Das dunkle Netz der Lügen
unerreichbar. Einen Moment lang war drinnen alles still, dann konnte Zita hören, wie er sich an der anderen Tür zu schaffen machte.Verzweifelt sah Zita zur Treppe, in der Hoffnung, dass endlich jemand zu Hilfe kam. Hoffentlich waren Finchen und die Kleinen in Sicherheit! Aber was konnte sie allein tun? Noch immer polterte Simon gegen die Tür zwischen den beiden Zimmern, und schließlich hörte Zita, wie das Holz splitterte. Er hatte die Tür aufgebrochen, Finchen war ihm schutzlos ausgeliefert.
In diesem Moment kam der Commissar in seinem Haus an. Er rannte die Treppe hinauf. «Was ist dadrinnen los?»
«Ich habe ihn angegriffen, damit sich Finchen mit den Kindern in dem anderen Zimmer in Sicherheit bringen konnte. Aber er ist durch die Tür gekommen. Hören Sie, wie er tobt?»
Der Commissar sah den Stock in Zitas Hand. «Das war sehr mutig. Ist hier abgeschlossen?»
Zita nickte.
Er schloss auf und zog seinen Säbel. Zita folgte dem Commissar, bis er sie zurückhielt. Wie schon zuvor bei Zita bemerkte Simon nicht, dass der Commissar mit gezücktem Säbel hinter ihm stand. Finchen lag bewusstlos neben dem Bett, die Kinder waren ganz starr vor Angst. Und immer noch schlug Simon, diesmal mit dem Stuhlbein, auf sie ein.
«Simon, leg das Stuhlbein hin!», sagte der Commissar ruhig.
«Ich werde ihr zeigen, was es heißt, sich ihrem Mann zu widersetzen», presste Simon hervor. «Ich bin der Mann im Haus, sie hat mir zu gehorchen.» Er sprach wie im Traum, ohne Robert anzuschauen.
«Ich habe meinen Säbel gezogen, und ich werde zustechen, Simon.» Er warf einen Blick auf Finchen, die sich aber immer noch nicht regte.
Simon drehte sich um, und Borghoff hielt ihm sofort die Klinge an den Hals. «Weg mit dem Stuhlbein!»
Doch Simon wollte nicht gehorchen. Ganz langsam hob er die Hand. Borghoff trat noch näher an ihn heran. «Glaubst du, ich werde nicht mit dir fertig, besoffen wie du bist?» Dann holte er mit der linken Faust aus und schlug Simon zu Boden. Sofort kniete er sich auf ihn.
«Lauf hinunter, Zita, und hole etwas, womit ich ihn fesseln kann.»
Zita rannte los und kam kurze Zeit später mit starkem Küchengarn zurück. «Was anderes habe ich so schnell nicht gefunden.»
«Das genügt erst einmal. Sieh nach, ob Finchen noch atmet.»
Inzwischen war Maria mit Inspektor Ebel eingetroffen. Maria, die oft mit Finchens Kindern Umgang hatte, holte die verstörten Kleinen sofort aus dem Zimmer. «Mama, Mama», schrie die kleine Sophie. Oskar, der Älteste, ging mit versteinertem Gesicht aus dem Zimmer. «Es wird alles wieder gut, Oskar, wir passen jetzt auf deine Mutter auf», sagte Robert beruhigend.
«Ich nehme sie erst einmal mit nach unten in die Küche», sagte Maria, so ruhig sie konnte. Fragend sah sie Zita an, die vorsichtig Finchen untersuchte.
«Sie lebt», sagte diese. Aber Finchen war bewusstlos und blutete aus vielen Wunden. «Wir müssen sofort einen Arzt holen.»
«Dr. Feldkamp ist nicht in der Stadt», sagte Ebel. «Und Dr. Havemann ist heute beim Phoenix draußen und begutachtet die neuen Arbeiter.»
Robert, der Simon die Hände gut verschnürt hatte, musste sich von Ebel helfen lassen, um ihn wieder auf die Füße zu bekommen. «Ich will sie nicht dem alten Bleiweiß überlassen.»
«Ich wüsste jemanden, der helfen kann.» Zita stand auf. «Mein Freund Hermann Demuth. Er arbeitet zwar auf demPhoenix, aber er ist Mediziner. Ein guter Chirurg und Arzt. Seine Schicht hat noch nicht begonnen.»
Robert überlegte nicht lange. «Gut, hol ihn her. Sag ihm, ich schreibe ihm etwas für die Hüttenleitung. Ich bleibe so lange bei Finchen.»
«Ich bin gleich zurück.» Zita lief hinüber in die Werkstatt, um sich ihr warmes Umschlagtuch zu holen, und lief dann los.
«Ebel, legen wir Finchen auf das Bett. Und dann bringen Sie Simon ins Gewahrsam», ordnete Robert Borghoff an.
«Ins Gewahrsam?», fragte Ebel erstaunt. «Einen Mann, der seine Ehefrau gezüchtigt hat?»
«Einen Mann, der versucht hat, seine Ehefrau totzuschlagen. Das ist ein Befehl, Ebel.»
Kopfschüttelnd schob Ebel Simon aus dem Raum.
Robert sah sich Finchens Wunden an und drückte sein sauberes Taschentuch auf eine besonders schlimme Blutung an der Stirn.
Finchen kam kurz zu sich. «Es ist vorbei, Finchen, alles wird wieder gut.»
«Herr Commissar …», flüsterte sie und sank dann wieder zurück in die Bewusstlosigkeit.
Sie war nicht noch einmal wach geworden, als Zita zurückkam. Bei ihr war Hermann Demuth in
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