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Das Dunkle

Das Dunkle

Titel: Das Dunkle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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ging um das Auto herum.
    Jessica lächelte und öffnete die Beifahrertür. Zum ersten Mal, seit heute Morgen der Physiktest auf ihrem Pult gelandet war, entspannte sie sich ein bisschen. Die erste glückliche Fügung an diesem Tag war ihre Begegnung mit Constanza.
    Mindestens zwanzig Minuten lang würde sie sich nichts über Darklinge oder Gleiter, altertümliche Blutfehden, verlorene Lehre oder Ice-Cream Socials anhören müssen.

    Constanza war eingestiegen und fummelte am Radio herum.
    „Dein Knabe hat also Berührungsprobleme bei Tag. Hat er vielleicht was für Vampire übrig?“
    „So ungefähr.“
    „Weit verbreitetes Syndrom. Und was man da tut, ist ziemlich simpel.“ Constanza ließ den Motor an, legte beide Hände ans Lenkrad und sah sie an.
    „Was denn?“
    „Hab Geduld.“
    „Geduld?“ Jessica machte große Augen. Dass Constanza ihr riet, geduldig zu sein, hatte sie nicht erwartet.
    „Genau. Lass deinen Ärger in dir drin reifen, wie guten Wein. Wenn Jonathan dann etwas tut, was dir voll auf die Nerven geht, dann gibst du es ihm aus vollen Fässern.“
    Jessica blinzelte. „Äh, ich hab den Faden verloren. Redest du von Weinfässern?“
    „Pass auf, Jessica. Wir reden von Wutfässern.“ Constanza seufzte und schlug auf das Lenkrad. „Das Problem mit Jungs ist, du kannst es ihnen nicht jedes Mal sagen, wenn dich was nervt. Wenn du ihn ständig anmachst, sobald er nicht deine Hand hält, dann stehst du schwach, zimperlich und verzweifelt da. Deshalb musst du ihm seine ganzen Fehler auf einmal an den Kopf schmeißen. Was bedeutet …“ Sie legte den Gang ein. „Warte, bis er etwas tut, von dem er weiß , dass es falsch ist, und behalte deinen kompletten Beschwerdekatalog im Kopf. Geduldig sein, aber allzeit bereit – das ist mein Motto.“
    Jessica schüttelte ihren Kopf, als sie rückwärts aus der Parklücke ausscherten. „Wahrscheinlich hast du recht. Wenn du sagst, ich soll ihm nicht auf die Nerven gehen. Der flippt aus, wenn ich mich an ihn klebe. Ich werde einfach mit ihm reden müssen.“
    „Warte aber, bis du was in der Hand hast. Geduld ist eine Tugend.“
    „Äh, ja, vermutlich schon.“ Obwohl Jessica aus Erfahrung wusste, dass Geduld auch etwas mit Feigheit zu tun haben konnte.
    Als sie an der Ausfahrt vom Parkplatz angekommen waren, scherte ein Auto vor ihnen von der Straße ein und bremste mit quietschenden Reifen direkt vor ihnen. Constanza machte eine Vollbremsung, und die beiden Autos kamen mit wenigen Zentimetern Abstand voneinander zum Stehen.
    Es waren Jonathan und Dess, die ziemlich gehetzt aussahen.
    Sein Wagen war verdreckt, als ob er über freies Gelände gefahren wäre, und Jonathan blickte wild um sich.
    Er erkannte Constanzas Wagen, dann blinzelte er Jessica durch die beiden Windschutzscheiben an.
    „Au Mann. Wo wir gerade bei Geduld waren …“, sagte Constanza.
    Jessica schluckte. Etwas Schlimmes war passiert. „Ich glaube, ich geh besser. Er sieht ziemlich aufgewühlt aus. Die Sache, die er da zu erledigen hatte … vielleicht lief das nicht so gut.“
    „Klar, Jess.“
    Jessica öffnete ihre Tür. „Tut mir wirklich leid, Constanza.
    Ich würde schrecklich gern ein anderes Mal mit dir nach Hause fahren.“
    „Kein Problem. Wir sehen uns morgen. Über diese Sache will ich mehr hören.“
    „Ja … sicher.“ Falls ich dir überhaupt irgendwas sagen kann.
    Jessica fragte sich, was sie erwartete. So wie Jonathan und Dess aussahen, war die letzte Nacht schlimm gewesen.

    Constanza lachte. „Also, Jonathan mag noch so eine Nervensäge sein, aber der Typ weiß, wie man einen Auftritt in Szene setzt.“

plagegeist
    11.45 Uhr nachts
13
    Jessica hob das Rollo an einer Ecke an, um hinauszuspähen, wobei sie sich fragte, ob man die Bewegung aus dem Gebüsch auf der anderen Straßenseite erkennen könnte. Sie hatte die Lichter in ihrem Zimmer natürlich gelöscht, außerdem hatte sie die blinkenden Augen ihres Weckers und des Computers mit einem T-Shirt zugehängt. Die einzige Beleuchtung in ihrem Zimmer kroch durch den Schlitz unter ihrer Zimmertür: der sanfte Schimmer der Nachtbeleuchtung im Flur.
    Sie konnte draußen nichts entdecken – jedenfalls nichts Menschliches. Nur verschlungene Zweige, abgefallene Blätter und ein paar Lichtpfützen, die sich unter Eingangslampen sammelten.
    Irgendwo da draußen versuchte Melissa, zwischen den wenigen wachen Seelen umherwandernd, einen Stalkergedanken zu entdecken. Falls sie und Rex sich heute Nacht tatsächlich in

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