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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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Ihr Kleid ähnelte meinem, wirkte aber mit dem tieferen Ausschnitt und in den Stoff eingewebten Goldperlen noch eine Spur glamouröser. Ihre Schuhe waren etwas offener und höher, und sie hatte den Look mit einer Art Stirnband und einer in die Höhe ragenden schwarzen Feder vervollständigt. Mit diesem Kopfschmuck war sie in der Menge immer leicht auszumachen. Ich gab mein Bestes, um nicht die ganze Zeit an meinem Ausschnitt herumzuzupfen und damit das Gesamtbild zu zerstören, aber es fiel mir schwer – bei jedem Schritt spürte ich, wie mein Oberteil verrutschte, und sicher sah gleich ganz Chicago meine fürchterlichen Narben. Zumindest führte das dazu, dass ich kerzengerade dastand, langsam voranschritt und dabei nicht wie so oft den Blick senkte, sondern den Leuten in die Augen sah.
    Als wir endlich die Galerie betraten, kam es mir vor, als hätten wir inzwischen jedem einzelnen Gast die Hand geschüttelt. Im Ausstellungsraum tummelten sich feiernde Kostümierte, nahmen die Werke dort unter die Lupe und kommentierten Symbolik und Stil. Diesen anspruchsvollen Gesprächen hätte ich den ganzen Abend zuhören können. Insgeheim war ich richtig aufgeregt, als alle das Wandbild auf sich wirken ließen, an dem Lance und ich gearbeitet hatten, und meine Fotos so andächtig studierten, dass sie darin offensichtlich Tiefe und etwas Wertvolles sehen mussten.
    In der Nähe des Eingangs stand ein Mann, der an einem bernsteinfarbenen Getränk nippte und die Szenerie in sich aufnahm. Mit seinem perfekt sitzenden Smoking war er so imposant, dass er selbst wie ein Kunstwerk aussah. Mir kam er wie eine ältere, hochgewachsene Version von Lucian vor. Er hatte das gleiche zurückgegelte Haar und die scharfen Gesichtszüge, aber eine stärkere Präsenz – er betrachtete seine Umgebung, als sei er hier der Chef und als würde er alle anderen nur dulden. Allein die Art, wie er nach seinem Glas griff, oder wie unbeirrt sein Blick auf den Menschen ruhte, strahlte Stärke aus.
    Aurelias Blick traf den seinen, und sie schwebte mit mir im Schlepptau zu ihm hinüber.
    »Ihr habt es also doch noch geschafft«, bemerkte sie, während er sie zu sich heranzog und auf die Lippen küsste. Ich wandte mich ab, hatte aber genug gesehen: Für ihn war die Geste eindeutig Zeichen einer gewissen Vertrautheit, so wie man sich vielleicht in Europa begrüßte, Aurelias Haltung verriet mir aber, dass der Kuss für sie viel mehr bedeutete. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, jemand anderen als meinen festen Partner so zu begrüßen. Ich wäre gern eins von den Mädchen gewesen, bei denen so was keine große Sache zu sein schien, weil die Geste etwas Machtvolles an sich hatte, aber das kam mir völlig utopisch vor.
    »Ich hatte dir schließlich mein Wort gegeben. Du weißt doch, wie ernst ich meine Versprechen nehme.« Seine Stimme war unglaublich tief, und dennoch so weich, beinahe wie ein Flüstern.
    »Da habt ihr recht«, nickte Aurelia.
    »Und wer ist das?«, wollte er wissen und richtete den Blick auf mich – seine Augen waren stechend und von so unglaublich hellem Blau, dass ich direkt durch sie hindurchzuschauen schien.
    »Das ist Haven Terra, die Zukunft des Lexington Hotels«, stellte sie mich mit großer Geste vor; ich war nicht sicher, ob sie es ernst meinte. Wie bei Lucian ließ mich auch der Blick dieses Mannes erglühen. Ich spürte, dass ich rot wurde. Er reichte mir die Hand, die fest und weich war – und unglaublich warm.
    »Hallo, Haven.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, brachte ich hervor.
    »Du siehst bezaubernd aus.«
    »Vielen Dank.«
    »Amüsierst du dich gut?«
    »Ja, auf jeden Fall. Es ist ein wunderschöner Abend, ein tolles Hotel, und ich lerne hier so viel.«
    »Da bin ich mir sicher.«
    Jetzt sah Aurelia mich an. »Ich habe sie jedem vorgestellt, daher kann ich ihr für den Rest des Abends wohl freigeben. Sie muss ja auch noch im Tresor vorbeischauen und ein paar Fotos schießen.«
    »Oh …«
    »Na, dann lauf, viel Spaß! Wir sehen uns morgen früh.«
    »Danke«, sagte ich zu ihr und hätte mich aus irgendeinem Grund beinahe verbeugt. »Sehr erfreut«, wandte ich mich noch einmal an den Mann. Erst nach ein paar Schritten fiel mir auf, dass ich seinen Namen gar nicht mitbekommen hatte – ich war zu überwältigt gewesen, um danach zu fragen. Er hätte gut ein Hollywoodschauspieler sein können, der gerade für einen Dreh in der Stadt war, aber mir kam sein Gesicht nicht bekannt vor, er wirkte eher wie jemand, von

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