Das Dunkle Netz Der Rache
leicht enttäuscht. »Aber vielleicht ein wenig zu freizügig?« Er wedelte in Richtung von Clares Schultern und Brust. »Ich persönlich ziehe es vor, die Würde der Kirche durch solide, klassische Bekleidung zu wahren.« Aberforth trug noch immer seinen schwarzen Wollblazer und den Priesterkragen; hatte aber als Zugeständnis an den Abend sein schwarzes Hemd gegen ein dunkelviolettes getauscht.
Clare widerstand dem Drang, ihren Ausschnitt nach oben zu ziehen. »Ich versuche gerade, mir eine Kreuzung aus Geistlichengewändern und Abendkleidern vorzustellen. Eine schulterfreie Soutane vielleicht?«
Hugh lachte. »Ich schwöre dir, wenn du einen Businessplan aufstellst, bringe ich meine Firma dazu, sich zu beteiligen.« Er winkte den Barkeeper heran. »Möchtest du einen Macallan?«
Sie nickte. Nach dem Tag, der hinter ihr lag, wollte sie einige Macallans.
»Ms. Fergusson, Sie haben mir gar nicht erzählt, dass Ihr Freund der Neffe des Bischofs von Warwick ist.« Aberforth stützte seinen Ellbogen auf die Theke und prostete Hugh zu.
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Weil ich es nicht wusste.«
Hugh lächelte verschmitzt. »Ich hab dir doch gesagt, wir passen gut zusammen. Bleib bei mir, Vikarin, und du trägst das Pektoralkreuz auf der Brust, bevor du noch ›Reverend Parteger-Fergusson‹ sagen kannst.«
Sie starrte ihn an.
»Fergusson-Parteger«, schlug er vor, während er ihr ihren Whisky reichte.
Wie viel hatte er getrunken? »Das ist der albernste Name, den ich jemals gehört habe«, sagte sie. »Und ich halte sowieso nichts von Doppelnamen. Entweder man behält seinen alten Namen, oder man trägt den neuen.«
»Hört, hört!« Aberforth prostete ihnen zu. Aus der Lobby erklang eine Glocke, so perfekt in Klang und Modulation, dass es sich um eine Aufnahme handeln musste.
»Ich glaube, das ist das Signal, sich zum Essen zu begeben«, meinte Hugh. »Father Aberforth, es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen. Vielleicht sehen wir uns ja morgen.«
»Ganz sicher. Ich werde gemeinsam mit dem Bischof die Zehn-Uhr-Messe in St. Alban’s besuchen.«
»Ah, ja.« Hugh wirkte ertappt. Anglikaner und Bischofsneffe oder nicht, bis jetzt hatte Clare ihn noch nie in der Kirche gesehen. Sie zeigte Mitleid. »Musst du noch mal austreten, ehe wir zum Essen gehen?«
Hughs Miene heiterte sich auf. »Ja. Ja, muss ich. Ich treffe dich vor dem Ballsaal.« Er eilte davon, ehe Aberforth ihn wegen der Messe festnageln konnte.
Clare nahm ihr Whiskyglas und glitt vorsichtig vom Barhocker. »Wir sehen uns dann morgen früh in aller Frische, Father Aberforth.«
Er überraschte sie, indem er ihren nackten Arm ergriff. »Ms. Fergusson.« Sie musterte stirnrunzelnd seine Hand, aber er gab sie nicht frei. »Ich möchte Ihnen einen Rat geben. Die einzigen weiblichen Geistlichen, die das Zölibat einhalten können, sind entweder so alt und vertrocknet, dass es sie nicht mehr schert, oder sehen zu männlich aus, um Mitglieder des anderen Geschlechts zu interessieren.«
Ihre Finger krampften sich um das Glas. Hätte sie etwas, irgendetwas Schweres zur Hand gehabt, hätte sie ihm den Schädel eingeschlagen.
»Jede andere alleinstehende Frau erregt Aufmerksamkeiten der falschen Art. Wie es, wie ich höre, auch bei Ihnen der Fall sein soll.«
Sie erstarrte.
»Finden Sie einen netten jungen Mann und lassen Sie sich nieder. Ihre Gemeinde und Ihr Bischof werden es Ihnen danken. Mit der Hilfe des richtigen Gefährten könnten Sie vielleicht sogar eine kirchliche Laufbahn einschlagen, statt nur Ihrer Berufung zu folgen.«
Clare traute sich nicht zu antworten. Sie nickte dem Diakon steif zu, raffte mit einer Hand ihren Rock und stolzierte aus der Bar.
Hugh lungerte bereits vor dem Ballsaal herum. »Was ist los?«, fragte er. »Du bist schneeweiß.«
»Dieser … widerwärtige Kerl.« Sie hob ihren Drink und sah, dass ihre Hand zitterte. Sie stürzte die Hälfte des Whiskys in einem Zug hinunter.
»Immer mit der Ruhe«, erwiderte Hugh. »Der ist zu schade, um als Medizin geschluckt zu werden. Was hat der widerwärtige Kerl getan?«
»Er versicherte mir, ich hätte nur drei Möglichkeiten, wenn ich eine erfolgreiche Gemeindepriesterin sein wollte. Die Menopause hinter mich bringen, Lesbe werden oder heiraten.«
Hugh schwieg einen Augenblick. »Aha«, sagte er schließlich. »Ich vermute, das bedeutet, dass du jetzt bei Brunhilda drüben in der Frauenkommune Mondkreis eingeführt werden möchtest.«
Sie lachte.
»Komm schon«, sagte
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