Das Dunkle Netz Der Rache
vorgestreckten Armen, die Decke in den Händen. Ihr Blick folgte ihm, als er sie in die Decke hüllte, aber ansonsten rührte sie sich nicht, blieb stumm. Reglos. Er schlug die Ecken um, eine Geste, die ihn unangenehm an einen Liebhaber erinnerte, der seiner Liebsten in den Mantel hilft, oder an einen Vater, der sein Kind in ein Handtuch wickelt.
Sie versenkte ihre Zähne in seinem Arm.
»Jesus Christus«, brüllte er. Sie ließ nicht locker. Der Schmerz war unerträglich. Fast zufällig schlug er sie auf den Kopf, in dem Versuch, etwas, irgendetwas zu unternehmen, um den Schmerz zu vertreiben. Er schrie sie an, aber sie verbiss sich umso fester, und schließlich ballte er seine freie Hand zur Faust und schlug gegen ihre Schläfe, ein, zwei, drei Mal.
Sie sank zu Boden. Über seinen Oberarm rann Blut, hinterließ Flecken auf seinem teuren Hemd, tropfte auf seine auf den Bermudas geschneiderte Hose. Taumelnd kam er auf die Beine, presste die Hand auf die Wunde, Blut verschmierte seine Finger. »Gottverdammt«, fluchte er. Er hatte noch nie im Leben eine Frau geschlagen, aber in diesem Moment hätte er der auf der Decke zusammengebrochenen Blondine fröhlich die Scheiße aus dem Leib treten können. Nun nutzte er den Vorteil ihrer vorübergehenden Besinnungslosigkeit, packte sie an der Schulter und zerrte sie auf die Decke.
Sie stöhnte und regte sich schwach. Er warf die Decke über sie und stopfte sie sorgfältig unter ihr fest, ehe er sie einrollte. Innerhalb eines Augenblicks war sie so gut verschnürt wie Kleopatra in den berühmten Teppich.
»Lassen Sie mich frei«, sagte sie mit rauher Stimme.
»Damit Sie weiter an mir rumknabbern können? Vergessen Sie’s.« Er bückte sich und warf sie im Rettungsgriff über seine Schulter. Durch die Anstrengung wurde die Blutung an seinem Arm stärker. Während er sie mit beiden Händen abstützte, spürte er, wie das Blut in seine Achselhöhle floss. Steifbeinig schritt er zur Tür.
Sie grunzte und wand sich in der Decke, trat um sich, um ihn irgendwo zu treffen. Durch die Stoffschichten schlug er sie auf den Hintern. »Ich sag es nur ein Mal«, warnte er, »also hören Sie gut zu. Wir gehen die Stufen runter. Sie sind steil und rutschig, und einige befinden sich in keinem besonders guten Zustand. Falls Sie versuchen, zu fliehen oder mich anzugreifen, lasse ich Sie fallen. Ich will sie heil und gesund runterbringen, aber ich werde dafür nicht meinen Hals riskieren.«
Sie hörte auf. »Ich kriege dich, du Scheißkerl«, zischte sie. Vorsichtig, langsam, begann er den Abstieg. Die Stufen knarrten und ächzten unter der doppelten Last. Millies Körper verharrte reglos, aber ihr Mundwerk lief auf Hochtouren, knurrte unausgesetzt Drohungen, Warnungen, Beschuldigungen. Sein Arm pochte, und seine Beine zitterten, und stechende Schmerzen jagten durch seinen Rücken.
Zitternd trat er aus dem Turm. Er schwankte zur Schubkarre und warf die Frau hinein, ignorierte ihr Kreischen und das dumpfe Geräusch, mit dem ihr Kopf gegen die Holzwand prallte. Grob schob er sie in die Embryonalstellung.
»Keine Bewegung!«, befahl er.
»Fick dich!«
»Himmel«, murmelte er, packte die Griffe und brach in die Wälder auf. »Haben Sie noch nie vom Stockholm-Syndrom gehört? Sind Sie zu blöd, um sich bei jemandem einzuschmeicheln, der Macht über Leben oder Tod besitzt?« Das Verdrehte war, dass er jedes Wort meinte, das er sagte. Natürlich nicht, dass er sie töten würde – er war kein Ungeheuer –, aber dass er wirklich und wahrhaftig diese Macht besaß. »Ich könnte Ihnen alles Mögliche antun«, spann er den Gedanken weiter. »Und niemand würde es jemals erfahren.«
Danach hielt sie den Mund.
Er holperte mit ihr den mittlerweile vertrauten Pfad entlang. Nahe dem Haus blieb er stehen und lauschte auf Anzeichen, dass sie nicht allein waren. Er war jedoch zu müde und erschöpft, um das angespannte Lauschen lange durchhalten zu können, und nach wenigen Sekunden schob er die Karre auf die gekieste Einfahrt zu seinem Mercedes.
Sein Mercedes. Mist. Wer auch immer hier gewesen war, musste sein Auto bemerkt haben. Er schloss die Augen, seine Schläfen pochten. Okay. Einige Variablen lagen außerhalb seiner Kontrolle. Das musste er akzeptieren und weitermachen.
Er zog die Autoschlüssel heraus – und hinterließ dabei noch mehr Blutflecken auf seiner Hose – und öffnete den Kofferraum. »Ich verfrachte Sie in den Kofferraum«, sagte er zu dem Mädchen. »Ich fahre Sie zu einem
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