Das Echo aller Furcht
wirkenden Russen zu erkundigen. Die Szene war überaus unterhaltsam gewesen und hatte den Präsidenten in einem Augenblick, in dem er Entspannung brauchte, abgelenkt.
Endlich – mit nur fünf Minuten Verspätung, wie Fowler verwundert feststellte – erhoben sich wie bei einer Hochzeitsgesellschaft auf Befehl einer nervösen Schwiegermutter in spe die Staatsoberhäupter von ihren Plätzen und wurden in einer Reihe aufgestellt. Man schüttelte sich pro forma die Hände und riß Witze, die wegen der Abwesenheit der Dolmetscher niemand komisch fand. Der König von Saudi-Arabien schien über die Verzögerung ungehalten zu sein. Kein Wunder, dachte Fowler, dem Mann gehen bestimmt andere Dinge im Kopf herum. Radikale hatten bereits Todesdrohungen gegen ihn ausgestoßen. Dennoch sah man ihm keine Furcht an. Er mochte humorlos sein, zeigte aber Haltung und Mut – und Stil, wie sich Fowler eingestand -, so wie es seinem Titel angemessen war. Es war der König gewesen, der sich nach einem zweistündigen Gespräch mit Ryan als erster zu Verhandlungen bereiterklärt hatte. Eigentlich schade. Ryan war für Alden eingesprungen, hatte dessen Auftrag aus dem Stegreif ausgeführt, und zwar so, als hätte er die Zeit gehabt, sich gründlich darauf vorzubereiten. Der Präsident zog die Stirn kraus. Er hatte die Hektik der einleitenden Manöver vergessen. Scott Adler war nach Moskau, Rom und Jerusalem gereist, Jack Ryan nach Rom und Riad. Beide hatten erstklassige Arbeit geleistet, die wohl nie besonders gewürdigt werden würde. So sind die Regeln der Geschichte, schloß Fowler. Wenn sie die Lorbeeren einheimsen wollten, hätten sie sich um sein Amt bewerben sollen.
Zwei Männer der Schweizergarde in Livree öffneten die gewaltigen Bronzetüren, und die füllige Gestalt Giovanni Kardinal D’Antonios wurde sichtbar. Die grellen Scheinwerfer der TV-Teams umgaben ihn mit einem künstlichen Heiligenschein, der den Präsidenten der Vereinigten Staaten beinahe zum Lachen gebracht hätte. Die Prozession in den Nebensaal begann.
Wer dieses Ding entworfen hat, dachte Ghosn, hatte die Einwirkung brutaler Kräfte berücksich6gt. Komisch, israelisches Gerät war immer leicht konstruiert – nein, das war der falsche Ausdruck. Die Israelis waren geschickte, effiziente, elegante Ingenieure. Was sie bauten, war so stark wie nötig, nie mehr, nie weniger. Selbst ihr improvisiertes Gerät zeugte von Weitblick und war peinlich genau in der Ausführung. Bei diesem Objekt aber wirkten alle Teile extrem überdimensioniert. Zudem schien es hastig entworfen und zusammengebaut worden zu sein, wirkte fast primitiv. Dafür war er dankbar, denn es ließ sich leichter zerlegen. Niemand hatte an eine Selbstzerstörungsvorrichtung gedacht, die erst identifiziert und entschärft werden mußte – auf diesem Gebiet waren die Zionisten teuflisch clever! Von einem solchen Subsystem wäre Ghosn vor einigen Monaten fast zerrissen worden. Die Befestigungsbolzen des Zylinders waren zwar verklemmt, aber nicht verbogen; er brauchte also nur einen ausreichend langen Schraubenschlüssel. Er besprühte sie nacheinander mit Rostlöser, machte eine Pause von fünfzehn Minuten, in der er zwei Zigaretten rauchte, und setzte dann sein Werkzeug an. Der erste Bolzen war bei den ersten Umdrehungen schwergängig, ließ sich aber bald herausdrehen. Noch fünf zu lösen.
Es sah ganz so aus, als würde der Nachmittag sich hinziehen. Zuerst wurden Reden gehalten. Als Gastgeber ergriff der Papst als erster das Wort und war im Ton überraschend gedämpft. Er bezog sich ohne große Worte auf die Bibel und wies erneut auf die Gemeinsamkeiten der drei vertretenen Religionen hin. Die Staatsoberhäupter und religiösen Führer bekamen über Kopfhörer eine Simultanübersetzung, was im Grunde überflüssig war, da ihnen die Texte aller Ansprachen vorlagen. Rundum war man bemüht, nicht zu gähnen. Aber Reden sind nun mal Reden, und Politikern fällt das Zuhören ganz besonders schwer, selbst wenn ein Staatsoberhaupt spricht. Die größte Ungeduld verspürte Fowler, der als letzter reden sollte. Er warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr, verzog keine Miene und schickte sich in öde neunzig Minuten.
Nach vierzig Minuten waren alle großen Bolzen aus rostfreiem Stahl gelöst. Das Ding war auf Dauer gebaut, erkannte Ghosn, und das war für ihn nur günstig. Nun mußte der Zylinder herausgeholt werden. Er prüfte ihn noch einmal sorgfältig auf etwaige Vorrichtungen gegen
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