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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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rollte, Kies und Staubwolken mit den Reifen aufwirbelnd.
    Jonathan suchte fieberhaft nach etwas zum Abspringen –
    einem Steinhaufen, einem Baumstumpf, irgendetwas. Aber so weit er sehen konnte, erstreckte sich vor ihm nur rote Erde.
    Dann fiel sein Blick auf einen alten Reifen, der in der Sonne lag, mit verdreckten Muttern und rissigem Gummi. Er rannte hin, stellte ihn auf und rollte ihn mit kräftigen Tritten vor sich her. Moskitozuchtbrühe spritzte aus seinem Inneren auf, während er dahinhoppelte. Jonathan lehnte ihn aufrecht an den Zaun, setzte einen Fuß darauf und stemmte sich hoch.
    Der Reifen sackte unter seinem Sprung zusammen, aber seine Hände bekamen die oberen Enden des Zauns zu fassen.
    Das Auto schien direkt unter ihm Staub aufzuwirbeln. Jonathan zog sich hoch und über den Zaun auf die andere Seite, wo er mit jedem Gramm seines Normalschwerkraftgewichts auf seinem bösen Knöchel landete.
    „Endlich“, sagte Dess, als er angehumpelt kam. „Mir ist langsam langweilig geworden.“
    Jonathan ließ den Motor an und warf einen Blick auf die Sicherheitsbeamten. Sie waren auf der anderen Seite des Zauns zum Stehen gekommen, wo ihr Wagen sofort von einer Staubwolke verschluckt worden war. Einer testete den Reifen mit seinem Fuß, der unter seinem Gewicht fast platt in sich zusammensackte.
    Jonathan holte tief Luft. Kein Grund zur Eile.
    „He, das sind wieder diese beiden Plattköpfe von vorhin“, sagte Dess. „Haben sie dich verfolgt?“
    „Genau.“
    „Cool. Eigentlich bist du in der normalen Zeit doch kein totaler Loser.“
    „Stimmt.“ Sein Herz raste, sein Hals fühlte sich von dem geschluckten Staub wie Schmirgelpapier an, und sein Knöchel pochte. In der blauen Zeit machte ihm so ein bisschen rennen nie etwas aus. Er zog den GPS-Empfänger aus seinem Gürtel.
    „Hoffentlich tut’s das Teil noch.“
    „Würde ich ihm raten“, sagte sie und schaltete ein. Sie starrte die Zahlen an, die auf dem kleinen Display gespeichert waren. Kurze Zeit später breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Mann, das ist so genial!“
    Jonathan merkte, wie er selbst anfing zu strahlen. War vielleicht gar nicht so schlecht, wenn das Herz raste. Nicht so gut wie beim Fliegen natürlich. „Das war direkt unter dem Balkon, wie du verlangt hast.“
    „Ich sehe es …“ Sie riss die Augen auf, wie ein kleines Mädchen beim Anblick ihres ersten Schmetterlings. „Ich hab das Muster jetzt. Das ist so abgefahren.“
    Sie drehte sich zur Seite, streckte sich zu ihm hinüber und küsste ihn auf die rechte Wange, fest und nass.
    Jonathan lachte, dann sah er wieder zu den Bullen. Sie stiegen langsam wieder in ihren Wagen. Bis zum Tor und dann wieder zu ihnen war ein weiter Weg. Es machte ihm Spaß, einfach hier zu sitzen und sie zu ignorieren.
    Dann fiel Jonathan der Brief in seiner Tasche ein. Er zog ihn heraus, und das Lächeln auf seinem Gesicht gefror.
    Das waren keine guten Nachrichten. Überhaupt nicht.
    „Wenn du das abgefahren findest, dann sieh mal hier.“ Er schob ihn Dess hin.
    Sie hob ihn vor ihre Augen, während er den Wagen wieder auf die Straße lenkte und schnell in Richtung Highway fuhr.
    Sie mussten zur Schule zurück.
    „Was zum Teufel …?“, murmelte sie.
    „Der war im Briefkasten von Darkling Manor. So muss der Besitzer heißen, besten Dank an die Elektrizitätswerke von Oklahoma.“
    „Oh Mann, Jonathan“, rief Dess aus. „Bei dem Namen müssen sie verwandt sein.“ Sie schüttelte bedächtig ihren Kopf. „Jessica wird das nicht gefallen.“

    „Nein. Und mir auch nicht.“
    Er trat aufs Gaspedal und fuhr schnell zur Schule zurück.

geduld
    2.58 Uhr nachmittags
12
    Sie waren nicht zurückgekommen.
    Jessicas Blick schweifte über den Parkplatz, wo sie im Strom der von der Highschool flüchtenden Meute nach Jonathans Wagen Ausschau hielt. Alle steckten voller Energie nach dem letzten Läuten, sprangen auf Motorhauben, spielten auf dem Parkplatz Fangen und rissen sich um Mitfahrgelegenheiten nach Hause. An der Straße warteten in einer Reihe die Schulbusse und bliesen grauen Dunst aus, während sich ihre Fenster mit ungeduldigen Gesichtern füllten.
    Aber Jonathan oder Dess konnte sie nirgends entdecken.
    „Hallo, Jess. Was liegt an?“
    Neben ihr tauchte Constanza Grayfoot auf.
    „Ach, ich halte bloß nach jemandem Ausschau.“
    Constanza lächelte. „Nach Mister Großartig?“
    „Stimmt.“ Sie suchte weiter den Parkplatz ab. „Er hat die Schule früher

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