Das Dunkle Muster
nähern.
Lächelnd und mit glänzenden schwarzen Augen sagte Piscator: »Ist dir je der Gedanke gekommen, daß sich einer von ihnen auf unserem Schiff aufhalten könnte?«
Jill erstickte beinahe, als sie den Zigarettenrauch inhalierte. Nachdem sie den Hustenanfall überwunden hatte, erwiderte sie nach Luft schnappend: »Was, zum Teufel, meinst du damit?«
»Daß sie irgendwelche Spitzel in unseren Reihen versteckt haben könnten.«
»Und welchen Grund hast du, das anzunehmen?«
»Es war nur eine Idee«, erwiderte Piscator. »Wäre es denn so unwahrscheinlich, daß sie uns überwachen?«
»Ich glaube, daß du mehr weißt, als du zugibst. Wie kommst du auf solche Ideen? Es würde dir sicher keine Zacke aus der Krone brechen, wenn du es mir erzählen würdest.«
»Es ist nichts anderes als eine unbegründete Spekulation.«
»Und innerhalb dieser unbegründeten Spekulation, wie du es nennst, gibt es jemanden, von dem du glaubst, er könnte einer der ihren sein?«
»Es wäre sicherlich nicht gerade klug, so etwas zu behaupten, selbst wenn es jemanden dieser Art hier gäbe. Ich würde niemals den Finger auf jemanden richten, der möglicherweise unschuldig ist.«
»Du verdächtigst mich doch nicht etwa?«
»Ich wäre ein Trottel, wenn ich dann auch noch mit dir über dieses Thema reden würde. Nein, ich denke lediglich etwas laut. Das ist eine bedauerliche Angewohnheit, die ich selbst nur zu gerne los wäre.«
»Ich kann mich nicht daran erinnern, daß du früher auch laut gedacht hast.«
Da Piscator ihr deutlich machte, daß er keinen Drang verspürte, seiner Andeutung noch etwas hinzuzufügen, ließ auch Jill es dabei bewenden, aber für den Rest ihrer Wache war sie damit beschäftigt, über das nachzudenken, was Piscator möglicherweise beobachtet und ihn dazu veranlaßt hatte, dahinter ein System zu suchen. Schließlich brummte ihr der Schädel, und sie ging frustriert wieder zu Bett. Vielleicht hatte er sie auch nur auf den Arm nehmen wollen.
Am Nachmittag, nur zwei Minuten später, als sie vorhergesagt hatte, kamen die Gipfel der Polarberge in Sicht. Sie sahen wie Wolken aus, aber das Radargerät sprach eine andere Sprache. Es waren Berge, oder besser gesagt, ein einziger, kreisförmiger Bergwall, der den Polarsee umgab. Als Firebrass seine Höhen maß, stöhnte er auf.
»Neuntausendsiebenhundertdreiundfünfzig Meter! Das Ding ist höher als der Mount Everest!«
Er stöhnte aus gutem Grund. Die anderen schauten verwirrt. Das Luftschiff konnte auf keinen Fall höher als bis 9000 Meter steigen, und auch dazu würde Firebrass den Befehl nur sehr zögernd geben. Theoretisch gesehen war das genau die Druckhöhe, die die Gasbehälter ertragen konnten. Wenn sie über diese Höhe hinausgingen, bedeutete das, daß die automatischen Ventile der Behälter Wasserstoff freisetzten, weil sie sonst explodieren würden, da sie ihre Aufblähungsgrenze erreicht hatten.
Es gefiel Firebrass gar nicht, das Schiff bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit zu bringen. Ein unerwarteter Schub an warmer Luft konnte außerdem dazu beitragen, den Wasserstoff in den Behältern noch weiter auszudehnen und das Schiff noch mehr ins Schwimmen bringen, als der Sicherheit zuträglich war. Unter diesen Umständen würde die Parseval schnell aufsteigen, und der Pilot mußte gleichermaßen schnell reagieren, die Nase des Luftschiffs unten halten und im gleichen Moment die Propeller kippen, um eine Sinkbewegung einzuleiten. Wenn ein solches Manöver schiefging, würde das Gas sich unter dem geringeren atmosphärischen Druck ausdehnen und die Zellenwände bis an den Rand des Berstens bringen.
Selbst wenn das Schiff diese Situation überstand, würde der Verlust des durch die Ventile ausgetretenen Gases bedeuten, daß es schwerer wurde. Und die einzige Möglichkeit, es wieder zu erleichtern, bestand im Abwerfen von Ballast. Und wenn man zuviel Ballast über Bord gehen ließ, würde die Parseval wieder zu stark ins Schwimmen geraten.
Firebrass sagte: »Wenn es überall so aussieht wie hier, sind wir aufgeschmissen. Aber Joe hat gesagt…«
Er blieb einen Moment stehen, dachte nach und warf einen Blick auf die finstere, unheilverkündende Masse, die vor ihnen aufragte. Unter ihnen wand sich das seit ewigen Zeiten von Nebelbänken bedeckte Tal schlangengleich dahin. Es war kalt in diesem Gebiet, und sie hatten die Doppelreihe von Gralsteinen bereits seit geraumer Zeit hinter sich gelassen. Trotzdem zeigten die Radaranlagen und die
Weitere Kostenlose Bücher