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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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Nachrichten übermitteln. Sie waren diejenigen, die Neuigkeiten weitergaben, die alle zusammenhielten.“
    „Echt?“ Jonathan wusste, dass es früher in Bixbys Geschichte Gedankenleser gegeben hatte, aber die hatte er sich nie normal vorgestellt. „Und weshalb ist Melissa dann so durchgeknallt?“
    „Rex weiß es nicht. Vielleicht ist sie einfach so. Er hat aber immer in Erfahrung zu bringen versucht, ob sie lernen kann, besser damit umzugehen. Vielleicht haben sie gestern Nacht irgendein Verbindungsexperiment gemacht oder so. Und jetzt versuchen sie es festzuklopfen.“
    Jonathan sah auf seine linke Hand. Es kam ihm immer so vor, als ob Melissas brennende Berührung eine Narbe hinterlassen haben müsste. An seiner Handfläche war aber außer einer dünnen Schweißschicht nichts zu sehen.
    Er schluckte noch einmal, sein Hals tat immer noch weh.
    Sie verließen den zentralen Highway an der Abfahrt nach Las Colonias. Melissas Anweisungen erwiesen sich letzten Endes doch als brauchbar. Die Badlands lagen jetzt vor ihnen, ein einziger, von der Sonne ausgebleichter Fleck, der sich bis zum Horizont erstreckte.
    Jonathan dachte an die beiden auf der Veranda, den total fröhlichen Rex mit der völlig entspannten Melissa – so hatte er sie in der normalen Zeit noch nie erlebt. Aber dann spürte er wieder die Erinnerung an Melissas Berührung und er schüttelte den Kopf. „Ich kann nur hoffen, dass sie wissen, was sie tun.“ Dess lachte. „Hast du das noch nicht gemerkt, Flyboy?
    Wir wissen alle nicht, was wir tun.“

    Am Torbogen vor dem Eingang zu Las Colonias hielt ein Wagen eines privaten Sicherheitsdienstes Wache. Zwei Mietbullen lehnten lässig an der Motorhaube, tranken Kaffee und wurden in der Sonne röter. Der eine hob die Hand, seine Augen schweiften mit unverkennbarer Missbilligung über das alte Auto. Jonathan kurbelte das Fenster herunter, die Gegenwart der Autoritätsperson floss ihm wie Säure in den Magen.
    „Was habt ihr hier zu suchen?“
    „Nur ein bisschen spazieren fahren, Officer.“ Mietbullen mochten es, wenn man sie Officer nannte.
    „Wollt euch das Spukhaus angucken, was? Tja, bedaure, aber heute ist nur für Anwohner. Ihr solltet also einfach euren Wagen wenden und dahin zurückfahren, wo ihr hergekommen seid.“
    Jonathan fielen ein paar Dinge ein, die er gern gesagt hätte, aber dann beschloss er, lieber die Klappe zu halten. Die beiden könnten sonst darauf kommen, dass heute ein Schultag war.
    Er tippte sich also an den imaginären Cowboyhut und wendete den Wagen.
    „Sehr geschickt, Jonathan“, schaltete sich Dess ein. „,Nur ein bisschen spazieren fahren, Officer.‘“

    „Was hättest du denn gesagt? ,Wollten nur überprüfen, ob hier was Übersinnliches abgeht‘?“
    Dess kicherte und bedachte ihn mit jenem Blick, den sie für brave kleine Jungs reserviert hatte. „Wie wär’s mit: ,Wollte meinem Daddy bloß meine neue Freundin vorstellen? Wir wollen heiraten.‘“
    Jonathan lachte. „Beim nächsten Mal überlasse ich dir das Reden.“
    „Und was jetzt?“
    „Jetzt sehen wir uns nach der Hintertür um.“ Jonathan bog in die staubige Straße für Lieferwagen ein, die an der Siedlung entlangführte, und behielt die drei Meter hohe Umzäunung im Blick. Sein Akrobatengehirn arbeitete auch in der normalen Zeit weiter. Er sah die Absätze – wo man den Fuß aufsetzen konnte, um sich hochzustemmen, dann etwas zum Festhalten, wieder etwas in Reichweite vom ersten Griff …
    Schließlich entdeckte er eine Stelle. Ein Termitenhaufen erhob sich dicht am Zaun, der dadurch um einiges niedriger wurde. Jonathan fuhr langsamer.
    „Da können wir nicht hochklettern“, sagte Dess.
    „Ich schon. Zeig mir einfach, wie das Ding funktioniert.“
    Dess machte große Augen und wehrte ab.
    Er seufzte. „Willst du jetzt deine Zahlen oder nicht?“
    Ihr Gesicht zuckte kurz, doch schließlich seufzte sie und sagte: „Okay. Aber wenn du’s verlierst, kaputt machst oder geschnappt wirst und es dir abnehmen lässt, bist du tot.“
    Jonathan verdrehte die Augen und hörte zu, als sie erklärte, wie man die Koordinaten erfasste. Als er sich vom Wagen entfernte, murmelte er vor sich hin: „Gern geschehen.“

    Auf der anderen Seite ließ sich Jonathan am Rand eines noch nicht fertig bebauten Grundstücks zu Boden fallen, dann hielt er inne, um die Termiten von seinen Schuhen abzuschütteln und den Schmerz von seinem noch immer vertretenen Knöchel. Baumaterial lag auf der trockenen, nackten

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