Das dunkle Paradies
anzuwerben.«
»Ja«, flüstert die Frau. »Auch das.«
»Ha!«, triumphiert Davy, aber wieder höre ich auch seine Erleichterung, obwohl er sie zu verbergen sucht. »Sie hat gestanden! Sie war es!«
»Nein, sie war es nicht«, sage ich und bleibe reglos auf der Bank sitzen.
»Was?«, fragt Davy.
»Sie tut nur so«, sage ich und schaue durch den Spiegel. »Damit er sie nicht ertränkt.« Ich drehe den Kopf leicht, damit der Bürgermeister merkt, dass ich mit ihm rede. »Ist es nicht so?«
Der Bürgermeister antwortet nicht gleich. Obwohl er keinen Lärm hat, weiß ich, dass ich ihn beeindruckt habe. Seit ich mit diesem KREIS angefangen habe, wird mir alles auf schreckliche Weise klar.
Vielleicht ist das auch der eigentliche Sinn.
»Ich bin mir fast sicher, dass sie nur so tut«, sagt er schließlich. »Aber jetzt haben wir ihr Geständnis und können es gegen sie verwenden.«
Davys Blick flattert immer noch zwischen mir und seinem Pa hin und her. »Heißt das, du willst sie … noch weiter befragen?«
»Alle Frauen gehören der Antwort an«, entgegnet der Bürgermeister. »Und wenn sie nur Sympathisantinnen sind. Wir müssen wissen, was diese Frau denkt. Wir müssen wissen, was sie weiß.«
Davy schaut die Frau an, die noch immer an das Gestell gefesselt ist und nach Luft ringt.
»Das verstehe ich nicht«, sagt er.
»Wenn man sie wieder ins Gefängnis zurückschickt«, erkläre ich ihm, »dann werden alle anderen Frauen wissen, was mit ihr passiert ist.«
»Genau«, sagt der Bürgermeister und legt mir die Hand auf die Schulter. Eine Geste der Zuneigung. Als ich mich nicht rühre, nimmt er die Hand wieder weg. »Dann wissen sie, was ihnen blüht, wenn sie nicht auspacken. Und so erfahren wir alles von jeder, die etwas weiß. Mit der Bombe in der letzten Nacht haben sie ihre Anschläge fortgesetzt, sie war nur der Anfang. Wir müssen wissen, was ihr nächster Schachzug sein wird.«
Davy lässt die Frau nicht aus den Augen. »Und was wird aus ihr?«
»Sie wird natürlich für das Verbrechen, das sie gestanden hat, bestraft werden«, sagt der Bürgermeister und achtet nicht auf Davy, der das Offensichtliche fragen will. »Gut möglich, dass sie wirklich etwas weiß.« Er blickt wieder durch das Glas. »Es gibt nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.«
»Ich möchte dir danken, dass du uns heute geholfen hast«, sagt Mr Hammar. Er hebt das Kinn der Frau an. »Du kannst stolz darauf sein, wie hart du gekämpft hast.« Er lächelt, aber sie erwidert seinen Blick nicht. »Du hast mehr Mut an den Tag gelegt als so mancher Mann bei einer Anhörung.«
Er tritt ein paar Schritte von ihr zurück und geht zu einem kleinen Beistelltisch. Dort lüftet er ein Tuch. Darunter kommen mehrere glänzende metallische Gegenstände zum Vorschein. Eines davon hebt Mr Hammar auf.
»Und nun zum zweiten Teil unseres Gesprächs«, sagt er und geht auf die Frau zu.
Da fängt sie an zu schreien.
»Das war …« Davy rennt auf und ab, während wir draußen warten, aber mehr als diese beiden Worte bringt er nicht heraus. »Das war …« Er schaut mich an. »Heilige Scheiße, Todd.«
Ich antworte nicht, ich ziehe den Apfel, den ich aufbewahrt habe, aus meiner Tasche. »Apfel«, flüstere ich Angharrad zu, mein Kopf ist dicht neben ihrem. Apfel , antwortet sie und schnappt mit gefletschten Zähnen danach. Todd , sagt sie und mampft den Apfel, dann macht sie eine Frage daraus: Todd?
»Hat gar nichts mit dir zu tun, Mädchen«, flüstere ich und streichle ihr über die Nase.
Wir sind unterhalb des Tors, an dem Ivan immer noch Wache hält und sich bemüht, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ich höre, wie er leise in seinem Lärm nach mir ruft.
Ich beachte ihn nicht.
»Das war verdammt heftig«, sagt Davy und versucht in meinem Lärm zu lesen, was ich wohl über das Ganze denke, aber ich halte meinen Lärm so vage, wie ich nur kann.
Ich fühle nichts.
Ich lasse nichts an mich heran.
»Du bist in letzter Zeit ziemlich abgebrüht«, sagt Davy verärgert und kümmert sich nicht um Deadfall, der auch einen Apfel will. »Du hast nicht mal mit der Wimper gezuckt, als er …«
»Meine Herren«, sagt der Bürgermeister und tritt mit einem großen, schweren Sack in der Hand aus dem Tor heraus.
Ivan stellt sich darauf kerzengerade hin, eine Wache auf ihrem Posten.
»Pa«, sagt Davy und grüßt militärisch.
»Ist sie tot?«, frage ich und schaue Angharrad in die Augen.
»Tot nützt sie uns doch nichts mehr«,
Weitere Kostenlose Bücher