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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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über beide Ohren in Olga verliebt gewesen. Und heute?
    »So, da wären wir«, sagte der Taxifahrer.
    Er hatte am Waldrand des Gündlinger Forstes gehalten. Hier hörten die Felder auf, und ein breiter Weg führte in den Wald hinein. Daneben stand eine kleine Kapelle. Sie hatte ein Holzdach, das von schweren braunen Außenbalken abgestützt wurde. Die Wände waren weiß. Zwei Treppenstufen führten zum zweiflügeligen Eingangstor, das offen stand. Innen erkannte Dengler einen Altar mit einer Marienstatue. Neben dem Eingang stand in kunstvoller Schrift:
    Sieh, Maria ist unsere Hoffnung. Zu ihr nehmen wir unsere Zuflucht, und sie hilft uns.
    Dengler bezahlte den Fahrer.
    »Bitte warten Sie fünf Minuten auf mich. Wenn ich in fünf Minuten nicht wieder zurück bin, dann dauert es länger, und ich werde nicht mit Ihnen zurückfahren.«
    Der Fahrer nickte, und er stieg aus.
    Dengler betrat die Kapelle. Innen brannten drei Kerzen, aber es war niemand zu sehen. Er untersuchte den Raum. Es gab keine weitere Tür, hinter der sich jemand verstecken konnte. Er trat wieder vor die Tür und wartete.
    Kurz danach erhielt er eine neue SMS:
    Gehen Sie um die Kapelle und folgen Sie dem schmalen Weg.
    Dengler ging um das Kirchlein herum. Auf der Rückseite ging tatsächlich ein Pfad ab. Dengler bog die unteren Äste einer Buche beiseite und folgte dem Weg.
    Der Wald war licht. Die Sonne schien durch die Kronen und wärmte ihn. Er sah den blühenden Löwenzahn, hörte das Klopfen des Spechtes. Er dachte an Jakob, seinen Sohn, und stellte sich vor, wie sie gemeinsam einen Waldspaziergang unternehmen würden.
    Nach etwa fünfzig Metern blieb Dengler stehen und wartete.
    Ich rufe Olga an und sage ihr, dass es noch etwas dauert.
    Er wählte die Nummer ihres Handys und sah gleichzeitig, wie sich die Blätter eines Busches oberhalb des Pfades bewegten.
    »Hallo?«
    Er wiederholte den Ruf: »Hallo, ist dort jemand?«
    Er hörte Olgas Stimme aus dem Handy: »Georg? Ich bin's. Verstehst du mich?«
    Im gleichen Augenblick sah er aus dem Busch das Mündungsfeuer aufblitzen. Ein Schlag von ungeheurer Wucht traf ihn an der Brust und wirbelte ihn herum. Mit dem Kopf schlug er gegen einen Baumstamm. Dann fiel er, und im Fallen presste er die Hände zusammen. Er fiel auf den Waldboden und wunderte sich, wie weich dieser war. Zweimal drehte er sich um die eigene Achse und blieb dann liegen.
    Er fühlte sich leicht, spürte keine Schmerzen. Olga rief seinen Namen. Von weit her. Ihre Stimme klang weich und süß. Wie Musik. Und er sah sie, wie er sie das erste Mal gesehen hatte. Sie sagte: Ich trinke nicht mit der Polizei. Wie schön sie war: ihre Figur, ihre Schlankheit, die hochmütigen Brauen, den Pulli, der ihren Bauch, und die Jeans, die einen Teil der Hüften freigab. Obwohl er nur ihre Haut vom unteren Rand des oliven Pullis bis zum Gürtel ihrer Jeans sah, bestürzte ihn diese Nacktheit. Damals und jetzt. Und er sah sie auf seiner Couch sitzen, während er Mundharmonika spielte. Alle Begegnungen mit ihr sah er noch einmal. Mein Lebensfilm rollt ab, dachte er. Ich sehe die Szenen meines Lebens, aber nur jene, in denen Olga vorkommt. Er empfand ein großes Bedauern, dass er ihr nie gesagt hatte, dass er sie liebe. Sie weiß es nicht, dachte er, und er fühlte, wie alles in ihm verschwamm.
    Noch einmal rafft er alle seine Kräfte zusammen, und er sagt es ihr. Drückt das Handy fest an seinen Mund. Nach jedem Wort muss er innehalten, doch er bringt alle Worte heraus, auch wenn das Sprechen mit jeder Silbe schwerer fällt. Er hört Olgas Stimme antworten, aber er versteht nicht mehr, was sie sagt.
    Dann hört er nichts mehr.

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    72. Die Fesseln sind fast durchgescheuert
    Die Fesseln sind fast durchgescheuert. Steven Blackmore bewegt die zusammengebundenen Hände, so schnell er kann. Die Geräusche, die von außerhalb des Spritzenhauses zu ihm dringen, beunruhigen ihn. Zunächst hört er einige Kommandos, Befehle, scharf und vernehmlich. Dann das Murmeln von Männerstimmen. Den Männern schmecken die Befehle nicht, das hört er heraus. Die Kommandostimme wird höher und überschlägt sich. Der Kommandierende verliert seine Autorität.
    Blackmore weiß nicht, ob dies gut oder schlecht für ihn ist. Schließlich diskutieren die Männer draußen laut.
    Plötzlich fällt draußen ein Schuss.
    Dann herrscht Totenstille.
    Blackmore lauscht und bewegt seine gefesselten Hände nicht mehr.
    Wieder die Kommandostimme.
    Kein Widerspruch.
    Die Tür zum

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