Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Leibern zu bewegen. Ein einzelner Ton stieg an und fiel ab und mündete in einen wummernden Drumbeat, der den Herzschlag der Gestalten im Saal aufzunehmen schien. Und überall unter der Musik lagen Schreie von Lust und Schmerz, die der Wind mir entgegentrieb.
Um das lebende Kaleidoskop zu begreifen, konzentrierte ich mich zunächst auf einen Bereich. Dort drüben: ein langer Diwan. Drei Frauen in hauchzarten, transparenten Kleidern hatten sich genießerisch darauf ausgestreckt, und zwei Männer – Vampire – kümmerten sich abwechselnd um sie: Einer leckte ihren Hals, der andere zwischen ihren Beinen.
Mein Magen krampfte sich zusammen, als ich erkannte, dass sie an beiden Stellen Blut tranken, und ich riss meinen Blick los und betete, dass sie die Oberschenkelarterie geöffnet und sich nicht dort festgebissen hatten, wo es vermutlich sehr viel mehr weh tat. Aber beide Frauen seufzten, und die eine stieß ein Stöhnen aus, das in mir eine prompte Reaktion hervorrief. Scharf sog ich die Luft ein und griff neben mich, um mich zu stabilisieren, und zu spät bemerkte ich, dass ich statt Rhiannons Geoffreys Arm gepackt hatte. Er lächelte mir wissend zu, tätschelte aber nur meine Hand, bevor er sie von seinem Ärmel entfernte.
Ein weiteres Knäuel Gestalten auf dem Boden – wieder eine Mischung aus Vampiren und Menschen, eine Orgie aus trägen Bewegungen, ineinander verschränkten Gliedern, blitzenden Fangzähnen, tropfendem Blut und in Ekstase zurückgeworfenen Köpfen. Ein Seufzen hier, ein Stöhnen da, und eine Frau blickte plötzlich zu mir auf, das Kinn nassglänzend rot, die Eckzähne ausgefahren und die Augen so schwarz, dass ich in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen drohte.
Sie lächelte, zwinkerte mir zu und winkte mich zu sich. Benommen machte ich einen Schritt auf sie zu, doch Leo hielt mich fest. Mit Mühe riss ich meinen Blick los. Ich hörte sie zischen, doch dann wandte sie sich wieder ihrer Bluthure zu – ein Mann in den Zwanzigern mit einem Waschbrettbauch und dem Gesicht eines griechischen Gottes. Eine andere Frau, diesmal menschlich, leckte ihm die wachsende Erektion.
Bebend wandte ich mich zu Rhiannon um, deren Blick an der Szene vor uns klebte. Sie biss sich auf die Unterlippe, und mit einem Mal kam mir in den Sinn, dass es vielleicht nicht so günstig war, mit jemandem, der sein Feuer – was immer auch mit Sexualität zu tun hatte – so viele Jahre unterdrückt hatte, in einen Vampir-Swingerclub zu gehen. Doch wir konnten jetzt nicht einfach abhauen. Nicht, solange Regina, Lannan und Geoffrey uns flankierten.
Apropos Lannan – erst jetzt wurde mir bewusst, dass er sich über meine Schulter beugte. Sein Mund war gefährlich dicht an meinem Ohr. »Siehst du jemanden, der dir gefällt?«
Ich riss mich zusammen. »Wirklich alles sehr interessant. Hier also machen Sie …«
»Hier also feiern wir das Äquivalent einer Kostüm-Dinerparty.« Er lachte leise. »Manchmal liest man von einem vermeintlichen Blutrausch, aber wie du siehst, sind wir keine Haie, die ihre Opfer in Stücke reißen. Wir ziehen es vor, denen Vergnügen zu spenden, die es uns bereiten.«
»Irgendwie bezweifle ich, dass sich alle Vampire an dieses Credo halten. Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch zum Indigo-Hof gehören?« Ich hatte einen Witz machen wollen, um Lannan von dem Thema Vergnügen abzubringen, aber ich hatte ganz offensichtlich einen Fehler gemacht.
Bevor ich noch einen weiteren Ton von mir geben konnte, hatte Lannan mich am Hals gepackt, und im nächsten Augenblick rammte er mich gegen eine Wand. Sein Körper drückte mich gegen den Stein, und als er sich vorbeugte, blitzten seine Fänge im Licht.
»Deute so etwas nie wieder an, Miss Waters, oder du trägst die Konsequenzen – Schutz von oben oder nicht. Ich werde derjenige sein, der dich zur Rechenschaft zieht, und glaub mir, darauf freue ich mich schon – oh, und wie.« Seine Miene drückte eine Mischung aus Lust und Zorn aus.
Ich rang nach Luft, da ich wusste, dass ich keine Chance hatte, mich aus seinem Griff zu winden. Zumal es seine Gedanken in die falsche Richtung lenken konnte, und bei all dem Sex und dem Blutdurst in diesem Raum war ein Fluchtversuch wahrscheinlich ein ausgesprochen dummer Schachzug.
»Du gehörst jetzt uns«, fügte er hinzu, und seine glänzenden Fangzähne waren nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. »Vergiss das nicht, du hast mit deinem Blut unterschrieben. Bist du so scharf auf meine
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