Das Dunkle
Niederlage. Melissa kümmerte sich nie um Football, aber wenn sie hier saß, wusste sie, dass die Bixby Tigers Loser waren, und zwar schon lange.
Sinnlosigkeit und der schale Geschmack von Anfeuerungsrufen für ein Team, das keine Chance zu nutzen wusste, erfüllten ihren Geist.
Aus den Verstecken unter den Sitzreihen quoll außerdem der Geruch nach heimlichen Freuden auf, zusammen mit der Furcht vor Entdeckung. Wenn sie ihre Sonnenbrille anhob, um durch die Tribünen hindurchzuspähen, sah sie die Zigarettenkippen auf den Lattenschatten. Melissa konnte Verstecke immer spüren – die schmalen Gänge zwischen provisorischen Klassenzimmern, die Hausmeisterschränke und Kellertüren, die Schulschwänzer magisch anzogen. Sie schmeckten alle gleich: nach süßlicher zeitweiliger Freiheit, gewürzt mit nervösen Blicken über die Schulter.
Sie fragte sich, wo Rex blieb. Die Bixby High war weitgehend verlassen, sie schmeckte nur noch Übungsstunden einer Band, eine Theaterprobe und das Footballteam, das vor ihr auf dem Platz hirnlose Gymnastikübungen vollführte. Melissa schloss ihre Augen und atmete tief ein, um den Frieden der Entvölkerung nach der Schule zu genießen.
Plötzlich tauchte ein Bild vor ihrem geistigen Auge auf, ein Überbleibsel von den spärlichen Minuten, in denen sie mit der Frau in Darkling Manor verbunden war. Angie – so hieß sie –
voller Vertrauen und im Einvernehmen mit ihrem Partner.
Melissa hatte Angie nur Gedankenfragmente entlockt, bis das Halbwesen sie vertrieben hatte. Aber während sie auf Rex wartete, beschworen die langen Bänke der Tribünen ein flüchtiges Bild. Es schwebte jetzt vor ihren Augen: Die Baustelle in der Wüste, eine Straße, die sich in den Salzebenen erstreckte, bis sie plötzlich einfach … endete.
Sie war riesig. Und sie hatte etwas mit dem Halbling zu tun.
Angie hatte die albtraumähnliche Kreatur nie gesehen, natürlich nicht. Das Wesen tauchte zu Zeiten auf, in denen sie starr war. Sie hatte aber über die Lehrensymbole mit dem Halbling kommuniziert und wusste, dass es mit der Baustelle in der Wüste zu tun hatte … mit der Straße nach Nirgendwo.
„Hallo!“ Rex’ Stimme erschallte unter ihr und zerstreute das halbfertige Bild in ihrem Kopf.
Die Tribüne wackelte, als er hinaufstieg, mit den Händen in den Taschen, um seinen langen Mantel zwischen den Bänken hindurchzufädeln. Er ließ sich neben ihr auf die Bank fallen und kickte mit seinen schwarzen Stiefeln in die Luft. Die Sonne blitzte auf den Kettengliedern an seinem Knöchel.
„Hi, Cowgirl.“
„Hi, Loverboy.“ Rex lächelte über den neuen Spitznamen, genau wie beim Berühren, wenn die Sache klappte.
Ein Football hüpfte auf der untersten Reihe der Tribüne entlang, bis er einige Meter weiter zum Liegen kam. Die Aufwärmübungen waren fertig. Gemeinsam beobachteten sie, wie ein Spieler im Tigertrikot den Ball holte und kurz innehielt, um ihnen einen misstrauischen Blick zuzuwerfen.
„Freaks!“, rief er, dann drehte er sich um und rannte zu den anderen Jungs in den goldenen Lycrastrumpfhosen mit den lila Helmen zurück.
„So ein Football ist ziemlich behindert“, sagte Melissa. „Der ist noch nicht einmal rund.“
Rex zuckte mit den Schultern. „Für unser Team ist das ein Vorteil. Macht das Spiel insgesamt zufälliger.“
„Warum werfen sie nicht einfach eine Münze?“
Er sah sie an. „Tun sie doch. Am Anfang.“
„Aha.“ Melissa seufzte. Nicht einmal Rex hatte eine Ahnung, wie wenig sie über sinnloses Zeug wie Sport wusste.
Melissa musste aber zugeben, dass sie die Welt in letzter Zeit etwas klarer sah. Die Bixby Highschool war nicht mehr so überwältigend wie sonst. Der heutige Tag war eigentlich ganz anständig gewesen, bis Mr Rogers pissig geworden war. Nachdem die Schule jetzt weitgehend leer war, hatte sich Melissa sogar von dieser Unannehmlichkeit erholt. Seltsamerweise hatte es was, den über das Footballfeld stolpernden Idioten zuzusehen, die wie ein Entenschwarm hinter dem umherwandernden Ball herwackelten und dabei sogar die entsprechenden Geräusche von sich gaben.
Sie lächelte. Die Berührung mit Rex, bei der ihr Geist sich seinem geöffnet hatte, hatte sie verändert. Der Druck in ihrem Kopf hatte nachgelassen. Das war wie bei einer abgeklemmten Ölquelle, wenn man ein paar tausend Barrel abließ. Sie ertappte sich bei dem Wunsch, damit schon vor langer Zeit angefangen zu haben.
„Welche ist es denn?“, fragte sie.
Rex drehte sich zu der
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