Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
aber aus purer Verzweiflung ergriff sie ihn trotzdem. Kaum schlossen ihre Finger sich jedoch darum, landete der Panther schwer auf ihrem Rücken, und scharfe Krallen zerrissen ihr das Fleisch.
Heißer Atem strich über ihren Nacken, als die schwarze Raubkatze sie in die Schulter zu beißen versuchte. Der Ast brach, und zusammen stürzten sie vom Baum. Solange versuchte, sich noch weit genug zu drehen, um dem Panther die Armbrust in die bebenden Flanken zu stoßen, doch es gelang ihr nicht. Sein Rückgrat war zu biegsam, und er drehte sich mit ihr und hinderte sie so daran, ihn wegzustoßen. Ihr Körper schlug jedoch gegen einen Ast und brach ihn in der Mitte durch, wobei der schwere Panther gegen den Stamm und endlich von ihr weggeschleudert wurde.
Solange blickte auf das schäumende Wildwasser herab und dann zu dem Panther hinauf, der sich für einen weiteren Sprung bereitmachte. Mit vorgestrecktem Kopf hechtete sie von dem Ast herunter in das Wasser. Das Brüllen des Panthers folgte ihr. Solange versuchte, möglichst gerade und mit den Füßen zuerst im Wasser aufzukommen. Die Kälte war ein Schock für ihren Körper, als das aufgewühlte dunkle Wasser über ihrem Kopf zusammenschlug und sie stromabwärts riss. Immer wieder wurde sie herumgeschleudert. Ihre Lunge brannte, und als die starke Strömung sie erfasste, wurden ihr Gewehr und Armbrust aus den Händen gerissen.
Erschöpft und schon halb gefühllos von der Kälte, kämpfte Solange sich an die Oberfläche, um nach Luft zu schnappen, bevor die Strömung sie erneut unter Wasser riss. Solange zog die Beine an die Brust und versuchte, mit der Strömung mitzugehen und sich nicht länger gegen sie zu wehren, sondern sich von der Kraft des Wassers einfach nur so weit wie möglich von ihrem Todfeind forttragen zu lassen. Sie konnte nur Atem holen, wenn sich die Gelegenheit ergab, und zweimal schlug sie gegen Felsen. Deren Oberflächen waren jedoch zu glitschig, um sich daran festzuhalten, und so ging Solange wieder unter und wurde weiter flussabwärts abgetrieben.
In der tintenschwarzen Dunkelheit erspähte sie einen gelb-braunen Jaguar, der ausgestreckt am Ufer lag, aber sie wurde so schnell an ihm vorbeigetrieben, dass sie nicht sehen konnte, ob er tot oder am Leben war. Sie versuchte, ruhig zu bleiben, die Atemnot zu ignorieren und die Schluchzer zu unterdrücken, die sich ihrer brennenden Lunge entringen wollten. Solange war so erschöpft, dass es schwierig wurde, die Arme zu bewegen, die Füße weiter ausgestreckt und den Körper gerade zu halten. Sie konnte keine Felsen sehen, bis sie direkt vor ihr auftauchten, und hatte keine Chance, sich aus dem Wasser zu ziehen.
Nur ganz kurz kam ihr der Gedanke, den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Sie war es leid, zu kämpfen, ihr Körper war übel zugerichtet, und sie fühlte sich vollkommen entkräftet. Solange konnte kaum noch die Arme bewegen, geschweige denn die Kraft aufbringen, sich aus dem Wasser herauszuziehen. Und sie blutete aus mehreren Einstichen und Bisswunden. Sie konnte in dieser Strömung nicht schwimmen, sie konnte nichts sehen, und ihre Kleider zogen sie in die Tiefe. Ja, sie könnte einfach loslassen … wenn da nicht das Problem ihres karpatianischen Kriegers gewesen wäre.
Das Wasser schleuderte sie um eine Biegung, und etwas Großes ragte plötzlich vor ihr auf. Solanges Herz schlug höher. Ein umgestürzter Baum, dessen Äste sich in alle Richtungen erstreckten, lag teilweise über dem Fluss. Nur nicht mit dem Kopf dagegenprallen!, ermahnte sie sich. Das wäre dein sicherer Tod!
Solange konzentrierte sich, als sie sich den äußeren Ästen näherte, doch sie stieß härter als erwartet dagegen. Bei dem Aufprall rammte sie sich die Knie in die Brust, und auch noch das letzte bisschen Luft entwich ihren Lungen. Als das Wasser sie wieder hinunterzog, warf sie die Hände hoch und schaffte es, ihren Arm um einen Ast zu werfen. Mit einem stummen Stoßgebet zum Himmel, dass er stark genug sein möge, um dem Druck des Wassers standzuhalten, sammelte sie all ihre Kräfte für den nächsten Schritt.
Bevor sie sich auf das Astwerk hinaufziehen konnte, hörte sie ein beängstigendes Geräusch. Es war kaum wahrzunehmen über das Rauschen des Wassers hinweg, aber es war eindeutig eine Stimme, eine Mischung aus Knurren und menschlicheren Lauten – die Stimme eines Jaguarmenschen! Für einen schrecklichen Moment verlor Solange fast den Halt an dem Ast, so bestürzt war sie. Am ganzen Körper zitternd
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