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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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das Wasser zu trinken“, ergänzte Jessica.
    Rex nickte und legte eine Hand auf einen Stapel Fotokopien. „Wenn du weißt, wonach du in diesen alten Papieren suchst, ist es nicht schwer, zwischen den Zeilen zu lesen. Es lag nicht nur am hiesigen Aberglauben, dass diese Stadt so geworden ist, wie sie ist. Die Gebäudeschlüssel sind so konstruiert, dass sie Darklinge abwehren, Zeitungen berichten, dass seltsame Tiere gesichtet wurden, die nur aus der blauen Zeit stammen können, und dann gibt es haufenweise Clubs und Gesellschaften, die sich der ,Rettung von Bixby‘ verschrieben haben. Der hier gefällt mir am besten.“
    Er nahm ein abgegriffenes Blatt von einem Stapel und reichte es Jessica. Sie las:

    Antiverfinsterungsliga für Frauen
    Ice-Cream Social und Kuchenauktion
    Eintritt 5 Cent
    Im Anschluss findet eine Sitzung der Liga statt (nur für Mitglieder)

    Jessica zog eine Augenbraue hoch. „Was ist ein Ice-Cream Social?“

    Rex grinste. „Das ist eine Methode, das Böse zu bekämpfen.
    Sie haben auch Kuchenverkäufe veranstaltet. Jeder muss Bescheid gewusst haben, was los war.“
    „Es gibt immer welche, die nicht wissen, was los ist“, meinte Jonathan.
    Rex sah ihm zum ersten Mal seit seiner Ankunft direkt ins Gesicht, über seine Brillengläser hinweg, um Jonathans Gesichtsausdruck zu erkennen. Dann zuckte er mit den Schultern. „Stimmt. Für die meisten war es wahrscheinlich bloß eine gesellschaftliche Verpflichtung, wie für viele der Gang zur Kirche. Nur bekamen die Midnighter damals von der Gemeinschaft Unterstützung.“ Er nahm Jessica das Blatt wieder ab und murmelte: „Mehr, als wir jemals bekommen werden.“
    „Aber was hat sich verändert?“, fragte sie. „Ich meine, wie kommt es, dass sie einfach alles vergessen haben?“
    „Das ist eine gute Frage.“ Mit der Hand deutete Rex auf die Bücher in den Regalen, die Papierstapel. „Mit der ich mich auch schon beschäftigt habe. Soweit ich herausgefunden habe, hat sich vor etwa sechzig Jahren alles geändert. Zuerst kam der Boom im Ölgeschäft, der etliche neue Leute angelockt hat, um auf den Ölfeldern zu arbeiten. Leute, die nichts verstanden hätten.“
    „Also behielten die Alteingesessenen Bixbys kleines Darklingproblem für sich“, ergänzte Jonathan.
    „Logisch. Würdet ihr das nicht?“ Rex nahm einen Papierstapel vom Bett. „Die Stadt wuchs in zehn Jahren von ein paar hundert auf zwölftausend Einwohner an. Die Zeit des Aufschwungs. Moment, ich habe die genauen Zahlen hier irgendwo …“
    Jessica und Jonathan warteten schweigend, während er in den Papieren wühlte. Sie versuchte sich eine Stadt vorzustellen, in der ein paar hundert Leute die Wahrheit über die blaue Zeit wussten, während mehrere tausend unwissend blieben.
    Sicher, falls jemand das Geheimnis durchsickern ließ, würden die Neuankömmlinge ihm kaum glauben. Bis auf die wenigen, die um Mitternacht geboren waren und es mit eigenen Augen sehen konnten.
    Und das Geheimnis mit ein paar hundert Leuten zu teilen, wäre um einiges einfacher als Geheimhaltung unter fünfen …
    Der Kater bahnte sich einen Weg ins Zimmer, rieb sich an Jessicas Knöcheln und schlich zwischen den Papierstapeln hindurch, um unter Rex’ Bett zu verschwinden. Sie fragte sich, wo die Spinnen des alten Mannes hingekommen waren, und ihre nackten Beine begannen zu kribbeln.
    Rex zuckte schließlich mit den Schultern, während er die Seiten oben auf einem Stapel ablegte. „Mehr kriege ich nicht raus, aber ungefähr so ist es gewesen. Oberflächlich betrachtet.“
    Jessicas Beine juckten immer noch, als sie fragte: „Und was war unter der Oberfläche?“
    Er nahm seine Brille ab und sah zu ihr hoch. „Die Midnighter sind verschwunden.“
    „Verschwunden?“
    Er nickte. „Nach 1956 gibt es keine Lehre. Nirgendwo habe ich irgendwelche Aufzeichnungen gefunden. Und als Melissa und ich klein waren, gab es keine Midnighter, die älter waren als wir, niemanden, der uns sagen konnte, was los war. Sie musste mich allein finden, damals, als wir acht Jahre alt waren. Bis zu dieser Nacht dachte ich, ich wäre der einzige.“
    Er seufzte und ließ eine Hand fast bis zum Boden sinken.
    Der Kater tauchte auf, um daran zu schnüffeln, dann ließ er sich kraulen.

    „In den alten Zeiten war das anders. Es gab immer mindestens einen Gedankenleser, jemanden, der die neuen Midnighter finden konnte. Wenn sie alt genug waren, um die blaue Zeit zu verstehen, gab es Einführungsriten, Lehrer. Man wusste, dass

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