Das Dunkel der Lagune
stöhnte einmal kurz auf, schlief dann jedoch ruhig ein.
Hagen betrachtete sie noch eine Weile und stapfte schließlich hinüber in die andere Kabine. Er stolperte über etwas und fiel gegen den Tisch. Als er nach unten blickte, sah er das ordentlich auf dem Fußboden gestapelte Gold. Eine Zeit lang starrte er es an, versuchte seine Gedanken zu ordnen, doch es gelang ihm nicht. Sein Gedächtnis ähnelte einem zerstörten Mosaik, dessen Teile sich nicht mehr zusammenfügen ließen und kein sinnvolles Ganzes ergaben. Die Koje schien Hagen auf halbem Weg entgegenzukommen. Völlig erschöpft schlief er innerhalb von Sekunden ein.
Er erwachte irgendwann, immer noch müde, und starrte minutenlang in die Dunkelheit. Als er sich aufrichtete, ließ ihn der Schmerz, der alle Muskeln seines Körpers durchfuhr, laut aufstöhnen. Sein Kopf lastete bleiern auf seinen Schultern und schien völlig leer zu sein. Er blieb kurze Zeit am Rand der Koje sitzen, und allmählich kamen die Erinnerungen zurück. Im Augenblick sah alles völlig hoffnungslos aus. Er zog sich hoch und stützte sich auf dem Tisch auf, gebeugt von der Bürde unangenehmer Eindrücke.
Schließlich zwang er sich dazu, die Erinnerung an die Ereignisse des Tages in den hintersten Winkel seines Gedächtnisses zu verbannen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. O'Hara – das war es. O'Hara hatte ihn wecken sollen. Vorsichtig tastete er sich durch die Kajüte hinauf an Deck.
Sterne glitzerten kalt vom mondlosen Nachthimmel; im Osten zogen Wolken auf. Hagen ging an die Reling und horchte hinaus in die Nacht. Der kräftige, stechende Geruch des Sumpfes drang ihm in die Nase und erfrischte ihn. Leichter Nebel lag über dem Wasser. – Plötzlich flackerte Hoffnung in ihm auf. Er umklammerte die Reling mit den Händen, starrte gebannt in den Nebel und wünschte sich, er würde sich verdichten. Hinter sich hörte er auf einmal Schnarchlaute. Er drehte sich um und sah O'Hara auf dem Deck liegen, den Kopf an das Ruderhaus gelehnt, neben sich eine leere Rumflasche.
Hagen spürte, wie unbändige Wut in ihm aufwallte, die jedoch rasch einer dumpfen Schicksalsergebenheit Platz machte. Charlie hatte von Anfang an Recht gehabt. Man durfte sich nicht auf einen alten Säufer verlassen, nicht einmal im Angesicht der Gefahr. Hagen ließ den Iren liegen und ging ins Ruderhaus, um dort auf die Uhr zu sehen. Es war kurz nach ein Uhr. Er ging zurück auf Deck, lehnte sich an die Reling und dachte nach. Ihm wurde plötzlich kühl, als ein leichter Wind durchs Schilf flüsterte. Erst in diesem Augenblick fiel ihm auf, dass seine Kleidung immer noch feucht war. Er ging in die Kajüte, zog sich aus, frottierte sich ab, zog sich eine trockene Hose und einen dicken Wollpullover an und schlich in die Kabine des Mädchens.
Einen Augenblick blieb er stehen und lauschte ihren regelmäßigen Atemzügen. Schließlich ging er weiter in die Kombüse, um Kaffee zu kochen. Er hängte eine Decke vor die kleinen Bullaugen, knipste das Licht an, brachte die restlichen Waffen aus seiner Kabine hierher und überprüfte sie. Gerade als er die letzte verbliebene Maschinenpistole lud, hörte er ein leises Geräusch und fuhr hoch. Rose stand in der Tür, in eine Decke gehüllt. Sie wirkte völlig hilflos.
Hagen legte die Waffe weg und erhob sich. »Du siehst ziemlich mitgenommen aus. Komm, setz dich hierher.« Er führte sie zu einem Stuhl und stellte sich an den Gaskocher.
»Ich möchte mich bei dir entschuldigen«, begann sie, während er den Kaffee fertig machte. »Ich habe dir viele Unannehmlichkeiten bereitet.« Er schien nicht zu reagieren, hantierte weiter. »Ich fürchte, ich bin ziemlich hysterisch geworden.« Sie bekam einen Hustenanfall. »Ich werde das Gesicht von Steve nie vergessen, als er versank.«
Hagen drehte sich zu ihr um und reichte ihr einen Becher. »Hab viel Zucker reingetan.«
Er zog eine Schublade auf, holte eine kleine Schachtel heraus und gab ihr zwei Tabletten. »Außerdem möcht ich, dass du diese Dinger nimmst.«
Sie begutachtete die Kapseln misstrauisch. »Was ist das?«
»Keine Sorge, sie sind harmlos«, versicherte er. »Benzedrin. Die verschaffen dir die Energie, die du brauchst, um diese Sache bis zum Schluss durchzustehen.«
Sie nahm die Kapseln mit einem Schluck Kaffee. Nach einer Weile fragte sie: »Mark, bist du sicher, dass Steve …«
Hagen nickte. »Er war schon tot, als ich ihn losließ. Tsen hat
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