Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
Tarnung wäre futsch.«
»Wir brauchen keine Tarnung, wenn die Operation vorbei ist.«
»Gebt ihr ein paar Tage. Schließlich hat sie im Augenblick ziemlich viel um die Ohren. Und sie hat meine Nummer.«
»Haben wir die nicht alle?«, brummelte Beckia in sich hinein.
Araminta stand vorn in der großen Passagierkapsel und schaute durch den transparenten Rumpf, der sie umgab, nach draußen. Fünfhundert Meter unter ihr lag am Boden ausgebreitet Greater Makkathran, eine gewaltige urbane Ansiedlung, die sich in alle Richtungen bis zum Horizont erstreckte. Helles Sonnenlicht glitzerte auf den kristallenen, sich aus satten Grünanlagen erhebenden Türmen; niedrigere Gebäude funkelten in den phantastischsten und unglaublichsten Farben.
Es war, wie sie zugeben musste, eine prachtvolle Stadt.
Allerdings wurde ihr Blick durch die schiere Menge von Kapseln verdeckt, die außerhalb der festgelegten Verkehrsströme am Himmel hingen und auf sie warteten. Dann starteten sie in engen Kurven durch und schlossen sich der feierlichen Armada an, die bereits hinter ihr her flog. Es waren so viele, die sich wie zu einer Rauchwolke verdichteten, dass sie sogar den schemenhaften Schatten sehen konnte, den sie unten am Boden warfen.
Vor ihnen am Horizont, wo die Stadt zu einem breiten Grünstreifen abfiel, tauchte der Ozean auf. Und dort, gleißend in der späten Nachmittagssonne, lag an die Küste geschmiegt Makkathran2.
»Möchten Sie direkt in den Orchard-Palast, Träumer?«, fragte Captain Darraklan. Nachdem sie das Wurmloch passiert hatten, war er an ihrer Seite geblieben. Er hatte sich offenbar selbst zu ihrer persönlichen Leibwache ernannt. Und Araminta verspürte wenig Lust, mit ihm darüber zu diskutieren. Er hatte seinen Helm abgesetzt und wirkte mit seinem kantigen Kinn auf eine klassische Art recht attraktiv, sein fransiges kastanienfarbenes Haar erinnerte sie an eines von Mr Boveys jüngeren Ichs.
»Nein«, sagte sie, ohne ihren Blick von der beeindruckend fremdartigen Stadtnachbildung abzuwenden. »Als Edeard zum ersten Mal hier eintraf, kam er durch das Nordtor. Bringen Sie mich dorthin. Das scheint mir irgendwie passender. Von da aus werde ich zu Fuß zum Orchard-Palast gehen.« Was Ethan genügend Zeit gibt, Absperrungen zu errichten, falls er sich traut. Sie registrierte eine von Darraklans Bewusstsein ausgehende gallige Belustigung, als die Kapsel an Höhe zu verlieren begann. Er musste wohl gerade das Gleiche gedacht haben.
Sie setzten auf dem weitläufigen Grüngürtel auf, der die Kristallmauer umgab. Als sie die Grasfläche betrat, warf sie einen Blick zurück auf die gewaltige Flotte weiterer Kapseln, die nun um einen Landeplatz rangelten. Sie verdunkelten im buchstäblichen Sinne den Himmel. Sie war sich sicher, dass nicht eine von ihnen sich noch um irgendwelche Verkehrsordnungen scherte. Sehr gut. Ein bisschen Anarchosand im Getriebe. Sie befolgen nicht mehr bedingungslos Ethans Gesetz.
Bis jetzt harrten alle noch der Dinge, die als Nächstes passieren würden. Ihr Enthusiasmus war mitreißend, wie auch die Tatsache, dass sie Geschmack gefunden zu haben schien an der Rolle des Träumers. Alles, was sie tun musste, war, Ethan zu verdrängen. Und um das zu erreichen, musste sie beweisen, dass ihre Befähigung und Entschlossenheit größer waren als seine. Genau wie Bradley gesagt hat.
Araminta schritt durch den großen Torbogen in der Kristallmauer, gefolgt von zahllosen Menschen, die aus ihren ordnungswidrig geparkten Kapseln quollen und hinter ihr eine Art Faschingszug bildeten.
Von Makkathran2 bekam sie in diesem Moment nicht gerade viel zu sehen: Der High Moat, auf den sich das Tor öffnete, war völlig von Menschen überfüllt; zweifellos waren alle, die in dieser geheiligten Stadt lebten, gekommen, um sie zu begrüßen. Der Jubel, der bei ihrem Erscheinen ausbrach, war ohrenbetäubend. Eine Reihe Männer in Makkathran-Konstabler-Uniformen (denen des Waterwalker-Trupps nachempfunden) salutierte. Ihr Sergeant und Darraklan riefen Befehle, während Araminta der Menge zuwinkte - alldieweil sie zügig weiterging. Nur nicht zögern, nur nicht langsamer werden.
Kurz darauf schlossen sich die Konstabler um sie herum zusammen und sicherten so ihren Weg zur Brücke über den North Curve Canal und hinüber nach Ysidro.
Sie hatte sich gründlich geirrt mit ihrer Annahme, dass die gesamte Stadtbevölkerung auf dem High Moat versammelt war. Auch Ysidros enge, gewundene Straßen waren gerammelt voll von
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