Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
vom Geld.«
Nachdem sie den Platz hinter sich gelassen hatten, ging es weiter zu den Märkten. Davon gab es drei Stück, nur ein paar Straßen vom Great Major Canal entfernt, der Silvarum nach Norden hin begrenzte. Es waren offene Bereiche, nicht ganz so groß wie der Platz, vollgepackt mit Ständen. Auf dem ersten gab es hauptsächlich frische Lebensmittel zu kaufen. Ein dichtes Dach aus Segeltuchplanen bildete eine wogende Decke, die all die Stände überschattete und sie in ein seltsam warmes Grau tauchte. Die stehende Luft hing voller Gerüche. Ein wenig neidisch starrte Edeard auf die Auslagen, auf denen sich Berge von Obst und Gemüse türmten. Dahinter riefen die Standbesitzer die Preise aus und priesen Geschmack und Qualität ihrer Ware. Es war lange her, dass er sich zum letzten Mal zu einer wirklich anständigen Mahlzeit niedergelassen hatte – eine Mahlzeit so wie damals, daheim auf dem Gildengut in Ashwell. Im Speisesaal der Wache kam alles in Teig eingewickelt daher, und keiner der Ge-Schimpansen in der Küche war in der Kunst der Salatzubereitung geschult.
»Ziemlich trübsinnige Gedanken, die du da hast«, bemerkte Kanseen.
»Entschuldige«, sagte er und gab sich Mühe, wachsam zu sein. Chae ließ sie wissen, dass die Märkte immer voller Schleichdiebe und Langfinger waren. Vermutlich hatte er recht. Die Standbesitzer begrüßten sie, wie immer, zuvorkommend und freundlich, mit einem Lächeln hier und dem einen oder anderen kleinen Geschenk dort – Äpfel, Birnen, ein oder zwei Flaschen; vielerlei gute Dinge für ihren wohlverdienten Feierabend nach Dienstschluss. Die Marktverkäufer sahen es gern, wenn die Konstabler Präsenz zeigten. Es schreckte das Gesindel ab.
Dagegen war Edeard geradezu bestürzt von dem Empfang, der ihnen, während Chae sie quer durch die Stadt führte, in einigen Distrikten und Vierteln zuteil wurde. Finstere Mienen und bedrohliches Schweigen, unabgeschirmte Gefühle von Feindseligkeit. Menschen, die ihnen demonstrativ den Rücken zuwandten. Dritte Hände, die sie schubsten, wenn sie dicht an Kanalufern entlangschritten. Chae setzte, was auch sonst, seinen Weg unverdrossen fort, doch Edeard fühlte sich bald schon einigermaßen entmutigt. Es war ihm unbegreiflich, wieso sich ganze Gemeinden von Recht und Ordnung so abgestoßen fühlen konnten.
Sie gingen weiter zum zweiten Markt, demjenigen, der auf Tuch und Kleidung spezialisiert war. Eine beunruhigende Zahl junger Frauen flanierte zwischen den Ständen umher, begutachtete farbenfrohe Stoffe und schwatzte fröhlich miteinander. Edeard hielt eine schwache Abschirmung aufrecht und tat sein Bestes, jeden Augenkontakt zu vermeiden. Obwohl da ein paar wirklich hübsche Mädchen herumliefen, deren Anmut geradezu um einen zweiten Blick bettelte. Macsen war weit entfernt von Edeards Hemmungen. Ganz in seinem Element, sprach er jedes Mädchen an, das auch nur zufällig in seine Richtung blickte.
»Du hast nie gesagt, aus welchem Distrikt du eigentlich stammst«, sagte Edeard.
»Hab ich nicht, ganz recht«, bestätigte ihm Kanseen.
»’tschuldigung, tut mir leid.«
»Du solltest auch unbedingt aufhören, dich bei jeder Gelegenheit zu entschuldigen«, riet sie ihm lächelnd.
»Ja, ich weiß. Es ist nur so, dass ihr alle an das hier gewöhnt seid.« Er machte eine weit ausholende Geste. »Ich nicht. Allein auf diesem Markt rennen mehr Leute herum, als jemals in Ashwell gelebt haben.« Für einen winzigen Moment wurde er von einem echten Schuldgefühl übermannt. Es geschah immer seltener, dass er seines alten Zuhauses gedachte. Einige Gesichter aus seiner Heimat waren fast schon aus seinem Gedächtnis verschwunden. Nicht Akeems, das würde er nie vergessen; aber Gonats zum Beispiel – hatte er nun rote Haare gehabt oder dunkelbraune gehabt? Angestrengt legte er die Stirn in Falten in dem Versuch, sich zu erinnern, aber es wollte und wollte kein klares Bild kommen.
»Bellis«, sagte Kanseen plötzlich, »meine Familie lebt in Bellis.«
»Ah ja«, erwiderte er. Bellis befand sich auf der östlichen Seite der Stadt, in der Nähe des Hafens und von Sampalok aus gesehen direkt jenseits des Great Major Canal. Bisher waren sie in jener Gegend noch nicht auf Streife gewesen. »Du bist noch nicht dort gewesen, um sie zu besuchen.«
»Nein. Mutter kann sich nicht so ganz anfreunden mit meiner Entscheidung, Konstabler zu werden.«
»Oh. Das tut mir lei-… Mist.«
»Ich glaube, sie hätte es lieber gesehen, wenn ich das Gelübde
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