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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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»Die Frauen dürfen ab jetzt die Häuser verlassen.«
    »Es ist so laut hier draußen«, sage ich und zucke zusammen, als das Dröhnen von New Prentisstown über mir zusammenschlägt.
    »Du wirst dich daran gewöhnen«, sagt Maddy. Wir sitzen auf einer Bank vor einem Laden, während Corinne und eine andere Gehilfin namens Thea Lebensmittel für das Haus der Heilung kaufen und Vorräte, denn es wird mit einer Flut neuer Patienten gerechnet.
    Oberflächlich betrachtet könnte man fast meinen, es sei nie etwas passiert. Die Geschäfte haben geöffnet, die Menschen schlendern vorbei, die meisten gehen zu Fuß, einige haben Atomkrafträder, andere reiten. Man könnte meinen, es wäre ein ganz gewöhnlicher Tag in einer ganz gewöhnlichen Stadt.
    Doch dann fällt auf, dass die Männer kein einziges Wort miteinander wechseln. Und Frauen dürfen nur zu viert während des Tages und höchstens eine Stunde lang auf die Straße. Solche Vierergruppen gehen stets wortlos aneinander vorbei und die Männer von Haven kommen gar nicht erst in unsere Nähe.
    Und an jeder Ecke stehen Soldaten mit Gewehren.
    Eine Glocke bimmelt und die Ladentür geht auf. Corinne stürmt heraus, bepackt mit Tüten, ihre Miene ist wieder mal wie eine Gewitterwolke, Thea stolpert hinter ihr her. »Der Ladenbesitzer sagt, niemand hätte mehr etwas von den Spackle gehört, seit man sie abgeführt hat«, sagt Corinne und wirft mir eine Tüte in den Schoß.
    »Corinne und ihre Spackle.« Thea verdreht die Augen und drückt mir noch eine Tüte in die Hand.
    »Sprich nicht so respektlos über sie«, sagt Corinne. »Wenn schon wir sie nicht gut behandelt haben, was, glaubst du, wird er dann mit ihnen anstellen?«
    »Es tut mir leid, Corinne«, antwortet Maddy, ehe ich noch fragen kann, was Corinne damit meint, »aber glaubst du nicht, dass es in diesem Moment sinnvoller wäre, wenn wir uns den Kopf über unser eigenes Schicksal zerbrechen würden?« Sie beobachtet ein paar Soldaten, denen Corinnes erregter Ton aufgefallen ist. Sie stehen reglos an die Veranda eines Lebensmittelladens gelehnt.
    Aber sie schauen zu uns herüber.
    »Was wir mit ihnen gemacht haben, war unmenschlich«, sagt Corinne.
    »Ja, aber sie sind ja auch keine Menschen«, sagt Thea leise und blickt zu den Soldaten hinüber.
    »Thea Reese!« Auf Corinnes Stirn schwillt eine Ader an. »Wie kannst du von dir behaupten, du seist eine Heilerin, und gleichzeitig …«
    »Jaja, schon gut«, beschwichtigt Maddy die beiden. »Es war entsetzlich. Da hast du Recht. Du weißt, wir alle denken so, aber was hätten wir dagegen tun können?«
    »Wovon redet ihr?«, frage ich. »Was hat man ihnen angetan?«
    »Die Arznei«, sagt Corinne und es klingt wie ein Fluch.
    Maddy schaut mich an und seufzt tief. »Man hat herausgefunden, dass die Arznei bei den Spackle wirkt.«
    »Indem man sie an ihnen ausprobiert hat«, erklärt Corinne.
    »Aber sie hat noch viel mehr bewirkt als geplant«, fährt Maddy fort. »Du weißt ja, die Spackle sprechen nicht. Sie schnalzen ein bisschen mit der Zunge, aber das bedeutet nicht viel mehr, als wenn wir mit den Fingern schnippen.«
    »Der Lärm war ihre Sprache«, sagt Thea.
    »Natürlich ist es gar nicht nötig, dass sie mit uns sprechen, wir können ihnen auch so sagen, was sie tun sollen«, sagt Corinne und ihre Stimme wird sogar noch lauter. »Wen also sollte es interessieren, ob sie sich verständigen können?«
    Langsam verstehe ich. »Und die Arznei …«
    Thea nickt. »… macht sie gefügiger.«
    »Sie macht bessere Sklaven aus ihnen«, fügt Corinne bitter hinzu.
    »Sklaven?«, frage ich fassungslos.
    »Pst«, zischt Maddy und nickt mit dem Kopf in Richtung der Soldaten, die uns beobachten. Ihre völlige Stille inmitten der anderen Männer und deren Dröhnen lässt sie seltsam unwirklich erscheinen.
    »Es ist, als hätten wir ihnen die Zunge herausgeschnitten«, sagt Corinne jetzt leiser, aber immer noch zornig.
    Maddy drängt uns zu gehen und sieht sich über die Schulter nach den Soldaten um.
    Die ihrerseits Maddy nicht aus den Augen lassen.
    Die kurze Strecke bis zum Haus der Heilung legen wir schweigend zurück, dann gehen wir durch die Hauptpforte unter den blauen, ausgestreckten Händen hindurch, die auf den Türrahmen gemalt sind. Nachdem Corinne und Thea hineingegangen sind, zupft mich Maddy am Arm und hält mich zurück.
    Sie schaut eine Minute lang auf den Boden, zwischen ihren Augenbrauen hat sich eine Falte eingegraben. »Die Art, wie uns die Soldaten

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