Das dunkle Paradies
des Hauses stand offen, und er trat ein, ohne anzuklopfen. Im Zimmer zu seiner Rechten standen zwei Polizeibeamte, eine Frau und ein durchtrainierter, hellhäutiger Mann mit längeren blonden Haaren, die er wie Kirk Douglas zurückgekämmt hatte. Die Frau weinte.
Der durchtrainierte Kerl hieß Jo Jo Genest. Die Frau war seine Ex.
»Heilige Scheiße«, sagte Jo Jo. »Da kommt der Chief. Hübsche Sonnenbrille, Chief, ganz schön L.A.-mäßig.«
Jesse sah ihn vollkommen ausdruckslos an.
»Liegt gegen Sie nicht ein Unterlassungsurteil vor, Sir?«, fragte Jesse.
»Scheint nicht richtig zu funktionieren, was?«, meinte Jo Jo.
»Was geht hier vor?«, wandte sich Jesse an Simpson.
»Suitcase« Simpson war ein kräftiger junger Beamter mit sehr hellem Teint und roten Wangen. In der High School-Mannschaft war er Stürmer gewesen. Er war jetzt zweiundzwanzig. Sein Partner hieß Anthony DeAngelo.
»Das hier ist Carole Genest«, sagte Simpson. »Sie hatuns gerufen. Beschuldigt ihren Ehemann, gewaltsam ins Haus eingedrungen zu sein und sie anschließend bedroht zu haben.«
»Stimmt das, Ma’am?«
Sie nickte. Ihre Augen waren rot, ihre Nase lief. Sie schniefte.
»Dieser Dreckskerl wird mich eines Tages noch mal umbringen«, stieß sie mit belegter Stimme hervor.
Jesse nickte.
»Kinder?«, fragte er.
»Ich hab sie nach oben geschickt«, sagte Carole. »Sie haben auch Angst vor ihm.«
»Anthony«, sagte Jesse, »hast du Kinder?«
DeAngelo nickte. »Drei.«
»Okay, geh hoch, such die Kinder und kümmere dich um sie.«
»Hey, Sie haben kein Recht, mit meinen Kindern zu sprechen«, sagte Jo Jo.
Jesse beachtete ihn nicht. Er nickte DeAngelo zu und er ging die Treppe nach oben.
»Hat er gedroht, Sie umzubringen, Ma’am?«, fragte Jesse.
»Das tut er andauernd. Außerdem ist er nicht mein Ehemann. Wir sind geschieden.«
»Vielleicht bist du geschieden, du Schlampe, aber ich nicht«, sagte Jo Jo. »Du bist meine Frau, solange ich es will.«
»Können Sie denn nichts gegen ihn unternehmen?«, fragte Carole.
»Doch, Ma’am«, sagte Jesse, »das können wir. Hat er Sie geschlagen oder auf andere Weise angegriffen?«
»Nicht heute. Diesmal hab ich die Cops gleich gerufen, als er auftauchte.«
»Haben Sie ihn hereingebeten?«
»Im Gegenteil. Ich hab noch extra abgeschlossen, aber er hat noch einen Schlüssel.«
»Das ist mein Haus«, sagte Jo Jo. Er lächelte nachsichtig, als hätte er es mit Kindern zu tun. »Sie ist meine Frau. Ich komme und gehe, wie es mir passt.«
»Hat er sich gewaltsam Eintritt verschafft?«
»Ja. Ich hab versucht, die Tür zuzuhalten, aber er … Sie müssen ihn ja nur ansehen. Was für eine Chance hab ich schon gegen ihn?«
»Sie haben sich genau richtig verhalten, Ma’am«, sagte Jesse.
»Und was ist mit Ihnen, Sie Schwächling?«, sagte Jo Jo zu Jesse. »Wie wollen Sie sich mir gegenüber verhalten?«
»Er hat Sie also nicht tätlich angegriffen?«
»Nicht dieses Mal. Er hatte keine Zeit dazu. Das letzte Mal, als er herkam, hat er mich verprügelt. Einmal hat er mich vergewaltigt. Ich hätte da schon zur Polizei gehen sollen, aber wir sind ja noch nicht lange geschieden und Sie kennen ja das Eherecht … Und dann die Kinder … Was sollen sie denn denken, wenn alle sagen, ihr Vater habe ihre Mutter vergewaltigt?«
Ihre Stimme versagte.
»Es hat keine Vergewaltigung gegeben, das weißt du ganz genau. Ein Ehemann kann seine Frau gar nicht vergewaltigen«, sagte Jo Jo. »Du bist nicht zu den Bullen gegangen, weil es dir gefallen hat.«
Während sie sich stritten, nickte Jesse gedankenverloren, als würde er an etwas ganz anderes denken.
»So wie’s aussieht, liegt hier kein Fall von Gewaltanwendung vor«, sagte Jesse zu Simpson. »Gewaltsames Eindringen vielleicht, obwohl er ja einen Schlüssel hatte. Aber ganz offensichtlich hat er gegen das Unterlassungsurteil verstoßen.«
Jo Jo lachte.
»Totaler Schwachsinn«, sagte er. »Unterlassungsurteile bedeuten überhaupt nichts, das wissen Sie so gut wie ich.«
»Ja, Sir«, sagte Jesse. »Das weiß ich.«
»Ich komm mit meinem Anwalt ins Gericht, krieg ’n neues Unterlassungsurteil und zwanzig Minuten später spazier ich wieder raus.«
»So läuft’s meistens«, sagte Jesse freundlich, »vor allem, wenn man Geld hat.«
»Das hab ich«, sagte Jo Jo, »und außerdem gute Beziehungen. Also kann ich hier jederzeit reinlatschen, sie zwischen die Beine fassen oder sonstwohin, sooft ich will.«
»Ist das wahr?«, fragte
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