Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Schiffen sind da immerhin noch neunhundert Starslayer zu berücksichtigen. Unsere vereinten Schiffe der River- und Capital-Klasse könnten sie wahrscheinlich besiegen, aber der Preis wäre unverhältnismäßig hoch. Wir würden hinterher nur noch mit ein paar wenigen Schiffen dastehen.«
»Dann wissen wir ja, was zu tun ist«, sagte Ilanthe. »Ich denke, es gibt einen Schiffstyp, der noch schlagkräftiger als die Capital-Klasse ist.«
»Ja«, gab Kazimir mit äußerstem Widerwillen zu.
»Admiral«, rief Sorex. »Die hochauflösenden Sensoren schließen sich zusammen. Oh, gütiger Ozzie –«
Schweigend starrten Kazimir und der Rest des ExoProtectorate Councils auf die Sensorergebnisse, die über dem großen Konferenztisch erschienen. Die kleinen Drohnen huschten durch die zerstörten Schotten und Gänge des kugelförmigen Kriegsschiffs und steuerten ihre separaten Scans zu einem zusammenhängenden Bild bei. Der arg ramponierte Klumpen Raumschifftechnologie war in seinem Aufbau klar zu erkennen, bis hinunter zu einzelnen strukturellen Komponenten. Das Metall an seiner Außenfläche glühte immer noch von der ungeheuerlichen Hitze. Außerdem war es hochgradig radioaktiv. Eigentümliche verkohlte Stücke biologischer Substanz drifteten durch die Kammern – Alien-Körper, die zerfetzt worden waren, als Explosionen und Energieimpulse das Schiff auseinanderrissen. Zum Zentrum des Wracks hin waren die Leichenteile größer, einige der Toten waren gar unverletzt. Die Drohnen konzentrierten sich auf einen von ihnen.
Fassungslos blickte Kazimir auf die entsetzlich vertrauten birnenförmigen Rümpfe mit ihren vier knorpeligen, sich über ihre gesamte Länge erstreckenden Wülsten. Vier stummelige Beine ragten aus der unteren Hälfte hervor, während sich oberhalb Arme vom Körper verzweigten, ein jeder in einer effektiven Anordnung von vier Greifzangen endend. Am oberen Körperende waren vier kleine, offene Rüsselmünder zu sehen; sie wiegten sich in der Nullgravitation wie Seegras in einer leichten Dünung. Zwischen ihnen befanden sich die sensorischen Stiele, im Tode erstarrt und jeder verschmolzen mit einem schmucken Elektronikmodul.
»Das kann nicht sein«, rief Crispin aus. »Es kann nicht! Wir haben sie vor zwölfhundert Jahren vom Rest des Universums separiert. Alle.«
»Offensichtlich doch«, erwiderte Ilanthe emotionslos.
»Ja«, sagte Kazimir, der gleichzeitig seinen Schock wie einen Anflug von Furcht niederzukämpfen versuchte. »Ein Immotile. Die Ocisen haben sich Prime als ihre Verbündeten geholt.«
Das Donnern der Eiskristalle, die gegen die Hülle des Ground Crawlers prasselten und zu funkelndem Staub zerstoben, machte ein Gespräch so gut wie unmöglich. Selbst unter dem beständigen Trommelfeuer der Elemente hatte sich das Vehikel nicht einen Zentimeter bewegt. Unverrückbar steckte es in der Spalte fest, das schmale Frontsichtfenster von schmutzigen Eiskörnern bedeckt, die allmählich auch die Zwischenräume füllten. Weiterhin wurde es von kleineren Erdbeben geschüttelt, doch die schienen den Griff der Spalte nur zu verstärken. Mehrmals hatte die starke Metallkarosserie protestierend geächzt.
In denkbar unbequemer Haltung kauerte Corrie-Lyn auf den beiden Vordersitzlehnen, eine Decke um die Schultern gelegt, während Inigo neben ihr auf einer Hilfskonsole hockte.
»Warum hast du nie wieder geträumt«, fragte Corrie-Lyn.
»Die Ära des Waterwalkers war vorbei«, sagte Inigo. »Das weißt du doch. Es gab einfach nichts mehr zu träumen.«
»Aber wenn du nach dem Traum von seinem Aufstieg zu den Sternennebeln noch einen hattest, muss es weitere gegeben haben. Du hast doch gesagt, der Traum stammte von einem seiner Nachfahren. Und der Waterwalker hatte doch ’ne Menge Kinder.«
»Ich …« Inigo schüttelte den Kopf. Seine Augen funkelten im Moireglanz der Konsole, als er seine frühere Geliebte ansah. »Wir haben alles miterlebt, was nötig war. Ich hab die Hoffnung von Milliarden von Menschen für Jahrhunderte genährt. Das reicht.«
Corrie-Lyn betrachtete aufmerksam das Gesicht, das über ihr erschien: So vertraut, wenngleich die dunkle Haut und die braun gefärbten Haare ihn irgendwie kälter erscheinen ließen. Das hier war nicht ganz der alte Inigo, den sie gekannt hatte und liebte. Immerhin waren es siebzig Jahre. Träume müssen nicht immer so enden, wie es der des Waterwalkers tat. Und ich habe so sehr von diesem Augenblick geträumt. »Bitte«, drang sie weiter in ihn.
Die
Weitere Kostenlose Bücher