Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
darauf stand ein Glas Grauburgunder vor ihm.
»Wir reden gerade über die wirtschaftliche Lage.«
»Meine ist anhaltend ernst«, sagte Dengler, »aber eigentlich will ich von Ihnen wissen, ob Sie mir eine Auskunft verschaffen können. Ich möchte etwas über die wirtschaftliche Situation eines Hotelbetriebs erfahren.«
»Kann ich machen«, sagte Harder.
Dengler riss ein Blatt von seinem Notizblock, schrieb die Adresse des Schlosshotels in Gündlingen auf und darunter seine Telefonnummer.
»Kostet Sie ein Bier«, sagte der Journalist, und Dengler winkte dem kahlköpfigen Kellner.
* * *
Als Dengler das Basta verließ, fiel neuer Schnee. Er lief hoch in seine Wohnung, setzte sich an seinen Schreibtisch, fuhr den Computer hoch und schrieb die Rechnung an Security Services Nolte & Partners.
Dann ging er in die Küche und öffnete eine Flasche Bickensohler Grauburgunder.
Draußen schneite es immer noch. Er dachte an Christiane. Langsam ging er ins Wohnzimmer und legte einen Blues auf. Muddy Waters.
I was born for a good luck
Trank einen Schluck.
Dachte an Christiane.
War sie in diesem Augenblick mit Andrea Savinio zusammen? Merkwürdig, er konnte sich nur vage an diesen Mann erinnern. Er wusste nur noch, dass er mit seinem Freund Mario eine Spur verfolgt hatte. Christiane war in seinem ersten großen Fall die Auftraggeberin gewesen. Er suchte ihren Vater, und Andrea Savinio gab ihnen den entscheidenden Hinweis. Aber wie hatte dieser Mann ausgesehen? Älter als ich, dachte er. Hatte er nicht graue Haare? Ein Blumengroßhändler aus Siena. Christianes Bild stieg wieder auf, aber dann vermischte es sich mit dem von Olga. Er stellte das Glas auf den Tisch und schloss die Augen. Dann schlief er ein.
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26. Es gibt ein Geheimnis
»Es gibt ein Geheimnis«, sagte er.
Nachts um drei war er auf der Couch aufgewacht, hatte sich ausgezogen und sich ins Schlafzimmer hinübergeschleppt. Bevor er sich ins Bett fallen ließ, sah er noch einmal aus dem Fenster. Dicke Schneeflocken fielen vom Himmel, umtanzten die Lichter der Straßenlaternen. Ein leichter Wind wirbelte sie durcheinander und trug einige von ihnen wieder hoch hinauf, sodass es schien, der Schnee fiele auf Erde und Himmel gleichzeitig. Um halb sieben war er aufgestanden, hatte einen Junior-Wells-Song aufgelegt und sich zu seinen Liegestützen gezwungen. Die blaue Madonna sah ihm dabei teilnahmslos zu, wie jeden Morgen. Nachdem er geduscht hatte, ging er hinüber zu Brenners Bistro, trank einen doppelten Espresso mit einem kleinen Schluck Milch und aß zwei Weißwürste.
Nun telefonierte er mit Ilona Sternberg.
»Das Ganze ist rätselhaft«, sagte er
»Ich höre«, sagte sie.
Dengler wunderte sich, wie ausgeschlafen die Frau schon am frühen Morgen wirkte. Wahrscheinlich war auch das Bestandteil der Ausbildung ihres Großvaters gewesen. Raus aus den Federn, hörte er ihn brüllen, und dann ab mit dem Kind unter die kalte Dusche.
»Merkwürdig ist«, sagte Dengler, »dass Sie und Ihr Bruder nichts von dem Hotel wussten. Der jetzige Eigentümer, Kurt Roth, scheint Ihren Vater schon von klein auf zu kennen und geht davon aus, dass Ihr Vater meine Ermittlungen nicht billigen wird. Warum?«
»Keine Ahnung.«
»Ich würde gerne mit Ihrem Vater sprechen.«
»Das halte ich für keine gute Idee.«
»Warum nicht?«
»Sie wissen doch, dass er nicht spricht.« Ihre Stimme klang verärgert.
»Nun, vielleicht redet er mit mir.«
»Ich denke darüber nach.«
»Der Notar sprach von alten Dingen, die man besser ruhen lassen sollte. Könnten Sie sich vorstellen, was er damit meinen könnte?«
»Nein.«
»Frau Sternberg, ich ermittele in Ihrem Auftrag und verursache Ihnen Kosten. Ich bin auf ein Mindestmaß an Kooperation angewiesen, wenn ich den Auftrag erfüllen soll.«
»Aber ich versichere Ihnen: Ich weiß nichts. Vielleicht gibt es ja wirklich ein Geheimnis. Ich kenne es nicht. Ich will nur eines wissen: Gehört dieses Hotel uns? Allein daran bin ich interessiert. Falls es ein Geheimnis gibt – klären Sie es auf. Dafür verursachen Sie in der Tat Kosten.«
Dengler dachte einen Augenblick nach.
»Ihr Großvater hat mit Ihnen nie über den Verlust des Hotels gesprochen? Erinnern Sie sich, dass er mit Ihnen zum Schlosshotel spazieren gegangen ist, als Sie noch ein Kind waren?«
»Beim besten Willen: nein. Sowohl mein Bruder als auch ich waren völlig überrascht, als wir den Vertrag in den Unterlagen unserer Mutter fanden.«
»Ihre Mutter,
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