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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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sie sich, gleich mit ihr zu reden.
     
    Finchen hatte das Licht noch nicht gelöscht. Sie saß, viele Kissen im Rücken, im Bett und las in einem Buch, das Lina ihr gegeben hatte. Damit sie nachts ihre Ruhe hatte, schliefen die Kinder immer noch in den Dachkammern.
    Als sie Linas ernstes Gesicht sah, schien sie schon zu ahnen, dass es nichts Erfreuliches war, was Lina ihr zu sagen hatte.
    «Geht es dir gut? Ich hatte heute überhaupt keine Zeit, um nach dir zu sehen.»
    Finchen nickte. «Ich weiß doch, dass im Salon viel zu tun ist, Gott sei Dank!» Sie legte das Buch zur Seite. «Es geht mirviel besser. Es tut zwar alles noch weh, wenn ich mich bewege, aber mir ist nicht mehr übel, und ich denke, ich kann auch aufstehen   …»
    Lina zog sich einen Stuhl heran. «Du solltest nichts überstürzen, Finchen. Morgen will Dr.   Feldkamp noch einmal nach dir sehen, und erst wenn er es erlaubt, solltest du es versuchen.» Sie machte eine Pause. «Finchen, ich möchte dir deine gute Laune nicht verderben, aber wir müssen über Simon sprechen.»
    Finchen sah sie nicht an. «Ja, das müssen wir wohl.»
    «Liebst du ihn noch?»
    Finchen schloss die Augen. «Ich weiß es nicht, Frau Borghoff. Wir haben viel miteinander durchgestanden. Aber wenn ich jetzt nicht sicher bin   … dann bedeutet das doch, dass ich ihn nicht mehr liebe, oder?» Sie schüttelte plötzlich den Kopf. «Die ganze Zeit war es so, als hätte ich ein fünftes Kind, das nur Ärger macht. Er hat nie verstanden, dass verheiratet sein bedeutet, für eine Familie verantwortlich zu sein. Er sah nur sein Recht, mir ein Kind nach dem anderen zu machen. Wenn wir nicht hier bei Ihnen gewesen wären, hätte es niemanden gegeben, auf den ich mich hätte verlassen können.»
    Lina zögerte ein wenig. «Wir können dafür sorgen, dass er für immer fortbleibt. Das ist sicher nicht ganz nach dem Gesetz, und Robert missbraucht sein Amt nicht gern, aber du weißt, dass er es für dich tun würde.»
    Finchen kamen die Tränen. «Ich will den Commissar nicht in Schwierigkeiten bringen.»
    «Aber Kind, wo denkst du hin. Er ist der Polizeichef, und der Bürgermeister steht hinter ihm, glaubst du, wegen eines kleinen Hausdieners würde er Schwierigkeiten bekommen?» Lina reichte ihr ein Taschentuch. «Es ist nur so, Finchen, wenn er das für dich tut, dann müssen wir uns sicher sein, dass du es dir mit Simon nicht anders überlegst, auch wenn er der Vater deiner Kinder ist. Wir wollen ihn hier dann nicht mehr sehenund würden in den nächsten Tagen einen neuen Hausdiener einstellen.»
    Finchen atmete tief durch. «Ich habe bisher keine solche Möglichkeit gesehen. Nur, dass ich mit ihm gehen müsste, wenn Sie ihn hinauswerfen.»
    Lina nahm ihre Hand. «Wir haben zu dir gehalten, als du eine unverheiratete Mutter warst, und wir würden auch zu dir halten, wenn du eine geschiedene Frau wärst.»
    Finchen sah sie entsetzt an. «Scheidung? Aber das gehört sich doch nicht. Reiche Leute wie der Baron oder seine Tochter, die lassen sich scheiden. Kennen Sie eine Arbeiterin oder Hausangestellte, die geschieden ist?»
    «Nein», musste Lina zugeben. «Ich kenne aber auch außer dir kein Hausmädchen, das mit einem unehelichen Kind eine Anstellung bekommen hat. Es wird schwer sein, Finchen. Aber du wirst nicht allein dastehen.»
    Finchen war nicht überzeugt. «Und wenn er behauptet, dass ich ihn böswillig verlassen habe, kann er mir sicher die Kinder wegnehmen. Nein, das geht nicht.»
    «Finchen, der Commissar kann ihn auch dazu zwingen, ohne Bedingungen in eine Scheidung einzuwilligen.»
    «Und vor Gericht? Die Richter halten nicht viel von Frauen, die ihre Männer verlassen.»
    «Gut», sagte Lina, die nicht weiter in sie dringen wollte. «Denke noch einmal darüber nach. Bis dahin sorgt Robert einstweilen dafür, dass Simon dich in Ruhe lässt – wenn du es willst.»
    «Ja, das will ich. Danke.»
    Lina stand auf und stellte den Stuhl wieder weg. «Gefällt dir das Buch?», fragte sie. Finchen hatte zuvor noch nie Bücher gelesen, nur manchmal in die «Gartenlaube» geschaut. Von Scheffels
Ekkehard
, ein Buch, das sie einmal vom Baron geschenkt bekommen hatte, schien ihr die richtige Lektüre zu sein.
    «Ja, es gefällt mir gut. Wenn ich mal alt bin und viel Zeit habe, werde ich sicher mehr Bücher lesen», sagte Finchen. «Aber für heute ist es, glaube ich, genug. Ich werde jetzt versuchen zu schlafen.»
     
    Auch Robert war schon dabei, sich bettfertig zu machen. «Wie hat

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