Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
Eyrie brauchten, um Menschen zum Geleit in Empfang zu nehmen. Dies wiederum führte draußen in den Provinzen zum hektischen Bau von Huldigungstürmen in jeder Stadt und jedem Dorf - zum Schaden ihrer Wirtschaft. Seine wiederholte Klarstellung, dass es kein Turm sein musste, sondern bloß eine große, freie Fläche, auf der sich die Menschen versammeln konnten, wurde stets fröhlich ignoriert (zu sehen beispielsweise an der Steuerrevolte in der Folge des Fiaskos mit dem Großen Turm des Geleits).
Doch trotz allem herbeigeführten Wandel waren es nur Leben gewesen, auf die er eingewirkt hatte. Er konnte das Wetter nicht ändern oder Planeten irgendwie von ihrer Umlaufbahn abweichen lassen. Wieso um alle Welt sind es also diesmal bloß zwei?
Die einzige mögliche Antwort konnte er einfach nicht akzeptieren.
Edeard hatte gerade seine zweite Scheibe Röstbrot in Angriff genommen, als Dinlay eintraf. Wie immer war der Hauptkonstabler bester Laune. Dinlay hatte sich der Einswerdung beinahe vorbehaltlos angeschlossen; schließlich war die Aufnahme in eine so vornehme, allumfassende Gemeinschaft genau das, wonach er sich im Grunde seines Herzens immer gesehnt hatte. Doch trotzdem hatten sich ein paar Dinge bei Dinlay niemals geändert.
Aufmerksam suchte Edeard bei seinem alten Freund nach irgendwelchen Anzeichen von Eifersucht oder Missgunst in Bezug auf Hilitte (er hatte darauf geachtet, dass er ihr diesmal als Erster begegnete, als sie mit den Kontaktlisten ihrer Mutter bewaffnet in Makkathran eingetroffen war). Dieser alte Ashwell-Optimismus ist einfach nicht kleinzukriegen, was? Aber nein, Edeards jüngste Eroberung ließ Dinlay vollkommen kalt; immerhin hatte er ja auch gerade erst Folopa geheiratet, die selbst nach seinen Maßstäben von stattlicher Statur war.
Dinlay setzte sich neben Edeard und nahm seine adrette Uniformmütze ab, nicht ohne sie sorgsam an der Tischkante auszurichten. Sein offenes Bewusstsein verriet, wie befriedigend das für ihn war, wie sehr es mit seiner Auffassung übereinstimmte, dass die Welt ein wohlgeordneter Ort zu sein hatte.
»Greif zu«, sagte Edeard und wies auf die Anrichte. Unwillkürlich dachte er wehmütig daran zurück, wie er und Dinlay nach ihrer Probezeit in die Konstabler-Mietskaserne umgezogen waren. Fast jeden Morgen hatten sie zusammen gefrühstückt, bis er in den Stand der Ehe getreten war. Unsere schönste Zeit. Nein! Die sorgloseste.
Ein Ge-Schimpanse brachte Dinlay eine Tasse Kaffee und ein Hörnchen. »Du musst aufpassen, was du isst«, sagte Dinlay und musterte das aufgefahrene Frühstück. »Du wirst noch wie Macsen enden, wenn du dich nicht in Acht nimmst.«
»Nein, werd' ich nicht«, versicherte ihm Edeard sanft. Dinlay und Macsen hatten jetzt seit über einem Jahr nicht mehr miteinander gesprochen, was ihn sehr schmerzte. Vielleicht sollte ich noch mal ganz zum Anfang zurück. Doch ihm war klar, dass das nichts als eine bemitleidenswerte Wunschvorstellung war. Diesmal war er so nah dran, dass alles richtig lief. Das Einzige, was er noch hinbiegen musste, war, diese restlichen Provinzen in die Einswerdung zu integrieren und den ein oder anderen unverbesserlichen Quertreiber in der Stadt auf Linie zu bringen. Und dann konnte er sich wahrhaftig, endlich, ausruhen.
»Gestern Abend haben uns ein paar Neuigkeiten erreicht, die dir gefallen dürften«, sagte Dinlay. »Sieht so aus, als wär' die Fandine-Miliz auf dem Vormarsch.«
Das kam Edeard irgendwie bekannt vor. Das letzte Mal, als die Fandine-Miliz ausgerückt war, war auf seiner Fahrt an Bord der Licht der Herrin gewesen, allerdings aus einem vollkommen anderen Grund. »Richtung Makkathran?«, fragte er scharf.
In Dinlays Gedanken glitzerte diebische Freude darüber, seinen Freund überraschen und ihn sodann beruhigen zu können. »Richtung Licshill. Offenbar werden Devrouls expansorische Ambitionen Manel zu viel.«
»Ich verstehe.« Bisher war es Edeard gelungen, sich niemandem gegenüber seine Sorge darüber anmerken zu lassen, dass Manel diesmal wieder auf die schiefe Bahn abgerutscht war und sich selbst als Lord Präsident von Licshills eingesetzt hatte. »Wann ist das passiert?«
»Vor fünf Tagen. Laroses Eilkundschafter haben die Nachricht so schnell überbracht, wie sie konnten.« Dinlay nippte an seinem Kaffee und wartete auf Edeards Reaktion.
»Fünf Tage. Das bedeutet, dass sie mittlerweile ein Fünftel des Weges hinter sich haben.«
»Wirst du versuchen, sie aufzuhalten?«
»Oh
Weitere Kostenlose Bücher