Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
ich bin dort gewesen, und wie du weißt, ist es selbst unter günstigsten Bedingungen keine unbeschwerliche Reise. Ich bin erst gestern Abend zurückgekehrt.«
»Ihr wart in Ashwell?« Edeard hatte gedacht, er wäre über sein Leben in dem Dorf mit all seinen verlorenen Bewohnern hinweg, hatte es wirklich geglaubt, aber jemandem gegenüberzusitzen, der diese verlassenen Ruinen erblickt hatte, trat eine Lawine von Erinnerungen los.
»Ich habe Meister Topar entsandt, damit er deine Geschichte zu bestätigen versucht«, sagte Finitan. »Was er, wie ich fürchte, unzweifelhaft getan hat.«
»Es war alles so, wie du es beschrieben hast«, sagte Topar. »Natürlich sind die Trümmer mittlerweile von Unkraut und Moos überwachsen, aber ich hab Ashwell sofort erkannt. Die Felsabhänge, der alte Schutzwall drumherum. Und auch der Brunnenschacht, in dem du dich versteckt hast, war leicht ausfindig zu machen; obwohl er größtenteils voll Schlamm war. Wie du es geschafft hast, diesen Abdeckstein zu bewegen, ist mir allerdings ein Rätsel. Wir haben einen Tag gebraucht, um ihn auseinanderzubrechen und die Stücke beiseitezuziehen. Dann haben wir noch eine Woche Schlamm ausgehoben, bis wir endlich an die Pistole rankommen konnten.« Er warf einen finsteren Blick auf die Waffe auf dem Tisch.
»Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte Edeard.
»Jetzt, da wir festgestellt haben, dass die Pistole kein Ammenmärchen ist, müssen wir unbedingt alles über diese Banditen erfahren«, erwiderte Finitan. »Falls es das ist, was sie wirklich sind. Was kannst du uns über ihren Anführer erzählen? Du hast gesagt, du hättest mit ihm gesprochen.«
»Das Einzige, worüber ich Euch etwas sagen kann, ist seine Wut. Er hat mich gehasst, weil ich seine Leute bei ihrem Hinterhalt getötet hab.«
»Hat er sich so ausgedrückt?«
Edeard versuchte sich zu erinnern. Es war nicht so leicht; so lange hatte er sich nun schon alle Mühe gegeben, genau diese Erinnerung zu verbannen. »Freunde. So hat er sie genannt. Er sagte:
Du musst sterben, für das, was du unseren Freunden angetan hast. Und ich dachte noch, er meinte seine Kameraden.«
»Interessant«, sagte Finitan. »Und wie viel Zeit lag zwischen dem Hinterhalt im Wald und dem Überfall auf das Dorf?«
»Nicht ganz ein Jahr.«
»Dann war es also keine hitzköpfige Aktion? Sie haben es geplant.«
Edeard nickte, grub weiter in seiner Erinnerung, egal, wie schmerzhaft es war. »Sie kannten uns. Sie kannten Salrana. Die von der Kirche, das hat er gesagt. Ich nehme an, sie müssen uns beobachtet haben. Ja … Darüber hab ich überhaupt noch nicht nachgedacht.«
»Also waren sie organisiert?«
»Ja.«
»Kaum die Art von Überfall, wie man sie gewöhnlichen Banditen zutrauen würde.«
»Ihre Kleidung«, rief Edeard aus. »Die im Wald waren roh und unzivilisiert, Wilde. Sie waren mit Schlamm eingeschmiert und hatten nicht mal Schuhe. Aber die, die zum Dorf kamen, trugen richtige Kleidung, mit Stiefeln.«
»Und sie hatten die Schnellfeuerpistole«, fügte Finitan hinzu.
»Das sind keine Banditen, hab ich recht?«
»Nein, zumindest nicht von der Sorte, die immer am Rand unserer Gesellschaft gelebt hat«, gab Finitan ihm recht. »Obwohl ich vermute, dass sie Verbündete sind. Aber das hier … Das sind die Sendboten von etwas gänzlich anderem.«
»Von was?«, fragte Edeard.
»Das weiß ich nicht. Aber sie sind ohne Erbarmen.« Finitan nickte Topar knapp zu.
»Wir waren fünf in meiner Reisegruppe«, ergriff Topar das Wort. »Nur zwei von uns haben es zurück nach Makkathran geschafft. Edeard, es tut mir leid, aber die Provinz ist so gut wie verloren. Acht Dörfer wurden überrannt, und das war, als ich kurz vor Neujahr von dort aufgebrochen bin. Die Hauptstadt ist befestigt, aber auch in Sorge. Jeden Tag reisen mehr Familien ab. Bauern verlassen ihr Land und fliehen in die östlichen Provinzen. Keine der Karawanen zieht noch dorthin. Ihre Wirtschaft bricht zusammen. Hilfe aus den benachbarten Provinzen, egal welcher Art, ist nicht mehr zu erwarten, sie sind viel zu beunruhigt wegen der Banditenübergriffe, mit denen sie selbst zu kämpfen haben.«
Edeard ließ den Kopf in seine Hände sinken. »Witham?«, fragte er.
»Ja«, sagte Topar. »Es ist sechs Monate nach Ashwell gefallen. Seitdem haben die Überfälle zugenommen. Es ist jedes Mal das Gleiche: Sie löschen das ganze Dorf aus, niemand bleibt lebend zurück, die Häuser werden niedergebrannt. Die Sinnlosigkeit hinter alldem ist
Weitere Kostenlose Bücher