Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
bedrohte, würde sterben. Es war nur eine Frage der Zeit. Aber sie war so müde … Rücksichtslos verdrängte Solange ihre Erschöpfung.
Natürlich hatte sie schwache Momente – die waren erlaubt. Aber doch kein Selbstmitleid! Sie hatte dieses Leben schließlich selbst gewählt, hatte sich lange darauf vorbereitet und dafür trainiert. Ihr war klar gewesen, dass es kein Zurück mehr geben würde, sowie sie diesen Weg einmal beschritten hatte. Es existierte zu viel Böses, das nicht ignoriert werden durfte. Das Gesetz der Zivilisation war noch nicht bis in den Dschungel vorgedrungen, und bis es so weit war, gab es nur eine Hand voll wie sie, die zwischen den Raubtieren und ihrer Beute standen.
Die Stimmen verloren sich in der Nacht. Solange wartete eine Weile ab und versuchte dann, ans Ufer zu gelangen. Wieder hatte sie Angst, loszulassen, aber in dem Geflecht von Ästen unter dem Wasser würde sie relativ gut klettern können – wenn sie ihren bleiernen Körper dazu würde bewegen können.
Sie löste zuerst die eine Hand und bewegte unter dem Wasser ihre Finger, bevor sie nach einem der Äste gleich über der Oberfläche griff. Erst als sie ihn fest im Griff hatte, löste sie auch die andere Hand. Sehr langsam zählte sie bis drei und sammelte das letzte bisschen Kraft, das ihr geblieben war, ließ den Ast zwischen ihren Beinen los und trat kräftig Wasser, um nach oben zu gelangen. Sie schaffte es, Kopf und Brust ganz aus dem Wasser zu ziehen, doch dann ließ sie sich erschöpft auf das Bett aus Astwerk fallen.
Solange hatte keine Ahnung, wie lange sie dort lag, doch bis auf das unaufhörliche Rauschen des Flusses war es still im Wald. Bis sie die Kraft fand, den Kopf wieder zu heben und sich ganz auf den Baumstamm hinaufzuziehen, summten schon wieder die Insekten, die Frösche quakten, und der Regen hatte bis auf einen feinen, silbrigen Nebel nachgelassen.
5. KAPITEL
Wenn du bei mir bist,
vervollständigst du mich.
Du bringst mich wieder zurück ins Leben.
Dominic zu Solange
D ominic besah sich noch einmal aufmerksam die anderen vier Vampire. Es als ungewöhnlich zu bezeichnen, so viele der Untoten versammelt zu sehen, wäre noch milde ausgedrückt. Außerdem blieb immer noch die Frage, was auch immer Drago mit seinen Händen so umschmeichelte. Dominic blickte Zacarias nicht einmal an, aber der andere Karpatianer hatte Nerven aus Stahl. Dominic konnte den Hunger spüren, den die Vampire ausstrahlten. Sie hatten sich mit unersättlichem Appetit erhoben. Vermutlich waren die Menschen im Labor tabu für sie, wenn sie die Fassade aufrechterhalten wollten. Die menschlichen Lakaien sollten mithelfen, »Vampire« aufzuspüren und zu töten – wobei die Karpatianer die angeblichen Untoten waren. Das wiederum bedeutete, dass Zacarias für sie alle Nahrungsquelle war.
Drago grinste. »Ich glaube, du bist uns zahlenmäßig unterlegen.«
Dominics Augenbrauen fuhren in die Höhe. »Wirklich?« Er rollte die Schultern. »Die Trophäe gehört mir. Ich beanspruche den Karpatianer für mich, und niemand – absolut niemand – wird mir meine Beute nehmen.«
Ein ärgerliches Fauchen erhob sich in dem losen Kreis um sie. Dominic trat einen halben Schritt zurück, aber eigentlich nur, damit er und Zacarias Rücken an Rücken kämpfen konnten. Normalerweise zog Dominic es vor, ohne langes Vorspiel zuzuschlagen, doch da er argwöhnte, dass noch jemand da war, der sich ihnen bisher noch nicht gezeigt hatte, musste er noch ein bisschen länger den entrüsteten Vampir spielen.
»Du glaubst, mich mit diesem Rudel, mit dem du unterwegs bist, einschüchtern zu können, Drago? Der da beispielsweise«, Dominic zeigte auf den schmächtigen Vampir, dem er auf den Schlachtfeldern begegnet war, »ist ein Wurm, der wie ein geprügelter Hund von jedem Kampfplatz wegschleicht. Der wird dir nichts nützen«, sagte er mit unüberhörbarer Verachtung in der Stimme. »Und dann haben wir noch den da …« Dominic wies auf den Bestgekleideten der Gruppe. Er war größer und kräftiger, wirkte gepflegter, und sogar seine Zähne waren kaum geschwärzt. »Jason, ein Dandy, der sich lieber mit hübschen Kleidern beschäftigt, als seine Arbeit zu erledigen. Du amüsierst mich, Drago, mit deiner Wahl an Kriegern. Du kannst selbst nicht kämpfen und hast auch keinen Blick dafür, wer dir im Kampf zur Seite stehen würde.«
Ein protestierendes Gemurmel wurde laut, aber keiner wagte anzugreifen – nicht ohne Erlaubnis und schon gar nicht
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