Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
beruhigend und schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel, dass er recht behalten möge. Josef war wild, aber er war auch hochintelligent, und das Programmieren war sein Steckenpferd.
Ein Zittern durchlief Dominic bei der Wiedervereinigung mit seinem Körper, und einen Moment lang schwankte er sogar ein wenig. Doch er riss sich augenblicklich zusammen, weil er sich nicht einmal die paar Sekunden leisten konnte, die er zur Wiedereingewöhnung brauchte, wenn er von Vampiren umgeben war. Ein Moment der Schwäche, der Verwundbarkeit, und er würde in Stücke gerissen werden. Er war einer der am meisten gefürchteten karpatianischen Krieger und deshalb auch sehr verhasst, und Vampire hatten ein hervorragendes Gedächtnis. Sie lebten buchstäblich von Hass und Rachsucht.
Dominic durchquerte das Labor. Es war kleiner, als es von außen aussah, weil es sehr dicke Mauern hatte, die nicht nur einem Angriff standhalten würden, sondern auch für eine gewisse Kühle innerhalb des Gebäudes sorgten. Drinnen befanden sich Schlafquartiere für die fünf Wissenschaftler und drei Computertechniker, die hier arbeiteten, und draußen Baracken, die Platz für siebzehn Wachen boten. Es gab keine Anzeichen dafür, dass die Jaguarmänner sich über Nacht hier aufhielten, was auch durchaus ihrer Persönlichkeit entsprach. Sie würden es vorziehen, im Wald zu schlafen, wo sie herannahende Feinde sehen oder wittern konnten.
Ein Raum war mit mehreren vergitterten Zellen versehen, deren Fußböden und Wände befleckt waren von dem Blut der Frauen, die hier gequält und ermordet worden waren. Da niemand sich die Mühe machte, hier sauberzumachen, überlagerten sich die Flecken, sodass jeder Gefangene, der in einer dieser Zellen lag, den Gedanken würde ertragen müssen, dass hier schon andere ermordet worden waren. Solange wurde ganz übel, und Dominic konnte ihr leises Weinen spüren.
Es ist unmöglich, alle zu retten, kessake ku toro sívamak – geliebte kleine Wildkatze. Wir können in diesem Leben nur unser Bestes geben , versuchte er, sie zu trösten.
Ich weiß. Doch der Gedanke, dass sie so gestorben sind, ganz allein, verängstigt und ohne jemanden, der ihnen beistand, ist mir einfach … Ihre Stimme erstarb.
Dominic war, als zerschmölze sein Herz. Seine Solange. Wie zartfühlend sie war! Wer hätte das von ihr gedacht? Ich darf nicht zu spät zu der Versammlung kommen, Solange. Bist du bereit?
Er spürte ihre sofortige Reaktion, die grenzenlose Tapferkeit, mit der sie all ihren Mut zusammennahm, und ihre grimmige Entschlossenheit, ihn – komme, was da wolle – zu beschützen. Natürlich bin ich bereit. Eine leise Schärfe klang in ihrer Stimme mit und der eindeutige Tadel, dass Dominic dergleichen gar nicht erst zu fragen brauchte.
Mit kühnen Schritten trat er vom Labortrakt auf den Hof hinaus. Die Vampire hatten sich gleich hinter dem offenen Gelände um das Gebäude versammelt, weit genug entfernt, dass niemand sonst sie hören konnte.
Hier hielt Giles Hof, von mindestens zwanzig anderen Untoten umgeben, während seine eigenen geringeren Vampire ihm den Rücken deckten. Dominic musste zugeben, dass es ein bemerkenswerter Anblick war, mit dem er nicht einmal im Traum gerechnet hätte. Untote waren viel zu egomanisch, um sich lange in Gesellschaft anderer Vampire aufzuhalten, und die Nahrungsquellen würden irgendwann versiegen. Auch jetzt schon war der Hunger, den die Gruppe ausstrahlte, so überwältigend, dass sogar Dominic einen gewaltigen Appetit verspürte. Dabei hatte er reichlich Blut zu sich genommen.
Der Herzschlag der menschlichen Wachen, die um das Gebäude patrouillierten, war überlaut. Er klang wie donnernde Trommelschläge, die sie alle in Versuchung führten. Auf subtile Weise verstärkte Dominic den Hunger und erhöhte das Verlangen und schloss sich der Gruppe an. Seine Parasiten gerieten in helle Aufregung und jauchzten und frohlockten, als sie den Ruf der anderen in den Körpern der Vampire ringsumher beantworteten.
Solange war aus Angst um Dominic ganz still geworden, aber er wusste, dass ihre Hände fest und ruhig an ihrer Waffe lagen. Sie hatte die Vampire jetzt gut im Blick und beruhigte sich trotz der Gefahr ein wenig.
»Drachensucher.« Giles’ Stimme unterbrach das Gewisper der Parasiten und das Zischen und Knurren der Vampire.
Dominic hatte gewusst, dass der Meistervampir ihn herausgreifen würde. Schließlich war er eine Legende unter den Vampiren. Gemurmel erhob sich. Dominic blieb stehen.
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