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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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«Herr Weigel, ich bitte Sie, versuchen Sie, es ihr auszureden. Ich hatte mich gerade darauf eingerichtet, eine Weile in der Stadt zu bleiben.»
    «Ich werde mein Bestes tun, Herr Baron.» Weigel folgte Elise von Sannberg.
    «Mussten wir über diese Dinge sprechen?» Guste Messmer war die Situation sichtlich unangenehm.
    «Wenn ich dadurch verhindern kann, dass sie unbedingt in das Haus der Wienholds ziehen möchte, ja.» Von Sannberg erhob sich ebenfalls aus seinem Sessel. «Aber vielleicht hätte ich die Leiche im Hof nicht erwähnen sollen.» Er sah Robert an. «Ich werde William Weinhagen wegen des Hauses in der Harmoniestraße ansprechen. Hat jemand Lust auf einen Cognac?»
    Während die Herren Cognac tranken und die Damen einen Likör, bat Aaltje Lina unter dem Vorwand, es sei etwas mit ihrem Kleid, nach draußen in den kleinen Hausflur.
    Mit zitternden Händen zog sie ein Schreiben aus ihrem mächtigen Dekolleté und reichte es Lina. Es stammte vom Duisburger Gericht. «Mina ist zu dem Gericht gegangen. Sie wil de jongens zurück.»
    «Das haben wir doch erwartet.» Lina nahm den Brief und sah die Adresse der Klägerin. Wallstraße 237.   Mina war also in Duisburg geblieben. «Hat Georg schon etwas unternommen?»
    Aaltje nickte. «Er hat den Papieren von Robert an ein Advokat gegeben.»
    In Roberts Akte, die zum größten Teil aus Quellen der Königlichen Polizei stammte, würde genug stehen, um Mina für immer von ihren Söhnen fernzuhalten.
    «Wissen die Jungen davon?», fragte Lina.
    «Nee. Dann würde Emil uns noch mehr Schwierigkeite make. Er redet nicht mit uns», sagte Aaltje leise. «Seit sie da war, redet er kein Wort mit uns. Er treibt sich herum. Manchmal kommt er nicht nach Hause. Und er geht nicht zu dem Unterricht, verschwindet einfach morgens aus dem Haus und lässt seinen Hauslehrer stehen.»
    Lina runzelte die Stirn. «Aaltje, auch wenn Georg das nicht möchte, du musst Robert Bescheid geben, wenn ihr erfahrt, dass der Junge nicht in der Schule ist. Vielleicht ist es ihm eine Lehre, wenn er von der Polizei nach Hause gebracht wird.»
    «Dat mit Emil is schlimm, aber dat is nicht dat Schlimmste. Ich hab nachgedacht, Lina. Mina, die weiß so viel. Mina weet doch, dat min Meijse dood is.» Aaltjes mächtiger Körper begann zu beben. «Und Georg weiß von gar nichts.»
    «Ja, daran habe ich auch schon gedacht.»
    Aber ahnte Mina tatsächlich, dass Carolinchen nicht die leibliche Tochter der Kaufmeisters war? Nach Aaltjes Totgeburt damals hatte sie das neugeborene elternlose Mädchen, das Minas Bande zurückgelassen hatte, zu sich genommen. Und Georg, damals auf Reisen, hatte nie etwas davon erfahren. Er hielt Carolinchen für sein eigen Fleisch und Blut. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn Mina ihrem Bruder die Wahrheit offenbarte.
    «Wir müssen einfach das Beste hoffen», sagte Lina und streichelte ihrer Schwägerin über die Schulter. Aber genauso gut konnte es sein, dass Mina eins und eins zusammenzählte und dann ein noch größeres Unheil anrichtete, insgeheim befürchtete Lina das ja auch.
    «Reiß dich jetzt zusammen, Aaltje. Georg möchte sichernicht hier über das Gerichtsschreiben sprechen. Ich komme ja diese Woche noch zu dir, dann können wir in Ruhe reden.»
    Gerade in diesem Moment kam Elise wieder aus dem oberen Stockwerk herunter. «Ich habe begonnen zu packen», sagte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte. Sie schien sich nach dem Schreck über den Leichenfund im Hof beruhigt zu haben, und ihre Wangen waren wieder rosig.
    Kurz hinter ihr erschien Ferdinand Weigel, der einen großen Reisekoffer Stufe für Stufe die Treppe herunterzog. Sein Gesicht war gerötet, doch war der Koffer wohl eher sperrig als schwer. Lina glaubte nicht, dass Elise ohne Dienstmädchen in der kurzen Zeit in der Lage gewesen war, viele schwere Kleider einzupacken. «Herr Weigel wird zum Gut reiten, dann können sie alles für meine Ankunft vorbereiten. Der Hausdiener holt bereits die Kutsche.»
    Da in der Friedrich-Wilhelm-Straße kein Platz für die Kutsche des Barons war, wurde sie gewöhnlich beim Hotel Heckmann untergestellt.
    «Sie sollten sich wirklich beeilen, sonst verpassen Sie die letzte Fähre», bemerkte Lina trocken und hatte ein wenig Spaß daran, dass Elise nervös zu der großen Standuhr, die am anderen Ende des Flurs stand, blickte.
    Doch kurz darauf kam der Diener mit der Kutsche, Weigels gesatteltes Pferd

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