Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
nicht in Ordnung«, sagte Edeard. Dies war nicht ganz der Kommentar, den er von Dinlay erwartet hätte. Aber abgesehen davon gab es absolut nichts zu bemängeln. »Also, was ist sonst noch passiert.«
»Im Großen und Ganzen war es recht ruhig. Zumindest in der Stadt. Es treffen immer noch Flüchtlinge ein, was jede Menge Palaver mit sich bringt über die Belegung der noch leer stehenden Gebäude. Die Leute gehen wie selbstverständlich davon aus, dass ihre Kinder die verfügbaren Wohnungen bekommen.«
»Wissen wir, wie viel freien Wohnraum wir haben? Ich meine, könnte es sein, dass das zu einem Problem für uns wird?«
»Ich nehme an, die Schreibergilde kennt die genauen Zahlen.«
»Ich bin sicher, dass sie die haben. Die scheinen ja auch sonst immer alles zu wissen.«
»Und überhaupt, das ist doch Finitans Problem, oder nicht?«
»Ja. Du hast recht.« Edeard nahm hinter dem Schreibtisch Platz, den er von Ronark geerbt hatte. Wie das ganze Arbeitszimmer war er dunkel und funktional, wenngleich ein bisschen trist und deprimierend für seinen Geschmack. Er ließ seinen Blick über die hohen, leicht gewölbten Wände mit ihren kleinen, ovalen Fenstern gleiten. Kein Wunder, dass es hier so bedrückend war, die Stadtsubstanz war ein schmutziges Braun mit seltsamen vertikalen zinnoberroten Schlieren, als hätte jemand vor langer Zeit von oben Farbe an ihr verschüttet.
Dinlay brach auf, um einen Trupp auf Streife zu führen, und Edeard machte sich daran, die Wachprotokolle durchzusehen. Doch er konnte sich nicht konzentrieren, das Arbeitszimmer lenkte ihn zu sehr ab. Er griff in die Gedanken der Stadt hinab und schlug ein paar Änderungen vor. Größere Fenster, eine andere Wandfarbe – ein freundlich-helles Himmelblau –, eine Anpassung der Beleuchtungsrosetten, sodass sie weißes Licht verströmten. So ziemlich das Gleiche also, was er an diesem Morgen mit dem zehnten Stock der Culverit-Residenz gemacht hatte. Hier würden die Veränderungen binnen einer Woche abgeschlossen sein, zu Hause würde es wohl länger dauern. Kristabel spielte immer noch mit dem Gedanken, den kompletten Grundriss umzumodeln.
Doch auch nachdem er die Umgestaltung des Arbeitszimmers auf den Weg gebracht hatte, wollte bei ihm kein rechtes Interesse für die Wachberichte aufkommen. Kurzentschlossen streckte er seine Fernblicke nach dem Orchard-Palast aus.
»Ich hab mich schon gefragt, wie lange du wohl noch brauchen würdest«, begrüßte ihn Finitan.
Das ovale Sanktum sah noch genauso aus wie zuvor. Edeard hatte damit gerechnet, dass Finitan ihm umgehend seinen Stempel aufdrücken würde, doch in der Woche nach der Wahl hatte der alte Großmeister erklärt, dass er jetzt Wichtigeres zu tun habe, als sich um irgendwelche Möbel zu kümmern. Also stand der riesige Schreibtisch immer noch in der Mitte des Zimmers und prunkte mit seinem dunklen, auf Spiegelglanz polierten Furnier. Auch der hohe, mit Samt gepolsterte Sessel hinter ihm war ein Relikt aus Owains Zeiten. Aber Edeard erkannte Finitans silberne Tassen wieder, in welche die Ge-Schimpansen ihm immer Tee eingossen.
Und Owain hatte in seinem Amtszimmer auch keine Genistars benutzt.
Finitan hatte das kleine Genistar-Ei-Gestell aus seinem Arbeitszimmer im Blauen Turm mitgebracht. Doch es stand leer auf dem Tisch.
Topar nahm, eine Tasse Tee ablehnend, neben Edeard Platz.
»Schön, schön«, begann Finitan. »Wir haben es also tatsächlich geschafft, ganze zwanzig Tage ohne dich zu überstehen.«
»Ja, Sir«, sagte Edeard.
»Die Stadt ist nicht mehr wirklich ein Problem. Allem Anschein nach haben die Menschen meine Amtsernennung ohne allzu viel Widerstand akzeptiert.«
»Das haben sie mit Sicherheit. Kristabel beschwert sich schon darüber, wie lange die Anfertigung der Möbel, die sie bestellt hat, dauert. Die Handwerker sind im Augenblick restlos überfordert. Und überall in Makkathran ist es das Gleiche. Die Leute geben wieder Geld aus. Sie haben Vertrauen in Euch, Sir.«
»Mein aufrichtiges Bedauern an deine Frau.« Finitan stellte seine Tasse ab und sah Edeard mit unbehaglichem Blick an. »Misslicherweise findet der derzeitige Aufschwung in der Stadt jenseits der Iguru-Ebene keine Entsprechung.«
Edeard nickte knapp. »Ich weiß.«
Topar warf einen starken Zurückgezogenheitsschleier über sie. »Ich habe Späher in die Provinzen entsandt«, sagte er. »Gute Männer: ehemalige Konstabler, Sheriffs, sogar einige Reserveoffiziere der Miliz. Leute, die wissen, wie
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