Das dunkle Fenster (German Edition)
„Trauen Sie mir etwa nicht? Da vorn ist die Küste, Mann. Weniger als zwei Meilen entfernt. Ich habe meinen Teil des Vertrags erfüllt.“
„Sie bekommen Ihr Geld, sobald ich zypriotischen Boden unter den Füßen habe“, erwiderte Nikolaj kühl. „Das war die Abmachung.“
„Was soll das, mein Freund?“ Delacroix’ Stimme klang angriffslustig.
Nikolaj beobachtete, wie die Crew ein paar Meter entfernt Holzkisten verlud. „Wir können das gern an Ort und Stelle austragen“, sagte er leise.
Delacroix starrte ihn sekundenlang an, dann wich er einen Schritt zurück und drehte die Handflächen nach oben. Er warf einen Blick über die Schulter.
„Hören Sie“, fügte Nikolaj hinzu, „ich will Sie wirklich nicht um Ihr Geld betrügen. Ich bin nur etwas penibel, was Geschäftsmodalitäten angeht. Sie müssen mich immer noch durch die zypriotische Küstenwache bringen.“
„Ja, ja“, knurrte der Franzose. Er machte keinen Hehl aus seinem Ärger. Seine Freundlichkeit war wie weggewaschen. Abrupt drehte er sich um und entfernte sich mit weit ausholenden Schritten. Nikolaj fasste Carmen am Arm. Mit der anderen Hand tastete er nach der Beretta im Hosenbund. Diese kleine Auseinandersetzung hatte er für sich entschieden, aber das bedeutete nicht, dass er sich entspannen konnte.
Das Boot schnitt gespenstisch leise durch die Wellen. Pierre und ein zweiter Mann tauchten nahezu lautlos die Paddel ein. Wortlos koordinierten sie ihren Rhythmus. Delacroix murmelte gelegentlich Anweisungen, blieb aber den größten Teil der Fahrt still. Nikolaj beobachtete, wie sich das Bergmassiv aus dem Dunkel löste. Sie steuerten auf einen Gipfel zu. Pierre lenkte das Boot zwischen den Klippen hindurch, die in Ufernähe aus dem Wasser ragten. Dann glitten sie in eine Art natürliche Bucht, ein kleines, fast kreisrundes Becken, das von den beiden Berghängen begrenzt wurde. Ein Holzsteg ragte ins Wasser.
„Hier setzen wir Sie ab“, sagte Delacroix.
Das Boot schrammte knarrend an einem Pfosten entlang. Pierre zog das Ruder ein und richtete sich auf. Dann warf er eine Seilschlinge um den Holzpoller und zog sie fest. Hier an dem geschützten Platz zwischen den Bergen war es nahezu windstill. Nikolaj schulterte seine Umhängetasche. Er zog den Umschlag mit dem Geld aus seiner Jacke und hielt ihn dem Franzosen entgegen. Delacroix warf nur einen kurzen Blick hinein, dann ließ er das Kuvert verschwinden.
„Gut“, sagte er. „Unsere Wege trennen sich hier.“
„Sie gehen nicht an Land?“, fragte Nikolaj überrascht.
Delacroix lachte leise. „Es gibt noch mehr verschwiegene Orte an der Küste und auch Platz, um das Boot zu verstecken. Sicher verstehen Sie, dass das vertraulich ist.“
„Natürlich.“
Er streckte den Arm aus, um sich am Poller festzuhalten. Der Steg schwebte nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche. Nikolaj musste nur einen großen Schritt machen, um vom Boot hinaus auf die Holzplanken zu steigen. Carmen blieb dicht hinter ihm. Pierre löste das Seil und stieß das Boot vom Steg ab. Lautlos verschwanden sie in der Dunkelheit.
„Das war’s, oder?“, fragte Carmen. „Du bist raus aus dem Libanon.“
„Ja“, sagte er nur. Er verspürte ein vages Gefühl von Enttäuschung, konnte den Grund aber nicht festmachen. Vielleicht lag es einfach daran, dass er müde war. Dass sich die erhoffte Erleichterung nicht einstellen wollte.
„Wohin jetzt?“, wollte sie wissen. „Versuchen wir es in diesem Dorf, das Delacroix erwähnt hat?“
Nikolaj schüttelte den Kopf. Limassol war das nächste logische Ziel. Limassol war eine große Stadt, da würde es leicht sein unterzutauchen. Er drehte sich um und folgte dem Steg bis zum Ufer. Der Boden war hier kahl und steinig. Im Zwielicht des aufdämmernden Morgens zeichneten sich Baumkronen ab, dahinter die steil ansteigende Bergflanke. Nach kurzer Zeit stieß Nikolaj auf das trockene Bachbett, von dem Delacroix gesprochen hatte. Er drehte sich zu Carmen um, die ein paar Meter entfernt stehen geblieben war.
„Was ist?“, fragte er.
Im gleichen Augenblick kam Leben in die Schatten.
„Hände in den Nacken“, befahl eine grobe Stimme. „Und runter auf die Knie.“
Nikolaj erfasste mit einem schnellen Blick die Männer, die vor ihm aufgetaucht waren. Mindestens vier Kombattanten, die Gesichter mit schwarzen Masken verhüllt, Sturmgewehre im Anschlag. Wahrscheinlich gab es noch mehr von ihnen, die in sicherer Deckung warteten, das Backup, falls etwas schief
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