Das Dunkle Netz Der Rache
fehlte nichts. Er durchquerte den Eingangsbereich und schloss die Tür zu den Büros auf. Er schwang sie weit auf. »Da wären wir. Hat sich nicht viel geändert. Mir gehört das, in dem mein Vater früher gesessen hat.«
Russ schlenderte in Shauns Büro, sein Blick registrierte jede Einzelheit. »Sieht aus, als hättest du ein bisschen umdekoriert.«
»Courtney«, sagte Shaun.
»Schönes Sofa. Lang genug, um sich richtig auszustrecken.«
»Ja, sie hat einen Blick für …« Er entdeckte den blassrosa Stofffetzen unter den Kissen im selben Moment wie Russ.
Russ bückte sich und zog ihn heraus. Es war ein rosa Stringtanga. Russ ließ ihn von seinem Finger baumeln. »Deiner?«
»Wo, zum Teufel, kommt der her?«
Russ bückte sich und zog die Lederpolster vom Sofagestell. Darunter lagen einige Münzen, Krümel, und, in eine Seite geknüllt, ein weiteres Stück Stoff. Russ hob es hoch, und es entpuppte sich als hauchdünne rosa Strumpfhose. Er blickte zu Shaun.
»Ich schwöre, ich weiß nicht, wie das Zeug hierherkommt. Ich habe es noch nie im Leben gesehen.«
»Wohin führt diese Tür?« Russ wies mit dem Kopf auf die Tür in der gegenüberliegenden Wand.
»Das ist mein Bad.«
»Benutzt es noch jemand? Vielleicht deine Sekretärin?« Russ’ öffnete die Tür und schaltete das Licht ein.
»Normalerweise … nein.«
Russ’ mächtiger Körper versperrte Shaun die Sicht in das Bad. »Willst du vielleicht deine Aussage zurücknehmen, dass du Becky Castle nicht kennst?«
»Ich habe diese Frau noch nie gesehen!« Shaun kämpfte darum, gleichmäßig zu atmen. Es war egal, was Russ wegen dieser Castle annahm. Was das betraf, war Shaun vollkommen unschuldig. Wichtig war, dass sie ihn nicht mit Eugene van der Hoeven in Verbindung brachten. Und dass sie der alten Mühle fernblieben.
»Komm und sieh es dir an.«
Shaun quetschte sich neben Russ ins Badezimmer. Dort, auf der Ablage, stand der Kosmetikbeutel einer Frau, mit geöffnetem Reißverschluss. Direkt daneben lagen Hängeohrringe, die Art, die zu einem – aus dem Augenwinkel sah Shaun etwas rosa aufblitzen. Er drehte sich um und erblickte ein trägerloses Satinabendkleid an der Duschstange. Es hing schief auf dem Bügel, als hätte es jemand hastig darübergeworfen und sich dann eilig davongemacht.
»Für mich sieht es so aus«, sagte Russ, »als wäre eine Frau hierhergekommen, um jemandem eine Privatvorstellung in ihrem schicken Ballkleid mit allen dazugehörigen Accessoires zu geben. Und dann hat sie sich von jemandem ausziehen lassen.« Er blickte zu Shaun hinunter. »Aber vielleicht bist du ja auch ein Transvestit.«
»Ich bin keine Transe«, protestierte Shaun.
Russ nickte. »Rosa würde dir sowieso nicht stehen.« Er bewegte sich zur Tür und zwang Shaun, vor ihm herzugehen. »Uns fehlt immer noch Beckys Mantel.«
»Das ist absurd. Du hast keinen Beweis, dass diese Sachen Becky Castle gehören.«
Russ ignorierte Shauns Proteste und ging zurück in den Empfangsbereich. »Hängt ihr hier eure Mäntel auf?« Er zog die Garderobentür auf.
Gott sei Dank hingen dort keine seltsamen Kleidungsstücke. »Der Regenmantel gehört meiner Sekretärin«, sagte er. »Und die anderen beiden sind meine.«
Russ tastete den Boden der Garderobe mit dem Stiefel ab, ehe er die Mäntel abklopfte. Er tauchte mit der Hand in Shauns Jackentasche und zog einen glänzenden Schlüsselbund heraus.
»Deiner?«
Shaun schüttelte den Kopf. Er war sprachlos.
»Mal sehen, ob der Schuh passt, hm?« Russ ging zur Tür und trat nach draußen. Shaun eilte hinter ihm her. Vor dem grünen Prius bückte sich Russ und schob den Schlüssel ins Schloss, wobei er darauf achtete, das Auto selbst nicht zu berühren. Er drehte ihn. Ein klickendes Geräusch ertönte, und die Zentralverriegelung sprang auf.
Russ richtete sich auf und sprach mit dem Polizisten in Uniform. »Noble, würdest du dich ans Funkgerät hängen und die Spurensicherung holen? Und lass Lyle auch einen Blick auf die Szene werfen, schließlich leitet er die Ermittlungen im Fall Becky Castle.«
Der Polizist nickte und verschwand in seinem Streifenwagen.
Russ drehte sich zu Shaun, ein trauriger Ausdruck umwölkte sein Gesicht. »So, alter Freund. Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest?«
19:15 Uhr
»Weshalb willst du ihn laufenlassen?« Lyle betrachtete mit hochgezogenen Augenbrauen Shaun Reid, der zusammengesunken am Empfangstisch hockte, während ein Beamter der Spurensicherung sein Ledersofa auf der Suche nach
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