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Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Titel: Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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auf ihrer verletzten Netzhaut zurückzugewinnen. Endlich schafften es die Sekundärdenkroutinen in ihren makrozellularen Clustern, die Gesichtszüge des Mannes zu entschlüsseln.
    »Oh Herrin, verdammte Scheiße«, ächzte sie und sank wieder zurück.
    »Sieh da, sieh da«, sagte Aaron vergnügt. »Prima, dass ich euch beide hier treffe.«

 
Inigos elfter Traum
     
    Bei Nacht schimmerten Makkathrans prunkvolle Dächer wie Moireseide unter dem sanften Licht der Sternennebel am Himmel. Inmitten dieses matten Scheins webten die hell orangenen Leuchtfäden der Straßen ein komplexes Filigran durch die kreisrunde Metropole am Meer. Hoch über den Kristallmauern dahingleitend, ließ sich ein neues Leuchten erkennen, das den nächtlichen Glanz der Stadt ergänzte. Wenn man wusste, wo man hinsehen musste.
    Weit, weit unten an der Grenze der Wahrnehmung war das schwache Licht gerade noch vorhanden. Dünne Fähnchen eines dunklen Schillerns stiegen von Gebäudespitzen in den lauen Nachthimmel empor und hinterließen dabei feine Schweife. Es war, als atmete Makkathran einen phosphorisierenden Regen in die Lüfte aus.
    Die Seelen der Toten stießen Rufe der Freude und des Staunens aus, während sie aufbrachen zu ihrer Reise in den ehrfurchtgebietenden Abgrund der Nacht.
    Er konnte ihre Stimmen hören, als sie an ihm vorbeischwebten. Er spürte ihre Erleichterung darüber, von der Last des Körpers befreit worden zu sein, von allem Elend und Schmerz; er fühlte die Trauer um jene, die sie hinter sich ließen ebenso wie den Schauer, mit dem das Lied sie erfüllte, das sie unablässig hinauf ins Sternenreich rief. Sie jauchzten einander zu, begierig darauf, an dem Abenteuer ihres neuentdeckten Freiseins teilzunehmen. Einige schlossen sich zusammen, verschlangen sich zu helleren Nimbussen, um in einem übermütigen Freudenfest der Freiheit über den Wolken zu schweben; andere blieben für sich, allein in ihrer grenzenlosen Ungebundenheit schwelgend.
    Hin und wieder konnte er, wenn er seinen kummervollen Blick nach unten richtete, einige verweilende Seelen erkennen. Verzweifelt über ihren Tod sehnten sie sich danach, bei ihren Lieben zu bleiben. Ungesehen, ungehört klagten sie, während jene, die ihnen alles bedeuteten, von ihrer Anwesenheit doch nichts bemerkten; der Trost der Gewissheit verloren an unerfüllbare Hoffnungen. Ihr Leid war überwältigend, drohte jedes Mal, wenn er zu ihnen hinabtauchte, ihn zu ertränken. Also wandte er seinen Blick wieder nach oben, empor zu denen, die sehnsuchtsvoll dem Himmel entgegenstrebten, und wünschte, er könne die Melodie auch nur erahnen, die das Herz dieses Universums sang. Vielleicht, wenn er sich anstrengte, seinen Geist ausstreckte …
    Edeard erwachte und fuhr schweißgebadet im Bett hoch, mit klopfendem Herzen und ringend nach Luft.
    Neben ihm richtete Kristabel sich auf und legte ihren Arm um ihn. »Alles in Ordnung, mein Schatz«, gurrte sie. »Es war bloß ein Traum.«
    »Jede Nacht«, stöhnte er, denn es waren immer die gleichen Bilder, die er seit seinem Sturz vom Eyrie-Turm geträumt oder gezeigt bekommen hatte. »Hört das denn niemals auf? Inzwischen gäbe ich einiges dafür, wenn ich meine alten Träume gegen diesen Fluch eintauschen könnte.«
    »Deine alten Träume?« Kristabel befahl der Zimmerdecke, sich zu erhellen. Vollkommen weißes Licht offenbarte die Maisonettewohnung um sie herum.
    Ihr Anblick, ihre Normalität, sorgten dafür, dass Edeard sich augenblicklich albern vorkam. »Entschuldigung. Ich hatte schon immer … etwas merkwürdige Träume. Aber dieser!«
    »Wieder die Seelen?«
    »Ja«, sagte er schwach. »Ich sehe sie aufsteigen und kann das Lied, dem sie folgen, nicht hören. Also versuche ich genau hinzuhören und …« Verärgert schüttelte er den Kopf. »Tut mir leid.«
    »Hör auf, dich zu entschuldigen. Ich mach mir nur Sorgen um dich, das ist alles.«
    »Ich komm schon damit klar«, beruhigte er sie. Er ließ sich wieder auf das Kissen sinken und schaute hinüber zu dem schmalen Fenster. »Wie spät ist es.«
    »Noch weit vor dem Morgengrauen.«
    »Hah! Dann war es vielleicht gar kein Traum. Ich stelle mir nachts immer die Stadt vor.«
    Kristabel drehte sich auf die Seite und sah ihn stirnrunzelnd an. »Kannst du mit deiner Fernsicht jetzt im Moment irgendwelche Seelen erkennen?«
    »Ich bin nicht sicher.« Er schloss die Augen, streckte seine Fernsicht aus. Die dunklen Schatten der Stadtgebäude glitten in seine Wahrnehmung, sprudelnd vom

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