Das dunkle Paradies
die Wand geschmiert, mannshoch …
Das A.
Das A der Antwort .
In blauer Farbe.
Ich lasse den Kopf sinken, ganz langsam, bis meine Stirn den Boden berührt und die Kälte in meinen Schädel eindringt.
(Nein.)
(Nein, das kann sie nicht gewesen sein.)
(Sie kann es nicht gewesen sein.)
Der Atem strömt wie Dampf aus meinem Mund und taut ein kleines Loch in den Schlamm. Ich rühre mich nicht.
(Haben sie dir das angetan?)
(Haben sie dich so verändert?)
(Viola?)
(Viola?)
Schwärze hüllt mich ein wie ein Tuch, wie Wasser, das über meinem Kopf zusammenschlägt, nein, Viola, nein, das kannst du nicht getan haben, das kannst du nicht getan haben (oder doch?), nein, nein, nein, das ist unmöglich …
Nein.
Nein.
Und ich setze mich auf.
Und ich lehne mich zurück.
Und ich schlage mir ins Gesicht.
Ich schlage fest zu.
Wieder.
Und wieder.
Ich spüre gar nichts.
Meine Lippen platzen auf.
Meine Augen schwellen an.
Nein.
Lieber Gott, nein …
Bitte …
Und ich hole aus und schlage mich wieder.
Aber ich spüre plötzlich nichts mehr.
Ich spüre nur noch, wie es kalt in mir wird.
Ganz tief in meinem Inneren …
(Wo bist du, dass du nicht kommst, um mich zu retten?)
Ich spüre nichts mehr.
Alles in mir wird taub.
Ich blicke auf die Spackle, nur Tote, nichts als Tote überall.
Und Viola ist nicht da.
Sie ist verschwunden, es gibt sie nicht mehr.
(Das hast du getan?)
(Das hast du getan, statt nach mir zu suchen?)
In mir erstirbt alles.
Plötzlich fällt ein Körper vom Haufen herunter, direkt auf mich.
Ich pralle entsetzt zurück, falle über zwei andere Leichen, rapple mich wieder hoch, wische mir die Hände an den Hosen ab, wische mir den Tod von den Händen.
Und dann fällt noch eine Leiche herunter.
Ich sehe hinauf.
1017 wühlt sich durch die Toten.
Er sieht mich und erstarrt, sein Kopf und seine Arme schauen aus dem Haufen heraus, seine Knochen treten hervor, er ist dünn wie die Toten.
Natürlich hat er überlebt. Natürlich. Wenn einer von ihnen trotzig genug ist, um zu überleben, dann er.
Ich packe ihn an den Schultern, um ihn aus dem Berg von Toten herauszuzerren.
Wir fallen nach hinten, als er freikommt, stürzen zu Boden, rollen voneinander weg. Und dann starren wir uns gegenseitig an.
Unser Atem geht schwer, Dampfwolken steigen in die kalte Luft.
Es sieht nicht so aus, als wäre er verletzt, nur die Schlinge, in der er seinen Arm getragen hat, ist verschwunden. Er schaut mich an, seine Augen sind sicher genauso weit aufgerissen wie meine.
»Du lebst«, sage ich dümmlich. »Du lebst ja.«
Er starrt mich einfach an, ohne Lärm, ohne Schnalzen, nichts. Nur unsere Stille umgibt uns an diesem Morgen, und der Rauch, der sich wie eine Schlingpflanze durch die Luft rankt.
»Wie?«, frage ich. »Wie hast du …«
Keine Antwort.
»Hast du …?«, frage ich, dann muss ich mich räuspern. »Hast du ein Mädchen gesehen?«
Und dann höre ich tam-tata …
Hufgetrappel dringt von der Straße zu uns her. Davy muss seinen Pa abgefangen haben, der uns nachgeritten ist.
Ich schaue 1017 an und sage leise: »Lauf! Du musst weg von hier.«
Tam-tat…
»Bitte«, flüstere ich. »Bitte. Es tut mir so leid, es tut mir so leid, aber bitte, lauf weg, lauf einfach weg, nichts wie weg von hier …«
Ich spreche nicht weiter, denn er kommt auf die Füße. Er lässt mich nicht aus den Augen, seine Miene ist ausdruckslos, fast wie die eines Toten.
Tam-tata-tam.
Er macht einen Schritt zurück, dann noch einen, dann geht er schneller, geht auf das aufgesprengte Tor zu.
Und dort bleibt er stehen und blickt zurück.
Ganz deutlich höre ich einen Strahl seines Lärms, der auf mich zuschießt.
In seinem Lärm bin nur ich, ganz allein.
Und 1017, mit einem Gewehr.
Und er drückt den Abzug.
Und ich sterbe zu seinen Füßen.
Dann dreht er sich um, rennt durchs Tor und verschwindet in den Wäldern.
»Ich weiß, wie schwer das für dich sein muss, Todd«, sagt der Bürgermeister und betrachtet das gesprengte Tor. Wir sind nach draußen gegangen. Keiner von uns konnte die Leichen mehr sehen.
»Aber warum?«, frage ich und versuche, mir die Anspannung nicht anmerken zu lassen. »Warum sollten sie das getan haben?«
Der Bürgermeister betrachtet das Blut auf meinem Gesicht, das Blut, das von den Schlägen herrührt, die ich mir selbst versetzt habe, aber er verliert kein Wort darüber. »Ich nehme an, sie fürchteten, wir würden sie als Soldaten einsetzen.«
»Aber sie alle zu töten?« Er
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