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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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...«, seine freie Hand zeichnete ein Kreuz in die Luft, »und dann wär's das gewesen.«
    Er zog ein zweites Tütchen aus der Tasche und hielt es mit der anderen Hand hoch.
    »Und das hier – das ist das Geschoss, mit dem vor sechzig Jahren der schwarze Soldat Steven Blackmore durch einen Kopfschuss hingerichtet wurde. Und wissen Sie, was das Interessante dabei ist?«
    Er fuhr fort: »Ich werde es Ihnen sagen: Beide Geschosse wurden aus der gleichen Waffe abgefeuert. Aus einem Gewehr, das die Deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg benutzt hat. Können Sie mir das erklären?«
    Dengler konnte es nicht.

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    74. Drei Wochen lang fühlte er sich schwach
    Drei Wochen lang fühlte er sich schwach. Jede noch so kleine Bewegung verursachte höllische Schmerzstiche im Brustkorb. Tagsüber lag er meist auf seiner Couch und hörte die frühen Platten von Junior Wells und Buddy Guy.
    Als nach etwa zehn Tagen die Schmerzen ein wenig nachließen, legte er die großen Jazzpianisten auf. Er hörte Oskar Peterson, Chick Corea und Wolfgang Dauner.
    Martin Klein brachte ihm die Romane von Chandler und Simenon.
    »Achte bei Chandler auf die Dialoge«, sagte er, »jede Figur steht in Konflikt mit jeder anderen. Deshalb sprühen seine Dialoge Funken.«
    Dabei schnalzte er mit der Zunge.
    »Auch wenn der Plot oft zusammengehauen wirkt«, fügte er hinzu und überließ Georg seiner Lektüre.
    Die Zeitungen hatten seinen Fall bereits zu den Akten gelegt. Die Polizei suchte den Täter unter alten und den immer zahlreicher auftretenden neuen Nazis. Sie fanden ihn nicht. Dann las Dengler über einen möglichen fanatischen Waffensammler, der mit einer Wehrmachtswaffe Krieg spielen wollte. Verhaftet wurde niemand.
    Noch immer träumt er nachts von Erdhügeln und Sandbergen, unendlich vergrößert, er sieht sich in tiefen Löchern stehen, die Fledermaus umkreist ihn, und Hedwig Weisskopfs Stimme ruft: »Graben Sie, graben Sie«, er müht sich ab und kommt keinen Deut weiter, abwechselnd erscheinen der Notar Dillmann und der Ernte-23-Mann am Grubenrand und murmeln: »Da ist kein Segen drauf.«
    * * *
    Olga und er hatten sich zum ersten Mal geliebt, als er zwei Wochen aus dem Krankenhaus zurück war. Sie hatte ihm aus Simenons »Die Verlobung des Monsieur Hire« vorgelesen und war nach oben gegangen, als er eingeschlafen war. Doch kurze Zeit später hörte er, wie die Tür seines Schlafzimmers erneut aufging. Nackt schlüpfte sie unter seine Decke.
    »Wir beginnen nun eine neue Therapie«, flüsterte sie ihm ins Ohr und knöpfte seine Schlafanzugjacke auf. »Überlass alles mir.«
    Sie streichelte behutsam über seinen Verband. »Ich werde vorsichtig sein.«
    * * *
    Er dachte zurück an die Tage in Gündlingen, an die Pension, wo sie abends todmüde ins Bett gefallen waren, wie Geschwister nebeneinander gelegen hatten.
    Und jetzt lag sie eng an ihn geschmiegt neben ihm und schlief, er spürte ihre Wärme, roch den Duft ihres Haares und lauschte ihren Atemzügen. Ihre Hand lag auf seiner Brust. Dann schlief auch er wieder ein.
    Als er erwachte, hatte sie sich aufgerichtet und blickte ihn mit gespieltem Ernst an.
    »Du bist mir ein schöner Frauenheld.«
    Dengler stützte sich auf seine Ellenbogen auf:
    »Was meinst du?«
    Dann sagte sie: »Ich wollte es dir schon früher sagen, aber dann ... Nun, um ehrlich zu sein, ich wollte dich nicht auf eine neue Fährte setzen.«
    »Fährte? Was für eine Fährte?«
    »Du hast eine Verehrerin.«
    »Ich? Dich hoffentlich.«
    »Mach dich nicht lustig über mich. Diese Frau liebt dich ebenso sehr wie ich. Und sie ausgesprochen hübsch. Blond. Blauäugig. Das liebt ihr deutschen Männer doch.«
    »Olga, was redest du da. Wer soll das sein? Wie du weißt, war mein Bewegungsradius in der letzten Zeit relativ eingeschränkt. Welche Frau auch immer das sein soll – ich habe ein Alibi.« Er deutete auf seinen Verband.
    »Sie saß die gesamte Zeit in dem Flur des Krankenhauses. Und sie heulte Rotz und Wasser.«
    »Olga – ich hab keine Ahnung, wer das sein könnte.«
    »Als der Arzt mir erklärte, du seiest außer Lebensgefahr, ging ich in den Flur und sagte es ihr.«
    »Olga, wer ist diese Frau?«
    »Und dann heulte sie vor Erleichterung. Sie freute sich nicht weniger als ich. Wir lagen uns in den Armen und weinten um dich. Keine von uns beiden, ich schwör's, war weniger froh als die andere.«
    »Olga, um Gottes willen, wer soll das denn gewesen sein?«
    Sie sah ihn nachdenklich an und

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