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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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sie es aufgenommen?», fragte er.
    «Sie will sich nicht scheiden lassen, der Gedanke ist ihr völlig fremd. Aber ich habe ihr versprochen, dass du Simon zwingen kannst, sich von ihr fernzuhalten.» Lina sah auf den Boden wie ein schuldbewusstes Schulmädchen. «Ich weiß, dass das ein Amtsmissbrauch ist   …»
    «Und eine gute Tat. Ich werde ihm so die Hölle heiß machen, dass er nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Er muss Ruhrort so schnell wie möglich verlassen.»
    «Und der Bürgermeister wird keine Schwierigkeiten machen?»
    «Warum sollte ihn ein weiterer spielender, saufender Herumtreiber ohne Arbeit interessieren? Im Gegenteil, er wird froh sein, wenn so einer sich nicht mehr in Ruhrort aufhält.» Er schlüpfte in sein Nachthemd. Dann half er Lina aus ihren Schuhen.
    «Und du hast keine Gewissensbisse deswegen?»
    «Bei jedem anderen vielleicht. Aber nach dem, was er Finchen angetan hat, hat er jegliche Rechte verwirkt. Ich liebe dieses Mädchen wie meine Tochter, das weißt du doch.»
    «Ja, aber du hast auch Simon einmal als deinen Sohn betrachtet», sagte Lina leise.
    «Wir beide haben das, Lina.» Er wischte sich mit der Hand über das gesunde Auge. «Damit ist es vorbei. Und das ist seine Schuld, nicht unsere.» Er löschte die Lampe.
    Eine Weile war es still, aber beide wussten, dass der andere nicht schlief.
    «Robert.» Lina klang selten so zaghaft. «Bist du   … bist du eigentlich enttäuscht von mir, weil wir keine eigenen Kinder haben?»
    «Enttäuscht von dir?» Seine Stimme klang ganz erstaunt. «Es kann doch auch sein, dass nach den vielen schweren Verletzungen, die ich in meiner Militärzeit hatte   …»
    «Nein, Robert, es liegt an mir. Ich kann wohl keine Kinder austragen. Ich war zumindest einmal schwanger, aber es ist vor dem dritten Monat abgegangen. Das war vor vier Jahren.»
    Robert rollte sich auf die Seite, stützte sich auf seinen Arm und sah sie an. «Das hast du mir nie erzählt. Nur damals, die ein, zwei Male, wo du dich dann geirrt hattest.»
    «Bist du enttäuscht von mir?»
    Er rückte nah an sie heran und nahm sie in den Arm. «Nur, weil du mir nicht die Gelegenheit gegeben hast, den Schmerz mit dir durchzustehen.» Er küsste sie sanft auf die Wange. «Lina, wir waren beide nicht mehr jung, als wir uns gefunden haben. Und wir sind beide   … körperlich nicht unversehrt. Ja, ich wäre sehr glücklich über ein Kind mit dir gewesen, vor allem, weil du die Mutter gewesen wärst. Aber wenn das Schicksal es anders will, dann ist es gut so. Das Wichtigste in meinem Leben bist du, und du hast mir hier eine große Familie geschaffen, mit Finchen, ihren Kindern und den Näherinnen und Angestellten.» Er lachte plötzlich leise. «Wenn man es recht bedenkt, sind wir ja eigentlich schon Großeltern, und Oskar ist unser ältester Enkel.»
    Lina, die halb vor Glück, halb vor Kummer zu weinen begonnen hatte, sagte zwischen zwei Schluchzern. «Ich sagte ja, ich werde alt. Und nun machst du mich sogar zur Großmutter. Als Oskar geboren wurde, war ich erst sechsunddreißig.»
    Eng aneinandergeschmiegt lagen sie da. Was für Glück ich doch gehabt habe, Robert zu finden, war Linas letzter Gedanke, bevor sie einschlief.

7. K apitel
    Robert schob unangenehme Dinge nicht gerne auf. Während Lina am nächsten Tag mit Finchens Hilfe Simons persönliche Habe zusammensuchte, sprach er mit dem Bürgermeister, der ein Papier unterzeichnete, das Simon verbot, sich in Ruhrort aufzuhalten.
    Gemeinsam mit Polizeidiener Kramer holte er die zwei Bündel mit Kleidern und ein paar Gegenständen zu Hause ab, dann machten sie sich auf den Weg zum Gefängnis in der Kasteelstraße.
    Die Tage im Gefängnis hatten Simon zugesetzt. Er war schmutzig, unrasiert und stank, außerdem war er hager geworden. Der Bürgermeister hielt nicht viel davon, die Gefangenen mit gutem Essen zu verwöhnen.
    Robert hatte vom Gefängnisaufseher eine Waschschüssel und Rasierzeug verlangt. Ruhig sah er Simon zu, wie er sich wusch, rasierte und dann in ein sauberes Hemd und eine Hose stieg. Gierig machte er sich über den Eintopf her, den man ihm hingestellt hatte.
    «Danke», sagte Simon. «Danke, dass ich wieder nach Hause darf.»
    Robert zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. «Du wirst nicht wieder nach Hause kommen, Simon. Ich sagte dir bereits, dass meine Frau und ich dich nicht mehr unter unserem Dach dulden.»
    Simon sah ihn überrascht an. «Ich darf nicht zurück?» Noch immer schien er geglaubt zu

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