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Das dunkelste Blau

Das dunkelste Blau

Titel: Das dunkelste Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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wie möglich zu bewegen, gelang es mir, ihre Hose und Unterhose weit genug herunterzuschieben. Ich wischte das Blut mit Jean-Pauls Hemd weg. Dann zog ich ihre Hosen wieder hoch, ließ aber den Reißverschluß offen. Jacob hörte auf zu sprechen. Beide sahen mich an.
    »Die Blutung hat jetzt aufgehört. Es kommt alles in Ordnung.«
    »Ich habe Durst«, sagte Susanne leise.
    »Ich gehe und suche nach Wasser.« Ich stand auf und freute mich, daß sie beide ruhig zu sein schienen. Ich ging einmal ganz um den Hof herum und suchte nach einem Wasserhahn außen am Haus. Es gab keinen; ich mußte also wieder hineingehen.
    Ich schlüpfte in den devant-huis und blieb in der Tür zum Haus stehen. Sonnenlicht fiel in einem dünnen Strahl auf den Stein des Herdes. Im Licht sah ich dicken Staub tanzen, der durchunseren Besuch aufgewirbelt worden war. Ich sah mich nach Wasser um. Es war sehr still; ich hörte nichts, keinen tröstlichen Laut wie Jacobs Stimme oder den Wind in den Kiefern über uns oder Kuhglocken oder einen Zug irgendwo in der Ferne. Nur Stille und der Lichtstrahl auf dem Steinfundament vor mir. Es war ein riesiger Steinblock; man hatte wohl mehrere Männer gebraucht, um ihn zu setzen. Ich sah ihn mir genauer an. Obwohl er durch den Ruß verfärbt war, war das eindeutig kein Stein von hier. Er sah fremd aus.
    In einer Ecke gegenüber der Tür gab es ein altes Waschbecken mit einem Wasserhahn. Ich bezweifelte zwar, daß er funktionierte, aber für Susanne würde ich ihn ausprobieren müssen. Ich ging um den Herd herum, mein Herz klopfte, und meine Hände waren klamm. Am Waschbecken kämpfte ich eine Zeitlang mit dem Wasserhahn, bevor es mir gelang, ihn aufzudrehen. Eine kurze Zeit passierte gar nichts; dann fing er an zu spucken und heftig zu zittern. Ich trat einen Schritt zurück. Ein enormer Strahl dunkler Flüssigkeit spritzte plötzlich ins Waschbecken; ich sprang erschrocken zurück und schlug mit dem Hinterkopf an die Kante eines der Pfeiler, die den Kamin hielten. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und wirbelte herum, Sterne tanzten vor meinen Augen. Neben dem Herd sank ich in die Knie und hielt mir den Kopf mit beiden Händen. Mein Hinterkopf war feucht und klebrig. Ich atmete mehrmals tief ein. Als die Sterne verschwanden, hob ich den Kopf und ließ die Arme fallen. Blutstropfen quollen aus den aufgebrochenen Stellen der Schuppenflechte in meinen Armbeugen hervor und rollten die Arme hinunter, um sich mit dem Blut an meinen Händen zu vermischen.
    Ich starrte auf das Blut. »Das hier ist der richtige Ort, nicht wahr?« sagte ich laut. »Je suis arrivée chez moi, n’est-ce pas?«
    Hinter mir hörte das Wasser auf zu laufen.

9. Der Kamin
    Isabelle stand schweigend im devant-huis . Sie hörte das Pferd im Stall stampfen; vom Haus kam ein Geräusch des Grabens.
    – Marie? rief sie leise und war nicht sicher, ob sie den Namen laut rufen sollte, und wer ihn wohl hören würde. Das Pferd wieherte beim Klang ihrer Stimme und hörte auf sich zu bewegen. Das Graben wurde fortgesetzt. Isabelle zögerte und stieß dann die Tür auf.
    Etienne arbeitete an einem langen Loch in der Nähe des Felsblocks, das sich von dessen Unterkante aus in den Raum hineinstreckte. Es befand sich nicht an der weiter entfernten Wand, wo er den Herd zuerst hatte setzen wollen, sondern direkt neben der Tür. Der Boden war festgestampft, und er mußte mit seinem Spaten heftig darauf einschlagen, um die Erde zu lockern.
    Als das Licht von der Tür auf ihn fiel, sah er hoch und sagte:
    – Ist sie –, unterbrach sich aber, als er Isabelle erkannte. Er richtete sich auf.
    – Was machst du hier?
    – Wo ist Marie?
    – Du solltest dich schämen, La Rousse. Du solltest auf den Knien liegen und um Gottes Gnade beten.
    – Warum gräbst du an einem Feiertag?
    Er ignorierte die Frage.
    – Deine Tochter ist weggelaufen, sagte er laut. Petit Jean sucht sie im Wald. Ich dachte, daß er es wäre, der zurückkam, um uns zu sagen, daß er sie gefunden hat. Machst du dir keine Sorgen um deine eigene, sündige Tochter, La Rousse? Du solltest sie auch suchen.
    – Eben Marie ist es, um die ich mich sorge. Wohin ist sie gelaufen?
    – Hinter das Haus und den Berg hoch. Etienne wandte sich wieder dem Loch zu und begann erneut zu graben. Isabelle sah ihm zu.
    – Warum gräbst du hier statt an der anderen Wand, wo du den Herd zuerst haben wolltest?
    Er richtete sich wieder auf und hob den Spaten über seinen Kopf. Isabelle fuhr zurück, und Etienne

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