Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
spielen wollte.
»Wir bauen eine Panzersperre am Ende der Bruchsaler Straße«, schrie Volker Sternberg zum dritten Mal.
Nun war die Unruhe allgemein.
Plötzlich wurde Roth klar, was Volker Sternberg vorhatte. Seine Fabrik lag im Norden von Gündlingen. Aus der Richtung, aus der die Amerikaner kommen würden. Sternberg fürchtete, dass seine Fabrik unter Beschuss geraten könnte, und er wollte die amerikanischen Panzer mit einer Sperre zur Bruchsaler Straße ablenken, einer Wohnstraße.
Und dafür riskierte er das Leben der Männer, die vor ihm standen.
»Es gibt noch SS in Bruchsal«, schrie Volker Sternberg nun, und die Männer wurden schlagartig still.
»Volker, Volker!« Nur der Gemeindeangestellte schnippte noch immer mit dem Finger.
Da zog Sternberg seine Pistole.
»Tritt vor und gib mir dein Gewehr«, befahl er und deutete auf Albert Roth.
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70. Tief und traumlos
Dengler hatte tief und traumlos geschlafen. Wie ein Stein. Gegen Morgen erschien ihm Olga im Traum. Sie beugte sich über ihn.
»Komm, Georg, wir müssen aufbrechen. Es wird Zeit.« Er drehte sich um.
»Komm, Georg, wir müssen wieder nach Gündlingen.«
Er fuhr hoch. Kein Traum. Olga stand vor ihm, über ihrem Arm ein Mantel, und blickte ihn an. Er richtete sich auf und schaute auf den Wecker: 7.00 Uhr.
»Olga, ich ...«
»Georg, es tut mir Leid. Gestern, da war ich ... – ich konnte einfach nicht mehr. Du hast mir in deiner nassen Arbeitshose so Leid getan. Aber ich – ich wollte nur noch nach Hause.«
Sie wandte sich ab, ging aus dem Schlafzimmer durch sein Büro in die Küche und warf die Espressomaschine an.
»Zieh dich an, wir müssen los, in dieses wunderschöne Gündlingen«, rief sie aus der Küche.
Dann stand sie wieder vor ihm.
»Du hast gefunden, was du gesucht hast. Ich bin deine Assistentin – und ich werde dir auch weiterhin helfen.«
* * *
Um neun Uhr stiegen Georg Dengler und Olga aus dem Bus in Gündlingen. Sie gingen die kleine Gasse hoch, durch die sie der junge Pfarrer geführt hatte. Als sie oben beim Kirchplatz angekommen waren und in die Wasenstraße einbogen, stieß Olga einen kurzen, überraschten Schrei aus.
Um seinen Graben waren mehrere Stative mit wuchtigen schwarzen Scheinwerfern aufgestellt, die die Szene in ein blendendes Licht hüllten. Die Straße war abgesperrt, mitten auf ihr stand ein Kastenwagen mit rotierendem Blaulicht.
Ein Dutzend Personen in weißen Schutzanzügen lief auf und ab oder stand gebückt in Denglers Gruben, die nun größer waren als gestern Abend.
Dengler hielt Olgas Hand fest.
Als sie sich den Absperrungen näherten, hob ein Polizist die Hand und verwehrte ihnen den Zutritt. Eine Person sprang aus dem Kastenwagen und eilte auf sie zu.
»Schon gut, schon gut. Lass sie durch.«
Er war Langenstein.
Der Hauptkommissar wirkte übernächtigt. Er hatte dicke Tränensäcke unter den Augen und brauchte dringend eine Rasur.
Er drückte Dengler die Hand und begrüßte Olga mit einem Handkuss.
»Wir haben Ihre Leiche in der Nacht ausgegraben«, sagte er. Dann lief er mit großen Schritten zu dem Kastenwagen zurück. Bevor er einstieg, drehte er sich um und winkte sie zu sich heran.
»Sehen Sie ihn sich an«, sagte er und kletterte in den Wagen.
Olga klammerte sich an Georg. »Ich gehe da nicht hinein.«
Dengler nickte und ließ sie los. Er folgte Langenstein die schmale Metalltreppe hinauf und betrat den Kastenwagen der Spurensicherung.
Auf einem Tisch lag auf einem weißen Tuch ein komplettes Skelett. An einigen Knochen klebten noch lehmige Erdreste. Über den Schädel beugten sich zwei Männer mit skalpellartigen Instrumenten. Ein dritter Mann saß an einem kleinen Tisch und wandte ihnen den Rücken zu.
»Unsere Schatzgräber sind da«, rief Langenstein.
Der Mann stand von dem Tisch auf und drehte sich um.
Major Hooker.
»Gute Arbeit, Mr Dengler. Sie konnen jetzt meinen Job machen ...«, sagte er.
»Können, Major, es heißt: Sie können jetzt meinen Job machen.«
»Ja, Sie mit Ihrem ö, Ihrem stillen Örtchen, Klöße, Flöße, Größenwahnsinn und Lynchmörde.«
»In diesem Fall heißt es Lynchmorde.«
»Sehen Sie.« Hooker hob eine Metallscheibe hoch. »Das ist die Erkennungsmarke der US Army. Sie identifiziert dieses Skelett als die Überreste von Leutnant Blackmore, Pilot der 332nd Fighter Group, Träger des posthum verliehenen Distinguished Flying Cross.«
Der Major deutete einen militärischen Gruß an.
Langenstein hatte sich hinter die Trage
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