckel waren abgerissen worden, als sie gegen die Schotts gestoßen waren. Hagen stapelte vorsichtig zwanzig Goldbarren in eine dieser Kisten, zurrte die Stricke fest, hängte den Haken ein und zog am Seil, gab damit das vereinbarte Zeichen. Das Seil straffte sich, die Kiste wurde ein wenig angehoben und ruckelte durch die Kajüte. Hagen folgte ihr und dirigierte sie über Unebenheiten, durch die Tür und schließlich hinaus auf Deck. Der Rest war einfach. Er schwamm der Kiste nach zur Oberfläche und kletterte an Bord, während O'Hara und Mason sie aus dem Wasser hievten. »Alle Achtung: nur fünfunddreißig Minuten«, stellte Mason anerkennend fest. »Das geht ja prima.«
Hagen ruhte sich aus, während die beiden die Stricke lösten. »Mit den
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