Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
zur Folge, dass Edeard sie mitunter in einer ganz und gar unpassenden Weise angaffte. Zu allem Überfluss war sie dabei, ihren Babyspeck zu verlieren und die vollendetsten Wangenknochen zu offenbaren, die Edeard jemals erblickt hatte. Ein jeder konnte sehen, wie schön sie einmal werden würde. Zum Glück litt sie nach wie vor unter Pickeln, war ihr Haar immer noch mädchenhaft und zerzaust. Andernfalls wäre es in ihrer Nähe nicht mehr auszuhalten gewesen. Unter den gegebenen Umständen betrachtete er ihre Freundschaft gleichermaßen mit Freude wie mit Bangen. Sie war noch viel zu jung, um bei jemandem den Wunsch zu wecken, mit ihr ins Bett gehen zu wollen, obwohl er nicht umhin konnte, sich zu fragen, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie alt genug dafür war. Jedes Mal, wenn ihm solche Gedanken kamen, befiel ihn die Angst, dass die Herrin ihn mit einem gigantischen Blitzschlag niederstrecken könnte, geradewegs aus dem Honious selbst hervorkrachend. Wenngleich natürlich auch Ihre Priesterinnen meist heirateten.
Irrelevant jetzt. Selbst wenn ich zurückkomme, wird es nicht für Jahre sein. Sie wird mit irgendeinem Dorftrampel zusammen sein und drei Kinder haben.
»Was hast du? Du bist so komisch«, sagte Salrana in neugieriger Unschuld. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja. Das ist es in der Tat. Ich hab ein paar gute Neuigkeiten. Großartige Neuigkeiten.« Er hob eine Hand. »Ich erzähl sie dir später, versprochen.«
»Meine Güte, ein Geheimnis, und das in Ashwell. Wetten, dass ich’s bis morgen Nachmittag raus hab.«
»Wetten, dass nicht?«
»Um was?«
»Nein, ich will nicht unfair sein. Es handelt sich um eine persönliche Sache.«
»Jetzt bist du aber grausam. Ich werde zu der Herrin beten und sie um Errettung für dich bitten.«
»Zu gütig.«
Sie trat ganz dicht an ihn heran, immer noch honigsüß lächelnd. »Bist du unterwegs rauf zu den Höhlen?«
»Äh, ja, ein paar der anderen meinten, dass sie vielleicht hinwollten. Ich dachte, ich schau mal vorbei.«
»Aha, und wann werde ich gefragt?«
»Ich glaube nicht, dass Mutter Lorellan möchte, dass du nachts in den Höhlen herumgeisterst.«
»Pah. Die gute Mutter weiß so einiges nicht, was mich betrifft.« Herausfordernd schüttelte sie ihr Haar, straffte die Schultern. Ein paar Sekunden verharrte sie in der kämpferischen Pose, dann fing sie an zu kichern.
»Nun, dann werde ich mal dafür beten, dass sie’s nicht rauskriegt«, sagte er zu ihr.
»Danke, Edeard.« Scherzhaft strich sie ihm über den Arm. »Wer hätte das vor einem Jahr gedacht. Wir beide glücklich. Und du: nun einer von den Jungs.«
»Ich musste erst eine Schlacht überstehen, bis sie mich akzeptiert haben.« Ich habe Menschen getötet. Selbst jetzt noch konnte er das Gesicht des Banditen vor sich sehen, kurz bevor er gegen den Baum gekracht war, die Bestürzung, die Angst.
»Natürlich musstest du das, das ist eben so bei Jungs. Und darum gehst du heute Abend auch wieder in die Höhlen. Wir alle müssen hier unseren Weg zu leben finden, Edeard. Wir werden eine lange, lange Zeit in Ashwell sein.«
Er konnte nicht antworten, lächelte sie nur starr an.
»Und pass auf diese Zehar auf. Sie gibt bereits überall damit an, wie sie dich herumkriegen will. Und sie war dabei äußerst anschaulich. Für einen Bäckerlehrling.«
»Sie … ist? Sie will …?«
Salranas Gesichtsausdruck bekam etwas Diabolisches. »O ja.« Kichernd warf sie ihm einen Handkuss zu. »Lass mich bitte alle Einzelheiten erfahren. Ich bin schrecklich gespannt zu hören, ob du wirklich so schlimme Sachen machen kannst.« Dann sah er sie nur noch von hinten, wie sie, mit beiden Händen ihren Rock hochhaltend, die Steigung heruntersauste, den ganzen Weg über in einem fort kichernd.
Edeard stieß langsam die Luft aus. Seine Gefühle waren ebenso schwankend wie seine Beine. Wenn es jemals einen Grund gab, in Aswell zu bleiben, so blickte er ihm gerade hinterher. Sein Fernblick folgte ihr noch lange nachdem sie um eine Ecke auf die Hauptstraße eingebogen war, um sich zu vergewissern, dass sie in Sicherheil war, bevor sie sich wieder an ihre Besorgungen machte.
Es gab eine ganze Anzahl von Höhlen in dem schroffen Fels hinter Ashwell. Viele von ihnen waren über die Dekaden hinweg erweitert und für die langen Wintermonate zu Vorratskammern umgewandelt worden, in denen Temperatur und Luftfeuchtigkeit kaum jemals schwankten. Einige der größeren wurden als Scheunen genutzt. Für die interessierte
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