Das Dunkel der Lagune
erwarten. Rose strauchelte. Er wollte ihr aufhelfen, doch sie lehnte seine Hilfe ab. Sie hatten den Bambushain bald durchquert und kamen in offenes Gelände, das sie im Laufschritt überquerten, bis der Untergrund weicher wurde und sie knöcheltief einsanken. Je weiter sie vordrangen, desto schwieriger kamen sie vorwärts. Aber es war nicht mehr weit. Der rettende Schilfgürtel lag nur noch fünfzehn, zwanzig Meter entfernt, und die Verfolger waren noch nicht aus dem Bambusdickicht aufgetaucht.
Das faulige, schleimbedeckte Wasser reichte ihnen bis zu den Hüften. »Wir schaffen es«, sagte Hagen immer wieder. »Wir schaffen es.« Rose geriet erneut ins Straucheln. Als Mason sich zu ihr umdrehte, um ihr zu helfen, ertönte Triumphgeschrei. Eine Kugel schlug neben ihnen ins Wasser. Hagen schnellte herum und schoss auf die Soldaten, die gerade den Bambushain hinter sich gelassen hatten. Zwei von ihnen schrien auf und fielen zu Boden, die anderen flüchteten in das Dickicht.
Hagen watete Mason und Rose nach. Das Wasser reichte ihm nun beinahe bis zu den Achselhöhlen. Aber nun waren sie bereits von allen Seiten vom Schilf umgeben und fürs Erste in Sicherheit.
10. Kapitel
Als sie tiefer ins Schilf vordrangen, reichte ihnen das Wasser nur noch bis zur Hüfte. Trotzdem war das Vorwärtskommen schwierig: Der klebrige Schleim, an manchen Stellen mindestens dreißig Zentimeter dick, behinderte sie stark. Wieder erschollen die Rufe ihrer Verfolger. Hagen griff seine Waffe noch fester. Was immer auch geschah, er würde dafür sorgen, dass sie nicht noch einmal Kossoff in die Hände fielen.
Plötzlich wurde das Wasser tiefer. Rose glitt aus und tauchte unter. Mit vereinten Kräften zogen Hagen und Mason sie hoch. Sie prustete und strich sich die Haare aus der Stirn.
»Ist dir was passiert?«, fragte Hagen besorgt.
»Nein, nein. Wirklich nicht. Wir können weiter.«
Das Schilf wurde allmählich lichter und bot ihnen dadurch kaum noch Deckung. Nach einer Weile hielt Mason inne und hob die Hand. Er sah sich suchend um. »Wo hast du denn das Kanu versteckt, Himmel noch mal?«, fuhr Hagen ihn an. Mason schien in Panik zu geraten. »Ich weiß es nicht mehr so genau. Ich dachte, ich würd's leicht wieder finden, aber so weit entfernt vom Dorf war es nicht.«
Hagen fluchte und wischte sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Nicht weit von ihnen entfernt raschelte es im Schilf.
»Wir müssen weg hier«, keuchte Mason. »Die kommen sonst zu nah.«
Sie wateten weiter, stets auf die sie verfolgenden Geräusche achtend. Die Wassertiefe veränderte sich hin und wieder ganz plötzlich. Einmal trat Hagen in ein besonders tiefes Loch und tauchte völlig unter. Fluchend und spuckend suchte er eine seichtere Stelle. Die Verfolger kamen immer näher. Die drei standen plötzlich vor einer freien Wasserfläche. Mason zögerte, doch Hagen schrie: »Mensch, geh weiter!«, und gab ihm einen kräftigen Schubs vorwärts. Der Schilfgürtel auf der anderen Seite lag höchstens fünfzig, sechzig Meter entfernt. Sie hatten ihn beinahe erreicht, als Schüsse fielen.
Kugeln spritzten neben ihnen ins Wasser. Hagen packte Rose am Arm und zog sie in das schützende Schilf. Als sie sich umdrehten, sahen sie vier Soldaten mit vorgehaltenen Gewehren durch das knietiefe Wasser stürmen. Mason griff nach den Granaten an seinem Gürtel und stieß einen Fluch aus. »Nur noch eine. Muss die andere unterwegs verloren haben.«
»Dann sorg dafür, dass sie ihren Zweck erfüllt«, zischte Hagen. »Fehler können wir uns nicht mehr leisten.«
Sie starrten auf die auf sie zustürmenden Soldaten. Ihr Geheul klang irgendwie unwirklich in der drückenden Schwüle. Als die vier gefährlich nahe gekommen waren, hob Hagen die Maschinenpistole und zielte sorgfältig. Mason warf die Granate, die in hohem Bogen durch die Luft flog und vor den Verfolgern landete. Der Schock des Entsetzens ließ sie vielleicht eine Sekunde verstummen, bevor einer eine Warnung schrie. Aber es war zu spät, um wegzulaufen. Ein greller Blitz hüllte die Soldaten ein, eine Wasserfontäne stieg hoch, aufgescheuchte Wasservögel erhoben sich in dichten Schwärmen in die Luft, übertönten mit ihren erschreckten Rufen die Schreie der Sterbenden.
Rose wandte sich schaudernd ab und sah Hagen entsetzt an. »Nimmt das denn kein Ende? Gibt es denn nur noch Tod und Vernichtung?«
Ihre Augen waren feucht. Hagen konnte verstehen, dass sie am
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