Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
Edeard«, rief Hilitte in dem Moment aus. »Du musst sie aufhalten. Wenn du's nicht tust, wird es Unmengen von Toten geben. Und die Skylords werden nie wieder kommen.«
Schulterzuckend sah Edeard Dinlay an. »Damit hat sie nicht ganz unrecht.«
»Ja, aber ... Auf welche Seite sollen sich unsere Milizregimenter schlagen?«
»Auf keine. Wir stellen uns natürlich beiden entgegen.« Edeard ging im Geiste bereits ihre Möglichkeiten durch. Auf jeden Fall würden die Stadttruppen die Provinzregimenter beschäftigen und so Zeit gewinnen müssen, während gleichzeitig die einzelnen Milizionäre der Gegenseiten mittels Dominierung der Makkathran-Einswerdung einzugliedern waren. Aber schlussendlich würde alles auf ein Kräftemessen mit den starken Geistesanwendern im Herz der jeweiligen unabhängigen Provinzen hinauslaufen. Genau das hatte er seit zwei Jahren zu vermeiden versucht. Er hasste die Vorstellung, sich noch mehr Auseinandersetzungen stellen zu müssen. Aber die einzige Alternative war, abermals in der Zeit zurückzureisen, von vorn anzufangen und die Fehler und Probleme zu umgehen, bevor es zu ihnen kam. Doch das war etwas, das er nicht einmal in Erwägung ziehen wollte. Nicht schon wieder. Das pack' ich nicht. Noch einmal diese ganzen Jahre durchleben ... Das würd' ich nicht überstehen.
Dinlay nickte weise. »Soll ich Larose sagen, er soll sich bereitmachen?«
Menschen würden sterben; da machte sich Edeard nichts vor. Wie viele, hing von ihm ab. Die Miliz ins Gefecht zu schicken, war die einzige Möglichkeit, die Zahl der Toten auf einem Minimum zu halten. »Ja. Ich werde selbst mit ihnen reiten.«
»Edeard -«
Jäh hob er die Hand. »Ich muss. Das weißt du.«
»Dann komme ich mit dir.«
»Der Hauptkonstabler hat bei einem Milizeinsatz nichts verloren.«
»Der Bürgermeister auch nicht.«
»Ich weiß. Trotzdem, es ist meine Verantwortung, also werde ich da sein und tun, was ich kann. Aber jemand mit Autorität muss in der Stadt bleiben.«
»Der Große Rat ...«
»Du weißt, was ich meine.«
»Ja«, gab Dinlay zu. »Schon klar.«
»Außerdem wollen wir Gealee doch nicht zur Witwe machen, nicht wahr?«
Verdutzt blickte Dinlay von seinem Butterhörnchen auf. »Gealee? Wer ist Gealee?«
Edeard verzog das Gesicht, während er sich insgeheim in den eigenen Hintern trat für seine Dummheit. »'tschuldigung. Bin zurzeit einfach etwas durch den Wind. Ich meine Folopa. Das kannst du nicht riskieren. Ihr seid gerade mal aus den Flitterwochen zurück.«
»Das Risiko ist kalkulierbar.«
»Nein, Dinlay, ist es nicht. Das wissen wir beide.« Er half nach. Ganz sachte ließ er sein Longtalk-Geflüster in Dinlays Bewusstsein gleiten, um die aufgeregten Gedankenspitzen zu glätten. Dinlays Widerstand brach.
»Ja, ich schätze, du hast recht.«
»Danke«, sagte Edeard und hoffte, dass Dinlay ihm sein schlechtes Gewissen nicht anmerkte. »Ich weiß, dass das nicht leicht für dich ist.«
»In aller Regel weißt du, was du tust.«
Fast hätte er laut aufgelacht. »Eines Tages bestimmt. Und jetzt frisch ans Werk.« Er stand auf und gab Hilitte einen flüchtigen Kuss. »Wir müssen ins Sanktum. Als Erstes steht eine Besprechung mit Argain und Marcol auf dem Programm. Sie scheinen ganz zufrieden mit sich zu sein.«
»Nichts Weltbewegendes«, erwiderte Dinlay und trank seinen Kaffee aus, bevor er sich ebenfalls erhob. »Informationen über die Kriminellen, die sich der Umarmung unserer Stadt widersetzen. Sie haben übrigens ein paar nette neue Namen für dich.«
»Das sind keine Kriminellen.« Noch nicht, fügte er im Stillen hinzu und wunderte sich, woher seine Schuldgefühle an diesem Morgen wohl rührten. Als ob ich das nicht wüsste, diese herrinverfluchten Skylords.
»Wenn sie's nur wären«, murmelte Dinlay düster.
So sahen seine Tage jetzt immer aus. Treffen mit Leuten, die mit der Einswerdung der Stadt haderten. Den Schlichter spielen, den Weg für Verständnis füreinander zwischen dieser und jener Partei ebnen. Dinge, von denen er, als er vor Jahrzehnten mit der Karawane in Makkathran eingetroffen war, nicht im Traum gedacht hätte, dass sie zu den Aufgabenbereichen eines Bürgermeisters gehörten. Er hatte sich immer vorgestellt, dass er in einer freien Abstimmung gewählt werden würde, mit seinen Gegnern disputierte und Menschen überzeugte. Stattdessen war er der einzige Kandidat in einer Stadt gewesen, in der das Denken aller allein auf ihn abgestimmt war. Naja, nicht aller, räumte er ein,
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