Das Dunkle Netz Der Rache
gestanden hatten, waren verschwunden.
Konnten sie Randy fortgebracht haben, während sie ihre Kreise gezogen hatte? Sollte sie noch ein paar Runden drehen, in der Hoffnung, dass sie irgendwann alle verschwanden? Die Dunkelheit drängte gegen das Auto ihrer Schwester. Sie wollte sich darin verbergen, hastig vor den Fabrikbüros fliehen, die wie der Wachturm eines Gefängnisses beleuchtet waren.
Sie umklammerte das Lenkrad und fuhr durch das Tor. Sie hätte sich gern für mutig gehalten, wusste aber, dass reine Hoffnungslosigkeit sie über den Parkplatz trieb, das Wissen, dass sie ihren Mann, sollte er verhaftet worden sein, nicht befreien konnte, und sie an der Polizei vorbeifahren musste, falls er irgendwo in der Fabrik immer noch auf freiem Fuß war. Ihr blieb keine Wahl. Er wartete auf sie.
Sie fuhr langsam, gleichmäßig, kurvte in weitem Bogen an der Festbeleuchtung des Verwaltungsgebäudes vorbei, wich aber nicht so weit aus, dass es verdächtig wirkte. Sie hatte sich eine Ausrede zurechtgelegt: Falls man sie anhielt und befragte, brachte sie ihrem Mann, der in der Fabrik arbeitete, etwas zu essen. Sie wusste, dass sich einige der Männer in der Spätschicht etwas zu essen mitbrachten, das die Mahlzeit mit der Familie ersetzte.
Sie wurde nicht angehalten. Niemand stürmte aus den Büros, um zu winken, zu rufen oder eine Pfeife schrillen zu lassen. Stattdessen bog sie um die Ecke auf den Angestelltenparkplatz, ein asphaltiertes Rechteck, das vom Rand des Bürogebäudes bis zur Uferböschung reichte. Ein Dutzend oder mehr Fahrzeuge, hauptsächlich Pick-ups und Geländewagen, verteilten sich unter wenigen fluoreszierenden Lampen auf Aluminiumpfählen. Vor der kahlen Fabrikmauer standen drei Picknicktische verlassen in der kalten Dunkelheit. Überall lagen Zigarettenkippen wie Patronenhülsen herum.
Lisa stieg aus dem Kombi ihrer Schwester. Randy hatte gesagt, er wollte sie hier treffen, aber sie wusste nicht, ob er den Wagen der Durkees erkennen würde. Sie lief zum schwarzen, rauschenden Fluss, an einem Pick-up vorüber, dann am nächsten. Der dritte war Randys.
»Baby?«, flüsterte sie. Nichts. Sie trat vorsichtig gegen die Tür. »Randy?«
Sein Gesicht erschien im Fenster. Sie hätte beinah geschrien, schlug sich aber noch rechtzeitig die Hand vor den Mund. Er bedeutete ihr, zur Beifahrerseite hinüberzugehen. Als sie in die Kabine stieg, klammerte er sich an sie, und sie vergrub ihre Hände in seinem Mantel, und sie umschlangen einander, als hätte ihre Trennung vier Jahre statt vier Stunden gedauert. Lisa konnte nicht aufhören, ihn zu streicheln. »Geht es dir gut?«, fragte sie wieder und wieder. »Ich hatte solche Angst, als ich die Bullen bei den Büros gesehen habe.«
»Ich weiß. Sie waren da, als ich versucht habe, die Mühle zu verlassen. Ich hab mir fast in die Hose gemacht. Eigentlich wollte ich zurück zur alten Fabrik und dort auf dich warten, aber dann habe ich gedacht, dass es im Wagen sicherer ist.«
»Okay«, sagte sie. »Okay.« Sie lehnte sich zurück, legte ein paar Zentimeter Abstand zwischen sich und Randy. »Verrat mir, was so wichtig ist, dass wir hier auf dem Parkplatz sitzen, wo wir jeden Moment erwischt werden können.«
Randy grinste. »Ich weiß, wer Eugene van der Hoeven umgebracht hat.«
Das war so weit jenseits von Lisas Erwartungen, dass sie zunächst glaubte, sie hätte sich verhört. »Wie bitte?«
»Ich weiß, wer Eugene van der Hoeven umgebracht hat. Es war Shaun Reid.«
»Mr. Reid? Der Typ, dem die Fabrik gehört?«
Randy nickte. Sie warf einen Blick durch die Windschutzscheibe und fragte sich, wann der Typ von Versteckte Kamera auftauchen und Randy, den gesamten Tag, alles, als kunstvollen Scherz enttarnen würde. »Aha«, sagte sie.
Er machte ein ungeduldiges Geräusch. »Kennst du die Frau, die vermisst wird? Millie van der Hoeven? Sie ist in der alten Mühle.« Er deutete auf die Stelle, wo das Bauwerk verrottete, hinter der gesichtslosen Backsteinmauer der neuen Fabrik. »Sie hat alles mit angesehen. Shaun Reid tötete ihren Bruder, sperrte sie in seinen Kofferraum und versteckte sie dann hier.«
»Ist das dein Ernst?«
»Selbstverständlich ist das mein Ernst.«
Sie beugte sich vor und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. »Okay. Und inwiefern kann dir das helfen?«
»Wir sagen Mr. Reid, dass wir sie haben. Wenn er gesteht, dass er Becky Castle zusammengeschlagen hat, verbergen wir sie weiter. Wenn er es nicht tut, lassen wir sie frei, und er ist
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