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Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
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in die Haare geraten waren. Obwohl Rohrig nicht gerade übermäßig viel von Byrons Versen hielt, verehrte er doch seinen Lebensstil, den er für wahre Dichtung hielt. Auf jeden Fall war es geschehen, daß er sich einer gegenteiligen Meinung erdreistet hatte.
    Das Ende vom Lied war gewesen, daß er ihr einige häßliche Dinge gesagt hatte und mit der Bemerkung aus dem Zimmer gestürmt war, daß er sie niemals wiedersehen wolle.
    Ella Rutherford glaubte nun, daß er sie nur aus dem Grunde beschlafen hätte, weil er in ihrem Kursus vorankommen wollte, und er den Streit nur deswegen vom Zaun gebrochen hätte, um sich von einer Frau ihres fortgeschrittenen Alters leichter trennen zu können. Das war natürlich falsch, denn Rohrig zog es sehr stark zu älteren Frauen hin. Im Endeffekt war es ihm aber doch immer schwerer gefallen, ihr Verlangen zu stillen. Es war ihm einfach nicht mehr möglich gewesen, sie, seine Frau, zwei Studentinnen, zwei Frauen, die mit Freunden von ihm verheiratet waren, eine Wirtin, die ihn mit Gratisdrinks versorgte, und die Hausmeisterin des Apartments, in dem er lebte, weiterhin ausreichend sexuell zu befriedigen.
    Fünf konnte er schaffen, acht nicht mehr. Der Entzug an Zeit, Energie und Samen führte dazu, daß er schließlich im Hörsaal einzuschlafen begann. Der einzige Ausweg, der ihm blieb, war der gewesen, mit seiner Professorin, einer der Studentinnen (es ging sowieso das Gerücht um, daß sie einen Tripper habe) und der Frau eines Freundes (die auch zuviel von ihm verlangte) zu brechen.
    Und jetzt sagte die Rutherford mit zusammengekniffenen Blauaugen: »Sie haben sich bisher ganz gut geschlagen, Mr. Rohrig. Bis jetzt.«
    Sie machte eine Pause. Rohrig fühlte sich plötzlich entsetzlich nervös. Sein Anus verengte sich. Schweiß lief ihm übers Gesicht und tröpfelte aus seinen Achselhöhlen. Er sah sie plötzlich vor sich, wie sie am Abend zuvor dagesessen und einen Plan entwickelt hatte, der ihn zu Fall bringen sollte – einen teuflisch ausgeklügelten, besonders niederträchtigen Plan.
    Die Herren Doktoren Durham und Pur stellten ihr Fingerspitzengetrommel ein. Es schien interessant zu werden. Ihre Kollegin erschien ihnen plötzlich in einem völlig neuen Licht; sie wirkte wie eine Tigerin, die zum Sprung auf ein ängstlich zusammengeducktes Lämmchen ansetzte. Jeden Moment konnte der Blitz einschlagen, der den unglücklichen Kandidaten seines Pimmels berauben mußte, falls der sich nicht schon jetzt in seinem Hintern verkrochen hatte.
    Rohrig tastete fahrig nach den Lehnen seines Stuhls. Von seiner Stirn lief der Schweiß wie eine Herde von Mäusen, die sich vor einem Schweizer Käse fürchteten. Schweiß, säuerlicher Schweiß brannte in seinen Achselhöhlen. Was, zum Teufel, kam da auf ihn zu?
    Die Rutherford sagte: »Sie scheinen den Gegenstand Ihrer Arbeit durch- und durch zu kennen und haben uns eine bemerkenswerte Demonstration Ihres Wissens um ein doch eher obskures Gebiet der Dichtkunst geliefert. Ich versichere Ihnen, daß wir alle stolz auf Sie sind und das Gefühl haben, unsere Zeit im Klassenzimmer mit Ihnen nicht vertrödelt zu haben.«
    Womit die listige Hündin ihm natürlich nichts anderes nahe bringen wollte als die Tatsache, daß dies für die gemeinsam verbrachte Zeit in ihrem Apartment nicht galt. Aber diese Bemerkung war nur ein kleiner Seitenhieb, ein Vorstoß, der dazu beitragen sollte, ihn zu verletzen, nicht zu töten. Sie bereitete ihn damit auf den Generalangriff vor. Es kam selten – beinahe nie – vor, daß die Professoren, die einem das Examen abnahmen, dem Kandidaten während der Folter gratulierten. Das taten sie höchstens anschließend, wenn sie darüber abgestimmt hatten, ob er bestanden hatte.
    »Und jetzt…«, sagte die Rutherford gedehnt, »sagen Sie mir…« – Sie machte eine Pause und knackte mit den Fingerknöcheln – »… sagen Sie mir, Mr. Rohrig, wo Wales überhaupt liegt?«
    Irgend etwas in Rohrigs Innerem verlor den Halt und plumpste in die Tiefen seines Magens hinab. Er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und stöhnte auf.
    »Mutter Maria, voll der Gnade! Ich bin am Arsch! Heiliger Dagobert Duck!«
    Dr. Pur, die Vorsitzende der Prüfungskommission, wurde blaß, denn es war das erste Mal in ihrem Leben, daß sie ein Wort wie »Arsch« zu hören bekam.
    Dr. Durham, die in der Regel in Tränen ausbrach, wenn sie ihren Studenten Gedichte vorlas, sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Lediglich Dr. Rutherford, die

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