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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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nichts zu machen. Und ich musste mich trotz der breiten Träger vorsehen, damit meine Narben im Ausschnitt nicht zu sehen waren. Da würde ich ganz schön aufpassen müssen, das konnte ich jetzt schon sagen. Dann drehte ich mich um und betrachtete mich von hinten – meine vernarbten Schultern waren zum Glück bedeckt. Vorsichtig trat ich ein paar Schritte aus dem Schrank und wappnete mich für Aurelias Kritik. Sie nickte, als wollte sie »Gar nicht schlecht« sagen.
    »Das ist wirklich ein tolles Kleid, danke, dass ich es heute tragen darf.« Ich strich den Stoff glatt und hoffte, das würde auch Einfluss auf die Länge haben. Unwillkürlich zupfte ich am Saum herum, dann bemerkte ich Aurelias Blick – eisig wie ein gefrorener See – und ließ es gut sein, drückte die Schultern durch und richtete mich gerade auf.
    Sie sprach kein Wort und rauschte nur an mir vorbei, ging in den Schrank und hinüber zu einer schmalen hölzernen Kommode, die mir dort aufgefallen war. Aurelia öffnete die obere Flügeltür, und es erstrahlten Reihen von Halsketten und bezaubernde Edelsteine in allen Schattierungen, die wohl eher ins Field Museum gehört hätten. Dann zog sie eine Schublade auf und griff nach einem Ring mit einem kanariengelben Stein, der fast so groß wie ein Golfball war. Sie schob ihn sich auf den Finger und wählte dazu passende Ohrringe, zitronengelbe Steine an einer Schnur aus Diamanten.
    »Unseren Gästen soll klar sein, dass du eine von uns bist«, erklärte sie, während sie die Lade wieder zuschob. »Du hast doch Ohrlöcher, hoffe ich?«
    »Ja, hab ich«, sagte ich erleichtert. Wenigstens auf diese eine Frage konnte ich die richtige Antwort geben. Joan hatte an meinem dreizehnten Geburtstag eine große Sache daraus gemacht, mir die Löcher stechen zu lassen, aber ich nutzte sie selten.
    Aurelia schob mir die Ohrringe durch die Läppchen, nahm dann den Ring ab und steckte ihn mir an den Finger. Ich sah in den Spiegel und funkelte mich selbst an. Neben dem ganzen Schmuck konnte ich kaum auf etwas anderes achten. Die Ohrringe waren etwas länger als meine Haare, schwangen bei jeder Bewegung hin und her und blitzten hervor. Ich berührte sie mit ringgeschmückter Hand. Jetzt erkannte ich mich erst recht nicht wieder. So gar nicht mehr. Es kam mir wirklich vor, als würde ich hier eine Rolle spielen – und zwar die einer weitaus interessanteren Person, als ich selbst es war.
    Aurelia hingegen sah nicht sehr überzeugt aus. Bedächtig neigte sie den Kopf. »Ich denke … besser keine Halskette«, sprach sie ihr Urteil.
    Ich sah zu meinem glänzenden kleinen Engelsflügel hinunter, der neben den gelben Diamantohrringen und dem Ring so unbedeutend wirkte. Den konnte ich doch nicht abnehmen! Aus welchem Grund auch immer, das Buch hatte darauf bestanden, dass ich ihn immer trug.
    »Mir gefällt es irgendwie. Ich finde, das … hm … passt doch alles perfekt zusammen.« Mein Versuch, mich hier als Modeexpertin auszugeben, war nicht sehr überzeugend.
    »Weg mit der Kette«, befahl Aurelia jetzt mit schärferer Stimme. Ich nahm sie ab und steckte sie in das Handtäschchen. »Aber ich lasse mich gern auf einen Kompromiss ein: Wie wäre es mit einem Armband als dezenterer Note?« Ich verharrte still, während sie wieder in ihrem Schmuckschrank herumsuchte und mit einem schmalen goldenen Armreif zurückkehrte. »Dies ist ein ganz besonderes Stück, das ich schon seit vielen Jahren besitze.« Sie griff nach meiner Hand und quetschte sie durch den Metallring. Er lag eng an meinem Handgelenk an und war mit blassen Radierungen in Herzchenform verziert. »Es ist diesem berühmten, teuren Armband nachempfunden, das man nur mit einem speziellen Schraubenzieher öffnen und schließen kann, das kennst du doch sicher?«
    Ich schüttelte den Kopf. Woher sollte ich denn so was wissen?
    »Na ja, ich wollte unbedingt so eins, also hat jemand das für mich anfertigen lassen.« Sie sprach jetzt ganz ungezwungen und frei, wandte sich direkt an das Armband um mein Handgelenk. Anscheinend war ihr gar nicht bewusst, dass sie diese Dinge nicht nur dachte, sondern laut aussprach. Ich wollte ihre Trance nicht stören, also schwieg ich und hoffte, sie würde weiterreden. Das tat sie auch. »Es war immer ein Lieblingsstück von mir. Er war ein netter Mann. Wahrscheinlich hätte ich es ihm zurückgeben sollen, als …« Sie verstummte. »Aber das konnte ich einfach nicht. Ich glaube kaum, dass er es danach einer anderen geschenkt hätte, aber

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