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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert B. Parker
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    In der Wohnung war es sehr ruhig, als Jesse nach Hause kam. Nur die leisen Geräusche eines funktionierenden Wohnhauses untermalten die Stille. Jesse ging zu der Schiebetür, die zum Balkon hinausführte, und blickte auf die Bucht. Es war noch hell genug, dass man bis hinüber zum Neck blicken konnte. Ein einsamer Hummerkutter tuckerte Richtung Hafenmole, die anderen Boote, die auf der ruhigen Wasseroberfläche trieben, waren festgemacht und verlassen. Jesse mochte die Stille. Es war angenehm. Er stand eine Weile da, blickte auf den ruhigen Hafen und ließ die Stille in sich hineinsinken. Dann ging er in die Küche, holte die Flasche Black Label aus dem Schrank und goss einen Schluck über das Eis. Er ließ das Glas einen Moment lang herumstehen, während er sein Jackett über eine Stuhllehne hängte. Dann nahm er das Glas wieder und ging ins Wohnzimmer, um aus dem Fenster zu blicken und den ersten Schluck zu nehmen. Der erste Schluck nach Feierabend war immer das Größte. Er setzte sich in einen der Sessel, die er mit dem Apartment übernommen hatte, und legte seine Füße auf den Couchtisch. Er nahm einen weiteren Schluck. Die Stille ließ ihn Kraft schöpfen. Auch der Whisky gab ihm Kraft. Er versuchte nichts als nur diese Kraft in sich zu spüren und ließ seine Gedanken frei schweben, sodass sie ein Teil der Stille und des Whiskys wurden und er nicht an Jenn denken musste. Jetzt fühlte er sich ihr gegenüber stark. Genau hier. Genau jetzt. Die Aussicht auf ein Leben ohne sie schien im Moment kein Problem zu sein. Er trank noch etwas, stand auf und tat mehr Eis ins Glas und mehr Whisky. Er ging mit dem Drink in der Hand zum Fenster und blickte wieder nach draußen. Er hätte darüber nachdenken können, wer Captain Cat getötet hatte, aber er versuchte es zu vermeiden. Er schob diese Fragen über den Rand seines Bewusstseins hinaus und ließ sie sich mit seinen Gedanken über die Freedom’s Horsemen verbinden. Die Gedanken würden ein Eigenleben entwickeln, wenn er sie nicht ins Zentrum seines Bewusstseins zwang. Er schluckte etwas Whisky hinunter. Die Dämmerung senkte sich über die Bucht. Der Neck war nicht länger sichtbar. Nur die Lichter einiger Häuser schienen über das dunkle Wasser herüber.Der Hummerkutter hatte jetzt angelegt und lag beinahe regungslos an der Mole im hellen Licht der Hafenlaternen. Durch Abby wurde einiges leichter. Er trank mehr Whisky. Er mochte sie. Aber er wollte nicht von einer Beziehung in die nächste schlittern. Abby war nur die Erste von vielen anderen. Der Gedanke gefiel ihm. Er trank darauf. Sein Glas war leer. Er stand auf und holte sich mehr Eis, indem er das Glas unter den Eisspender in der Kühlschranktür hielt. Er goss den Scotch über das Eis. Er sah die Flasche an. Es war immer noch genug da. Das Glück ist ein Krug, der immer zu drei Vierteln gefüllt ist. Es war aufregend mit einer Frau auszugehen, ein gutes Gespräch zu führen, vielleicht zusammen zu Mittag zu essen und zu wissen, dass man sie in ein paar Stunden oder auch erst nächste Woche nach einer weiteren Verabredung nackt sehen würde. Eine schöne Sache. Er erinnerte sich an die anstrengenden Kämpfe in seiner Jugend. Wenn man erwachsen war, liefen solche Dinge ruhiger und freundlicher ab. Erwachsene gingen zusammen ins Bett. Wie schnell es dazu kam, hing von den Umständen ab. Aber alle Betroffenen wussten, dass es passieren würde, und das ließ die ganze Verzweiflung dabei wegfallen. Jesse hasste jede Art von Verzweiflung. Falls er es bestimmen könnte, würde sich das Leben in angenehmeren Bahnen bewegen. Erwachsen sein und sich verabreden, das war so eine angenehme Bahn. Angenehm. Das Wort gefiel ihm.
    »Angenehm«, sagte er.
    Seine Stimme kam ihm sehr laut vor, sie wirkte in diesem stillen Apartment gar nicht wie seine eigene. Er nahm sein Glas mit in die Küche und machte sich einSandwich mit Schinken und Käse, das er im Stehen, gegen den Küchentresen gelehnt aß und mit kleinen Whiskyschlucken hinunterspülte. Als er damit fertig war, mixte er sich einen neuen Drink und ging ins Wohnzimmer zurück, um sich wieder hinzusetzen. Er versuchte nachzuzählen, wie viel er getrunken hatte.
    »Mehr als zwei«, sagte er.
    Wieder kam ihm seine Stimme sehr laut und fremd vor. Hier musste man schweigen. Er legte den Kopf in den Sessel zurück. Angenehm, dachte er. Die Dinge müssen angenehm sein.
    Er schlief

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