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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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sie nun »Vergebt mir, innerer Kreis!« rief. Mit ausgestreckten Armen ballte sie die Hände zu Fäusten und schloss die Augen, woraufhin die ältesten Mitglieder des Syndikats zu wimmern begannen und sich wanden. Die Frauen griffen nach ihrer Halskette, so als würde diese sie würgen, die Männer packten ihre Ledermanschetten, so als hätte man ihnen dort einen Stich versetzt. Die neu Eingeführten sahen keuchend zu. »Vergebt mir«, fuhr Aurelia fort. »Aber bis auf weiteres ist das Ehrensystem außer Kraft gesetzt. Bisher lief hier alles ganz zivilisiert ab, jetzt müssen wir jedoch sichergehen, dass keiner von euch es Calliope gleichtun und sich davonmachen kann. Dieser Umschlag«, sie hielt ein cremefarbenes Kuvert mit dickem wächsernen Siegel hoch, »enthält den Namen der Person, deren Einsatz in der Metamorphose heute Abend zu Ende geht.«
    Sie öffnete den Umschlag und atmete einmal tief durch. Mir kam es nicht wie echtes Bedauern, sondern eher wie ein Showeffekt vor, um die Qual ihrer Untergebenen in dieser dramatischen Situation noch zu verlängern. Schließlich las sie: »Raphaella.« Dann machte sie eine zackige Handbewegung, und auf einmal hörten bis auf Raphaella alle auf, an ihren Ketten und Armbändern zu zerren. Allgemeines Keuchen war zu vernehmen, als die Gruppe endlich wieder frei atmen konnte. Raphaella umklammerte immer noch ihre Kette und trat ans Podest, während sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Trotzdem schritt sie hocherhobenen Hauptes voran. Aurelia ging auf sie zu und küsste sie auf die Stirn. »Ich danke dir für deine treuen Dienste im Reich der Metamorphose. Du trittst jetzt in die Unterwelt über.«
    Mit einer Hand wischte sich Raphaella die Tränen ab, während sie mit der anderen weiterhin an ihrer Halskette zog. Sie nickte und akzeptierte ihr Schicksal. Lucian erschien an ihrer Seite, Aurelia stellte sich hinter sie und griff nach dem verschmolzenen Silberstreifen an dem Schmuckstück. Unter ihren Fingern stieg Rauch auf, das Metall begann zu schmelzen, tropfte ihr in die Hand und wurde genauso schnell zu Staub, den Aurelia einfach abschüttelte. Den Überrest der Kette gab sie an Lucian weiter, der Raphaella die Stufen des Podestes hinaufführte. Dort standen sie dann zusammen und sanken langsam in die Tiefe, bis sie komplett aus dem Blickfeld verschwunden, verschluckt worden waren. Wohin ging es jetzt mit ihnen? Gab es da wirklich eine direkte Verbindung zur Hölle?
    Aurelia sprach jetzt wieder, und ich musste mich dazu zwingen, mich zu konzentrieren. »Damit schließen wir die heutige Zeremonie ab. Ich möchte euch wirklich inständig bitten, so viele neue Mitglieder wie möglich zu werben, und hoffe, dass wir diese Veranstaltungen bald jede Woche und mit doppelt so vielen neuen Gesichtern abhalten können. Denkt daran, wer in unserer Organisation vorankommen will, erreicht das am schnellsten über die Rekrutierung. Geht hin und erobert, meine Lämmchen.«
    Sie nahm ein letztes Mal den Platz oben auf dem Podest ein, verschwand dann ebenfalls in die Tiefe und ließ die Gruppe allein. Als sie schließlich nicht mehr zu sehen war und der Scheinwerfer, der sie angestrahlt hatte, erlosch, bildete sich aus den beiden Kreisen eine einzige lange Schlange, die sich zum Haupteingang des Clubs hinauswand.
    Ich wartete, bis auch der Letzte gegangen war, und harrte noch etwas länger aus, weil ich befürchtete, dass jetzt jemand zurückkommen, das Podest abbauen und den Feuerring löschen würde. Mir kam es vor, als hätte sich seit meinem Aufstieg die ganze Welt verändert.
    Als ich schließlich die Metallstreben in die Dunkelheit hinunterkletterte, hatte ich das Gefühl, nun an einer ganz neuen Horrorshow teilzunehmen. Wie sollte ich denn jetzt noch hierbleiben, nachdem ich das alles miterlebt hatte? Ich musste zurück in mein Zimmer und wieder in dieses Buch schauen. Es musste einfach eine Nachricht für mich bereithalten, mir auch nur einen einzigen guten Grund nennen, warum ich jetzt nicht einfach Reißaus nehmen, mit einem Taxi nach Hause fahren und das alles vergessen sollte. Ich könnte sogar die Polizei rufen – aber das wäre doch albern, oder? Wer würde mir überhaupt glauben? Und was sollte ich denn sagen? Ich habe den Teufel und seine Anhänger gesehen, und die werben Leute an und kaufen dann ihre Seelen? Würde ich damit nicht eher in der Klapse landen?
    Ich suchte mit dem Fuß nach einer weiteren Sprosse und berührte stattdessen den Fußboden. Dann taumelte

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