Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dunkle Muster

Das Dunkle Muster

Titel: Das Dunkle Muster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
mochten.
    »Fadlis descensus Averni«, murmelte Jill. Wie hieß es weiter? Es fiel ihr nach all den Jahren nicht leicht, sich die Verse Vergils ins Gedächtnis zu rufen. Es ist leicht, in die Hölle zu gelangen, denn ihre Tore sind Tag und Nacht geöffnet. Aber zurückzukehren an die Oberfläche, seine eig’nen Schritte zurückzugehen, das ist die Schwierigkeit, die unüberwindliche.
    Das Ärgerliche war, daß das Zitat nicht zutraf. Es erwies sich als unglaublich schwierig, zu den Toren zu gelangen – ausgenommen für einen einzigen. Und die Rückkehr war leicht gewesen – ausgenommen für denselben.
    Jill aktivierte ihr Funksprechgerät.
    »Cyrano, hier spricht der Kapitän.«
    »Was ist, mein Kapitän?«
    »Sag mal, weinst du?«
    »Aber natürlich. Habe ich Firebrass nicht liebgehabt? Ich schäme mich meines Kummers nicht. Ich bin kein kühler Angelsachse.«
    »Das behauptet auch niemand. Reiß dich zusammen! Wir haben eine Menge Arbeit zu erledigen.«
    Cyrano schniefte. Dann sagte er: »Ich bin mir dessen bewußt. Ich bin bereit und einsatzfähig, genauso wie jeder andere Mann. Wie lauten deine Befehle?«
    »Du weißt, daß Nikitin dich ablösen wird. Ich möchte, daß du fünfundzwanzig Kilogramm Plastiksprengstoff mitbringst.«
    »Ja, ich höre. Hast du etwa vor, den Turm in die Luft zu jagen?«
    »Nein, nur den Eingang.«
    Eine halbe Stunde verging. Auf der Parseval wurden die Posten gewechselt. Es war ein langer Prozeß, die Männer und Frauen an Bord gegen die auf dem Turmdach auszutauschen, da für jeden einzelnen, der die Parseval bestieg, ein anderer hinabsteigen mußte. Eine auf diese Weise durchgeführte Wachablösung kostete zwar Zeit, war aber notwendig. Wenn alle achtundvierzig auf einmal von Bord gegangen wären, wäre die Parseval ins Schwimmen geraten. Sie wäre höher hinaufgestiegen und hätte verhindert, daß die am Boden Stehenden hätten nach den Seilen greifen können.
    Schließlich sah Jill die Lichter und hörte die Stimmen der Neuankömmlinge.
    Sie berichtete, was passiert war, aber die Leute wußten bereits Bescheid. Dann informierte Jill sie über das, was auf sie zukam und was sie von ihnen erwartete.
    Das Resultat war, daß niemand auch nur annähernd so weit kam wie Piscator.
    »Na schön«, sagte Jill.
    Der Plastiksprengstoff wurde außerhalb des Bunkers befestigt, und zwar an einem Punkt, der etwa auf halbem Wege des Korridors lag. Jill hätte die Ladung an sich lieber anderswo gesehen, und zwar am Berührungspunkt der Bunkerrückseite und der Turmmauer. Sie befürchtete, daß die Explosion ein großes Loch in den Bunker reißen und möglicherweise Piscator töten könnte.
    Die Parseval zog sich etwas zurück. Dann drückte der Sprengstoffexperte einen Knopf. Der Knall war ohrenbetäubend. Die Männer rannten auf den Bunker zu und der Qualm ließ sie husten. Nachdem die Luft wieder einigermaßen klar war, sah Jill, daß sie nichts erreicht hatten.
    Der Bunker war unversehrt.
    »Wie erwartet«, murmelte sie.
    Sie hatte Piscator zugerufen, daß er erst dann herauskommen sollte, wenn die Explosion vorbei war. Er hatte nicht geantwortet. Jill hatte vermutet, daß er das nicht konnte, aber Vermutungen waren keine Gewißheiten.
    Erneut drang sie soweit in den Gang vor, wie die Umstände es erlaubten. Nichts setzte sich dem mit einem langen Griff versehenen Haken, den sie bei sich trug, entgegen, als sie ihn in den Korridor hineinwarf. Es gelang ihr sogar, ein mit Metall beschwertes Kleidungsstück durch die Barriere zu schleudern. Das Feld ließ also anorganische Materie passieren.
    Mit einem langen Periskop hätten sie um die Ecke sehen können. Leider gehörte ein solches Instrument nicht zur Schiffsausrüstung. Aber Jill gab sich damit noch nicht geschlagen. Sie hatten eine kleine Werkstatt an Bord der Parseval. Es durfte keine Schwierigkeit sein, einen Karren herzustellen, den man bis zum Korridorende schieben konnte. Darauf konnte man eine ferngesteuerte Kamera befestigen.
    Der Stellvertreter des Chefingenieurs sagte, er sei in der Lage, ein solches »Ding« in einer Stunde zu bauen. Jill gab ihm den Auftrag und erteilte drei Männern den Befehl, inzwischen im Innern des Bunkers Wache zu stehen.
    »Wenn Piscator auftaucht, rufen Sie mich über Funk.«
    Ins Schiff zurückgekehrt, rief sie sofort die Werkstatt an.
    »Können Sie an dem Ding arbeiten, während wir aufsteigen? Vielleicht wird es ein wenig stürmisch werden.«
    »Keine Schwierigkeiten, Kapitän. Nun, das heißt

Weitere Kostenlose Bücher